Kapitel 16.

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Die Person hatte ein Messer in der Hand. 

Ein großes Messer aus silbernem Metall.
Zum zweiten Mal in dieser Nacht unterdrückte Noctana einen Schrei: Die Person betrat das Zimmer, in dem Lena am vorherigen Abend verschwunden war.

Stille.

Noctana hörte ihren Herzschlag, ihren Atem.

Und dann ertönte das, worauf sie gewartet hatte: Ein Schmerzensschrei.
Hoch, gellend, voller Angst – sie erkannte Lenas Stimme.

Am ganzen Körper zitternd sank Noctana zu Boden, presste ihre Hände auf die Ohren, biss sich auf die Lippe, zwang sich dazu, leise zu sein.

Dann, ganz abrupt, endete der Schrei.

Das hieß, es war vorbei, oder?

Noctana legte ihre Hand auf die Türklinke, spähte in den Flur. Die Gestalt mit dem Messer, das jetzt an der Klingenspitze mit etwas dunklem verschmiert war, kam zurück aus dem Zimmer und riss sich ruckartig die Kapuze vom Kopf.

Auf den Wangen des Mörders glitzerten Tränen, Carters Beine gaben unter ihm nach. Er hatte vor nur wenigen Sekunden seine beste Freundin ermordet.

Noctana beobachtete schockiert, wie Carter das Messer hob, es voller Abscheu betrachtete und es sich dann bis zum Griff in den Bauch rammte.

Dieses Mal schrie Noctana.
Sie schrie, als sie sah, wie Carters Kopf mit einem dumpfen Knall auf dem Boden aufkam, wie sein Körper erschlaffte.

Dann erst wurde ihr klar, dass es sehr, sehr dumm war zu Schreien und sie hielt sich die Hand vor den Mund. Ihr Gesicht war nass, benetzt von einer Mischung aus Schweiß und Tränen, gleichzeitig war ihre Haut von Gänsehaut übersät.

Wieder vergingen über zehn Minuten, Noctana saß zusammengekauert vor der nur spaltbreit geöffneten Tür, sie wünschte sich so sehr, in ihr altes Waisenhaus zurück zu kehren, als sich wieder eine Tür öffnet.

Wer oder was kam jetzt?!

Wieder ein Mörder, der sich anschließend selbst umbrachte?!

Ein Brandstifter?!

Doch Noctana sah niemanden, die Tür musste im Flur der Jungs geöffnet worden sein. Sie atmete tief durch und schlüpfte dann wieder auf den Flur.

Der Junge trug keine Kapuze, Noctana erkannte sein Gesicht: Es war Nolan. Er schien keine Waffe zu tragen, sein Gesicht war nicht voller Reue wie das von Carter.
Er begann zu laufen, erreichte den Mädchenflur, Noctana versteckte sich wieder hinter dem Geländer, aber Nolan beachtete sie gar nicht. Sein Blick war starr nach vorne gerichtet.

Vor der Tür, aus der Ophelia vor einer Weile geschlichen war, blieb er stehen.
Nolan hob die Arme.

Noctana konnte nicht genau erkennen was er tat, aber auf einmal strahlte die Zimmertür weiß und erlosch dann wieder. Als hätte sie für eine Sekunde gebrannt, angezündet mit weißem Feuer.

Nolan schien genauso verblüfft zu sein wie sie, er starrte fasziniert auf seine Hände und lief nur langsam zurück zu sein Zimmer.

Noctana hörte, wie sich die Zimmertür schloss, unten schlug die Standuhr. Es war halb zwei. Wieder überfiel sie die Müdigkeit, sie gähnte leise und wollte sich auf den Weg zurück in ihr Zimmer machen.

Aber das konnte sie nicht.

Denn plötzlich öffneten sich mehrere Türen gleichzeitig, und das sowohl im Flur der Mädchen, als auch in dem der Jungen.

Es war endlich Zeit für die Werwölfe, ihrer Rolle gerecht zu werden.

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Zwei Tote. 

Wie viele glaubt ihr kommen noch dazu?

Würdet ihr gerne heute noch einen weiteren Teil bekommen oder lieber wannanders?


Werwolf - das BlinzelmädchenWhere stories live. Discover now