Kapitel I

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Widmung

Dieses Buch widme ich meiner Schwester.

Danke, dass du diese Geschichte mit mir zusammen zum Leben erweckt hast!

Puffendui

- Die schönste List des Teufels ist es, uns zu überzeugen, daß es ihn nicht gibt.-

Charles Baudelaire

Ich nahm mein Weinglas vom Tresen und wandte mich wieder von der Bar ab. Der Wein passte perfekt zu meinem roten Kleid, welches sich eng an meinen Körper schmiegte.

Ich ließ meinen Blick durch den Raum gleiten. Die Männer trugen teure Anzüge und die Frauen waren in elegante Kleider gehüllt.

Ich bemerkte nicht, wie mein Bruder Ivan sich neben mich gestellt hatte und einen white russian Drink bestellte. „Nastja hör auf unsere Gäste anzustarren."
Er sah mich mahnend an.

„Du meinst wohl eher Vaters Gäste." Nun erwiderte ich seinen Blick, worauf er nur mit dem Kopf schüttelte. Mein älterer Bruder Ivan, Erbe und Nachfolger der Petrow Dynastie. Als Kinder waren wir wie Maus und Katz. Wir kämpften um jedes Spielzeug und überboten uns in jedem Wettbewerb, welches uns entgegen gestellt wurde, aber vor allem kämpften wir um die Anerkennung unseres Vaters. Wir hörte mit dem Korrekturnsdenkem jedoch auf, sobald wir älter wurden.
Wir fingen an uns zu ergänzen, auch wenn Ivan immer noch den großen Bruder spielte, war er der einzige, dem ich blind vertraute und für den ich durchs Feuer gehen würde.

„Weiß du was Vater heute Abend verkünden möchte?" Mein Bruder nahm seinen Drink und mit einem kurzen nein es wird was Geschäftliches sein, bannte er sich seinen Weg durch die Menge. Ich blieb weiter mit dem Rücken an der Bar gelehnt stehen und entzog mich den üblich oberflächlichen Konservationen mit den Leuten, welche ich nur bei diesen Veranstaltungen sah.
Es war ein Wunder, dass heute auf meine Anwesenheit bestanden wurde, den für gewöhnlich wurde ich aus den Geschäften der Familie herausgehalten, egal wie sehr ich mich einbringen wollte.

Meine Aufgabe bestand darin, mich auf Events blicken zu lassen und nett in die Kamera zu lächeln.
Wie mein Vater wohl reagieren würde, wenn er wüsste, dass ich hinter seinen Strategien für die letzten Missionen stand, oder aber, dass ich Ivan eine Menge Geld gerettet habe, weil er das Kleingedruckte in einem Vertrag übersehen hatte und ich in letzter Sekunde eingriff, damit sein Goldjunge nicht dumm dasteht.

Ivan war viel, kräftig, autoritär, ein Beschützer, aber bestimmt kein flinker Kopf, welcher auf Details achtete. Dies übernahm ich, auch wenn in unserer Welt nur Männer die Position des Kopfs der Familie und der Geschäfte werden konnten.

Viele glauben, die Welte wäre so eingeteilt, wie sie es im Geografieunterricht erklärt bekammen, abgegrenzt durch Stadtmauern, Landgrenzen und Kontinente, jedoch war dies schon lange nicht mehr der Fall.
Bereits seit geraumer Zeit haben die mächtigsten Familien der Welt die Landkarte neu designet. Und mit mächtigen Familien meine ich nicht Bill Gates oder die Kardashians. Ich meine Männer mit echter Macht, aufgebaut durch Jahrhundertealte krimineller Familiengeschäfte.
Woher ich das weiß? Ganz einfach, ich gehöre zu einer dieser Familien.

Mein Vater betrat den Raum und stellte sich neben meinen Onkel Boris, welcher daraufhin eine Gabel an seinem Glas klirren ließ. Der ganze Raum erstarrte und es wurde still. Mein Vater sah in die Runde. Bei mir angekommen blieb sein Blick für eine Sekunden hängen, dann ergriff er das Wort. „Wie ihr alle wisst stecken wir bereits seit einem Jahr in einem Krieg mit der Sizilischen Familie, den Martinellis, wegen unserer Grenzen in Bosnien und Serbien."
Ein nicken breitete sich unter den Zuhörern aus gefolgt von zustimmenden Lauten.

Krieg würde ich es eher weniger nennen, da es bis jetzt nur zwei heiße Phasen gab, welche wir wieder durch diplomatische Verhandlungen entschärfen konnten.
Dennoch sind diese Gebiete weiterhin umstritten und keiner wollte diesbezüglich nachgeben. Ich weiß nicht ganz genau worin das Problem lag, weil Ivan es mir nicht verraten wollte, aber dass es sich immer weiter zuspitzt, konnte ich an dem Körper meines Vaters und seiner engsten Berater ablesen.
Es war nicht schwer auf solche Details zu achten, wenn man sowieso nur beobachten darf.

„Die Martinellis verlangen eine neue Anordnung der Grenzen in diesen Gebieten. Sie wollen ihren Machtbereich nach Osten ausweiten und bieten uns dafür ein Anteil am Gewinn an" sprach mein Vater weiter.
Ich bemerkte, wie er sich weiter verspannte. Ich musste es nicht erst hören, um zu wissen, dass er abgelehnt hatte. Langsam wurde ich nervös.

Das letzte Mal als unsere Familien sich bei der Einteilung einer Grenze nicht einig wurden, musste Jugoslawien als Staat aufgelöst werden. Ich war zu der Zeit grade erst geboren, jedoch kannte ich die Geschichte mittlerweile in und auswendig.

„Wir sind natürlich nicht auf den Deal eingegangen." Hatte ich also recht. „Jedoch sind wir uns einig geworden, dass unsere Familien nicht länger in ständigem Konflikt miteinander stehen konnten. Die letzten Streitigkeiten haben uns, sowie den Martinellis, eine Menge gekostet und uns geschwächt. Wir können es uns nicht erlauben, dass eine dritte Macht sich während unseres Konfliktes stärkt und uns gefährlich wird. Wir kamen zu dem Entschluss, dass es an der Zeit ist uns auf das Geschäft zu konzentrieren und unsere Meinungsverschiedenheiten beiseite zu legen und eine Gemeinschaft zu werden."

Der Saal atmet hörbar aus.
Oh nein, bitte nicht wieder Vermittler. Das letzte Mal, als beide Familien Vermittler entsendeten, hatte mein Vater die italienischen Vermittler mit Olivenöl gewaterboardet und ihnen Spagetti unter die Fingernägel gerammt, um an Informationen zu kommen. Ich weiß, ein sehr spezieller Humor.
An einem Stück hatte er sie auch nicht zurück nach Italien geschickt und unsere bekamen wir als Matroschkas zurück. Tja anscheinend Teilen wir wenigstens die gleiche Art von kulturellem Humor.
Vertraue niemals einem Feind, selbst bei Friedensgesprächen.

Mein Onkel schlug wieder auf sein Glas ein und versucht so Ruhe im Raum zu erzwingen.
„Beruhigt euch bitte und lasst mich ausreden. Nach langen Überlegungen kamen wir zu einem Entschluss mit welchem beide Familien leben können. Unsere Geschäfte bleiben so bestehen wie zuvor..."
Das war so typisch. Erst macht er ein Fass auf und dann schließt er, es einfach offen zu lassen, auch bin ich sicher, dass es nur die Hälfte von dem war, was wirklich vor sich ging. Mit den Jahren hab ich angefangen zwischen den Zeilen zu lesen, was bei einer Familie wie meiner, unabdingbar war.
Nichts wurde direkt und mit klaren Worten gesagt, selbst unter Familienmitgliedern.
Früher dachte ich, dass das Leben als kriminelle Mafiafamilie so etwas verlangt, aber in Wahrheit war meine Familie einfach verkorkst.

Plötzlich drehten sich alle zu mir um und sahen mich erschrocken an. Ich war so mit meiner Schimpfterada auf meine Familie beschäftigt, dass ich das Ende seiner Rede nicht mitbekommen hatte. Mein Blick fiel hilfesuchend zu meinem Bruder, welcher mich nur emotionslos ansah. In seinem Blick konnte ich nichts ablesen, Ivan hatte sein Pokerface aufgesetzt.
Also sah ich zu meinem Onkel, welcher seinen Blick zum Boden senkte.
Verdammt, mich übergab ein ungutes Gefühl und ich ahnte, dass ich gleich den Grund für mein Erscheinen hier erfahren würde.
Dann schaute ich zu meinem Vater, welcher meinen unwissenden Blick erkannte und deshalb das Ende lautstark wiederholte.

„Mit einer Hochzeit von Dante Martinelli und meiner Tochter Anastasia Petrowa."

Ich ließ mein Weinglas fallen.

Ace of HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt