Kapitel 62.

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„Du hast also vor allem Angst vor Spinnen und der Höhe.
Deine überragendste, stärkste Angst ist es aber noch immer, allein zu sein, nicht wahr?"

Noctana antworte nicht.

Die Spielleiterin lächelte zufrieden, bevor sie weitersprach: „Heute würde ich gerne etwas anderes ausprobieren. Was hältst du von Feuer, Noctana?"

Noctana schnappte erschrocken nach Luft, verschluckte sich prompt an ihrer eigenen Spucke und fing an zu Husten.

Nolan sah die Spielleiterin geschockt an: „Feuer?!"

„Wieso nicht? Ich halte es für eine gute Art der Abhärtung. Feuer ist so einfach zu beschaffen – und es hatte bisher immer eine ausgezeichnete, fast durchschlagende Wirkung."

„Was meinen sie damit? Niemand musste bisher irgendwelches Feuer aushalten?", meinte Nolan panisch.

„Bist du dir da so sicher?
Ihr wart schon in Brunnen, einige wurden lebendig begraben, wenn ich mich richtig erinnere. Heute war mir mal nach etwas feurigem."

„Das ist verrückt.", schrie Nolan.

„Nun mach doch nicht ein solches Theater, Nolan. Du hast schließlich die Ehre das Feuer zu entzünden.", verkündete die Spielleiterin.

Nolans Gesichtszüge entgleisten.

Noctana sah ihn angstvoll an.
Würde er sie wirklich anzünden oder was auch immer die Spielleiterin genau vorhatte.

„Ursprünglich wollte ich Ophelia diese Rolle zuteilen. Aber vielleicht hätte sie dabei sogar Spaß, deshalb dachte ich mir: Stattdessen bekommst du diese Ehre zugewiesen.", erzählte die Spielleiterin. „Noctana, folge mir. Nolan, du ebenfalls. Wenn ihr auch nur ein einziges Wort auf dem Weg sprecht, wird das ganze nur noch stärkere Konsequenzen haben. Also, bitte keine Gespräche. Ich tue das für euer eigenes Wohl."

Also liefen Noctana und Nolan los, hinter der Spielleiterin her.

Es war, als wären sie alle aneinander gefesselt und das ganz ohne wirkliche Fesseln.

Sie gingen nicht besonders weit, aber sie bogen oft ab, wodurch die zurückgelegte Strecke deutlich länger zu sein schien. 

Dann kamen sie zu der Tür.
Ihre Rahmen bestanden aus glattem Metall.

„Das hier ist eine Brandschutztür.", sagte die Spielleiterin und deutete auf die Tür. „Nolan, öffne sie."

Nolan warf einen Blick zu Noctana, dann zog er langsam die Tür auf. Sie quietschte und schrammte laut über den dreckigen Boden.

„Tretet doch ein.", meinte die Spielleiterin dann. 

Noctana spürte ihre eiskalte Hand auf dem Rücken, als die Spielleiterin sie in den Raum schob und Nolan hinter ihnen die Tür schloss.

Sie standen in einer Art Gang.

Die Wände waren schwarz, Noctana streifte versehentlich die linke der beiden Wände.

Ein schwarzer Streifen zog sich über einen Teil ihres hellgrauen Pullovers, sie versuchte verwirrt den Staub abzuklopfen.

„Willkommen im Raum der Flammen. Klingt der Name nicht episch, meine Lieben?", fragte die Spielleiterin zufrieden. „Noctana, es ist ganz einfach. Du wirst an das Ende des Raumes gehen und dich mit dem Gesicht zur Wand stellen. Nolan wird das Feuer eröffnen.

Wenn du hörst, wie die Tür zuschlägt darfst du dich umdrehen und den Raum verlassen. Es ist ziemlich einfach. Hast du Fragen?"

Tausende, dachte Noctana panisch: „Wo wird das Feuer sein?"

„Überall.", antwortete die Spielleiterin. „Darum geht es doch hier."

„Was, wenn ich nicht rauskomme?! Ich meine, wie soll ich rauskommen, wenn überall Feuer-"

„Wir wollen dir doch nicht die Überraschung nehmen, Noctana. Sonst macht es schließlich keinen Spaß mehr!"


Werwolf - das BlinzelmädchenWhere stories live. Discover now