Kapitel XXXVIII

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Der Flug verlief im Stillen. Nach dem Kuss setzte ich mich einfach zurück auf meinen Platz und tippte wahllos in meinem Handy rum. Meine Gedanken hingen immer noch an seinen Lippen und dem Kuss. Eigentlich sollte ich wütend sein und ihn zusammen stauchen, was ihm einfällt mich einfach zu küssen.
Aber irgendwie hatte es mich nicht gestört. Es klangt seltsam und vielleicht ist es falsch, aber zum ersten Mal fühlte es sich echt zwischen uns an.
Ohne aufgesetzte Gesichter, ohne Zweifel und die ewigen Spekulationen über unsere Beziehung, welche offiziell immer noch auf dem Stand einer Zwangsheirat ist. Vielleicht ist das alles auch nur in meinem Kopf und er hat keine Zweifel. Ehrlich gesagt benimmt er sich auch nicht wie ein Ehemann auf dem Papier, aber woher soll ich das denn wissen?
Wir reden ja nicht miteinander.
Hätte er nur einmal den Mund aufgemacht und mir klar zu verstehen gegeben was er von mir will, aber nein er lässt mich raten.

Immer noch in Gedanken spürte ich wie der Flieger in den Landeflug geht. Ich schätze wir waren nur eine Stunde in der Luft und befinden uns womöglich noch in Italien.
Ich setzte meine Sonnenbrille auf und packte mein Handy zurück in meine Handtasche.
Wir landeten und die Türen wurden geöffnet.
Zu erst stieg Pablo aus dem Flugzeug.
Ja anscheinend verbringt Pablo die Flitterwochen mit uns, noch so eine Sache, die nicht normal war.
Ich folgte ihm die Treppe hinunter. Unten standen bereits mehrere schwarze Autos bereit. Ein Mann, welcher definitiv nicht zu unseren Wachen in Palermo gehörte, öffnete mir eine der hinteren Autotüren.
Ich stieg mit einem Dankeschön in den Wagen. Dante setzte sich neben mich und wir hatten immer noch kein Wort seit dem Kuss gewechselt.
Wobei so ganz stimmt es nicht, eher nach seiner Frage nicht mehr.
Pablo musste in einen der anderen Autos Platz genommen haben, denn wir fuhren ohne ihn los.

Ich wusste immer noch nicht wohin wir fuhren, geschweige denn wo wir hier waren.
Ich sah auf mein Handy, elf Uhr.
Für diese Uhrzeit war es bereit recht warm.
Nach 15 Minuten sah ich die Küste, an welcher wir entlang fuhren. Der Anblick war wunderschön.
Das Auto stoppte an einem großen Haus im Toscana Stil.
An den Außenwänden wuchsen Rosen empor. Ich stieg aus und bewunderte den Anblick vor mir.
Dante tauchte neben mir auf und ergriff meine Hand.
"Komm, ich zeig dir unser Haus." Er zog mich hinter sich her, die paar Stufen zur Haustür hinauf.
Hatte er gerade unser Haus gesagt? Meint er unser Haus für die Woche oder unser ..unser Haus?
Wir durchquerten den Flur und gingen zielstrebig auf die Terrassentür im Wohnzimmer zu. Er öffnete diese mit Schwung und ein frischer Wind wehte uns entgegen. Die Sonne strahlte mir ins Gesicht und ließ mich augenblicklich lächeln.
Vor mir erstreckte sich eine Holzterrasse mit einem Geländer, welches in eine Treppe mündete. Diese führte direkt an den Strand. Ich konnte das Meer von hier aus riechen.
Mit schnellen Schritten ging ich die Treppe runter und zog meine Sneaker aus.
Barfuß ging ich über den, bereits warmen, Sand. Der Strand war verlassen und ich konnte niemanden außer mir ausmachen.
Das Meer war leicht unruhig und mittelgroße Wellen prallten gegen die Brandung.

Ich spürte zwei Arme, welche sich von hinten um mich schlangen. Dantes Geruch steig mir in die Nase und überdeckte den des Meeres.
"Willkommen auf Capri, Mia Amore", flüsterte er mir ins Ohr.
Oh mein Gott, wir waren auf Capri. Ich drehte mich lächeln zu Dante um, der mich immer noch in seinen Armen hielt. Auch auf seinem Gesicht hatte sich ein Lächeln gebildet.
"Es ist traumhaft schön hier", sagte ich voll Euphorie. Ich hatte nicht gemerkt, wie nötig ich es hatte aus diesem Haus raus zukommen. Vor der Rolle zu fliehen, in welche ich reingedrängt wurde. Ich fühlte mich hier zum ersten Mal frei. Als könnte ich hier ich selbst sein und müsste nicht schauspielern, müsste nicht vorgeben eine starke und selbständige Frau zu sein, oder eine stolze Ehefrau.
Eine Welle von Gefühlen brach über mir ein. Ich hatte Mühe sie zu kontrollieren.
Das alles wurde mir zu viel. Erst der Kuss im Flieger und jetzt dieses Gefühlschaos.
Ich brauch Abstand von ihm, um meine Gedanken zu ordnen.
Ich löste mich aus seinem Griff und ging zurück zu meinen Schuhen.

"Ich sehe mir die Gegend an", informierte ich Dante, nachdem ich meine Schuhe angezogen hatte. Dieser sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an.
"Okay, warte kurz ich hole mein Handy, dann können wir los."
Ich hatte geahnt, dass er so reagieren würde.
"Nein Danke, ich würde gern alleine los gehen." Ohne auf seine Antwort zu warten ging ich um das Haus herum und verließ den Garten.
Eigentlich hätte ich damit gerechnet, dass er mich stoppt, indem er mich wie zum Beispiel damals über die Schulter wirft, doch er tat es nicht.
Auch argumentierte er nicht weiter mit mir. Also nutze ich diese Gelegenheit und ging die Straße entlang. Einige Male sah ich mich um, um sicher zu gehen, dass er niemand hinter mir her geschickt hatte, doch ich war alleine.

Nach einiger Zeit kam ich an einem Café vorbei. Alles hier sah aus, wie aus einer anderen Zeit. Man hatte das Gefühl als würden Romeo und Julia gleich um die Ecke kommen. Nur die Autos und Elektrogeräte zerstörten dieses Bild.
Die Straße ging leicht den Berg hinauf und rechts und links davon spielten Kinder Fußball, oder fuhren Fahrrad. Auch einige Katzen kreuzten meinen Weg.
Am Ende der Straße konnte ich zwei Polizisten ausmachen. Es wäre so leicht rüber zu laufen und ihnen meine Gesichte zu erzählen, aber das würde nichts bringen.
Die Polizei ist machtlos gegen die Mafiafamilien, wenn sie nicht sogar für sie arbeiten. Auch hätte Dante mich niemals gehen lassen, wenn eine solche Chance bestehen würde.
Ich blieb an einem Eisstand stehen und blickte auf die vielen Sorten.
"Eine Mango Kugel bitte." Der Verkäufer sah mich verwirrt an. Na toll er spricht anscheinend nur italienisch.
In den hintersten Ecken kramte ich alles an Wissen hervor, welches ich noch aus dem italienisch Unterricht hatte. Leider war das nicht viel.
"Uno...ähm...Ghiaccio.." (Ein.......Eis) den Rest erklärte ich mit meinen Händen indem ich auf die Sorte zeigte.
Ich sollte unbedingt mein Italienisch aufbessern. Mit dem Eis in der Hand ging ich weiter spazieren.

Ich kam an einem wunderschönen Park an, welchen ich mit großen Augen durchquerte. Links von mir war das Meer und rechts standen große Bäume mit rosa färbenden Blüten.

Ich ging den Weg entlang und kam aus dem Staunen nicht raus. Ich war schon lange nicht am Meer gewesen und dieser Spaziergang tat mir so gut. Ich hatte alle meine Gedanken und Gefühle für diese Zeit weggesperrt und nur die Natur hier genossen.

Ich stellte mich an das Geländer und blickte aufs Meer.
Nach einiger Zeit bemerkte ich, dass die Sonne sich bereits zu setzten begann.
Ich holte mein Handy raus und hatte fünf Anrufe in Abwesenheit.
Die Nummer war aber unbekannt, weshalb ich nur ahnen konnte, dass es Dante war.
Ich wollte gar nicht wissen woher er meine Nummer hatte.
Ich blickte mich um und ging den Weg zurück.
Als ich den Park verließ stand ich an einer Abzweigung.

Ich war so in Gedanken gewesen während meines Spazierganges, dass ich mich nicht erinnerte ob ich von rechts oder links her kam.
Ich könnte Dante anrufen, aber dann müsste ich zugeben, dass ich mich verirrt hatte und so weit würde ich es nicht kommen lassen.
Okay ganz ruhig, konzentriere dich. Wo war der Eisstand?
Ich blickte mich um, konnte aber keinen erkennen.
Verdammt, der Eismann musste den Stand bereits abgebaut haben und ein anderes Wiedererkennungszeichen hatte ich nicht.
Wie konnte ich mir denn nicht die Gegend merken.

Dann fiel es mir wieder ein, das Cafè.
Aber bis dahin war es noch weit und von hier konnte ich nicht ausmachen wo das Café lag.
Ein Mann ging an mir vorbei und ich kam auf die Idee ihn nach dem Weg zu fragen.
"Entschuldigung?! Können Sie mir sagen wo das Café L'Osteria ist?"
Zum Glück konnte ich mich noch an den Namen erinnern.
Der Mann sah mich nur verwirrt an. Sprich denn keiner hier englisch?
Um nach dem Weg zu Fragen reichte mein Italienisch Hundertprozent nicht aus. Deshalb entschuldigte ich mich auf Italienisch bei dem Mann und sah mich wieder um.
Aber nichts kam mir bekannt vor.

Genau in diesem Moment klingelte mein Handy.
Es war die selbe Nummer wie vorhin.

Ich entschied mich ran zugehen.
"Ja?" Kam es unsicher von mir.
"Anastasia, wo zum Henker steckst du? Ich suche dich überall."
Verdammt wie erkläre ich das denn jetzt?
"Ich bin im Park, nicht weit von uns entfernt."
Vielleicht hatte ich die Möglichkeit aus dieser Situation raus zukommen ohne das auffliegt, dass ich mich verlaufen hatte.
"Gut bleib dort, ich komm zu dir."
Gott sei dank, er holt mich ab.

Wir legten auf und ich ging wieder einige Meter zurück in den Park. Dort setzte ich mich auf eine Bank und wartete auf meinen Prinz in glänzender Rüstung.

Nach einigen Minuten hielt ein Auto am Eingang des Parks und Dante stieg aus.
Er kam mit einem Lächeln auf mich zu und setzte sich zu mir auf die Bank.
Ich sah immer noch zum Meer, in welchem sich bereits der Mond spiegelte.

"Du hast dich verlaufen, oder?"
Ruckartig drehte ich meinen Kopf zu ihm.
Verdammt!

Ace of HeartsWhere stories live. Discover now