Kapitel LVI

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Fuck, Fuck, Fuck....
Das ist gar nicht gut. Ich druckte die Nahaufnahme aus und sah mir nochmal das Gesicht an. Aber wieder kam ich zu dem selben Entschluss, der Mann auf dem Bild war Tai Nakamura, der Bruder des japanischen Mafiabosses und der zweite in der Hierarchie der Yakuza. Die Situation war mehr als nur ernst, denn wenn ich recht habe, dann geht es ihr um Rache und diese wird mit Blut beglichen.
Wir dürfen keine Zeit verlieren. Mit dem Bild in der Handy rannte ich aus unserem Zimmer in Richtung des Kontrollraum. Im Flur stieß ich mit Cristiano zusammen, ließ mich aber nicht aus dem Gleichgewicht bringen und lief mit einem "Entschuldigung" zügig weiter.
Ohne zu klopfen riss ich die Tür zum Kontrollraum auf und ging gezielt auf Riccardo zu, welcher immer noch am Computer saß und versuchte die Handys zu orten.
"Hier, das originalband." Ich reichte mein Handy an Riccardo weiter, der es so gleich an den Monitor anschloss und die Datei abspielte. Im Raum herrschte absolute Stille.
Da ich das Video bereits kannte nutzte ich die Gelegenheit und sah mich im Raum um. Alle bis auf Lorenzo waren da und starrten gespannt auf den Bildschirm.

Plötzlich schlug Sergio mit der Faust auf den Tisch, was mich zusammen zucken ließen
Luca stand vom Sofa auf und kam zu mir rüber. "Wo hast du die Aufnahme her?" Anders als bei Sergio und Lorenzo war bei ihm kein Misstrauen rauszuhören, sondern ausschließlich Neugier.
"Ich hab einen meiner Männer gebeten es wieder herzustellen, aber mach dir keine Sorgen, seine Treue gehört mir und nicht meinem Vater."
Sergios Blick lag prüfend auf mir und schwenkte dann zu Riccardo rüber. "Überprüf Anastasias Aufnahme, nicht, dass diese ebenfalls manipuliert ist und du.." nun sah er Luca an "ich will wissen, wohin diese Wichser meinen Sohn gebracht haben." Bis auf Riccardo folgten alle Brüder Sergios Befehl und gingen aus dem Zimmer. Ich wollte ihnen grade nach draußen folgen, doch kam ich nicht weit. Sergio hielt mich an meinem Arm auf und drehte mich zu sich um. "Mach das nie wieder! Du bist jetzt eine Martinelli und das heißt, dass du familiäre Themen nicht mit außenstehenden Besprechen wirst und erst gar nicht mit unseren Feinden!" Zum Ende hin wurde er lauter.
Ich wollte mich erst rechtfertigen und ihm sagen, dass ich nichts verwerfliches getan habe, denn weder Vlad noch Timur wissen worum es geht. Sie bekommen von mir nur so viel an Informationen, um ihren Job zu tun und würde mich niemals hintergehen und diese weitertragen.
Aber ich tat es nicht, denn hinter der eiskalten Fassade meines Schwiegervaters sah ich schmerz und Trauer. Wie soll ich einem Vater vorwerfen sich um seinen Sohn zu sorgen, auch wenn er seine Wut an mir auslassen muss.
Das wichtigste ist jetzt Dante zu finden, also nickte ich und befreite mich vorsichtig aus seinem Griff um zu gehen, doch gerade als ich mich umgedreht hatte ertönte wieder seine Stimme.
"Du wirst das Haus vorerst nicht verlassen und Riccardo behält dein Telefon bei sich, bis wir die Umstände geklärt haben. Ich will nicht, dass deine Aktionen meinem Sohn das Leben kosten!" Mit diesen Worten stürmte er aus dem Raum und ließ mich und Riccardo alleine zurück. Dieser drehte sich zu mir um und sah mich mitleidig an.
"Nimm dir seine Worte nicht zu Herzen, er hat das aus Verzweiflung gesagt." Ich zog einen weiteren Stuhl zu Riccardos Tisch heran und setzte sich neben ihn. "Ich weiß."
Der Techniknerd neben mir sah mich eindringlich an und ich hatte das Gefühl, als wenn er mich etwas fragen wollte.
"Frag schon."
Die digitale Zeitangabe auf dem Computer zeigte viertel vor eins an, was bedeutet, dass Dante und Pablo bereits seit sechs Stunden vermisst sind.
"Dein Mann, wie hat er die Datei so schnell wieder hergestellt? Mein Programm läuft immer noch." Ich sah zum Monitor und er hatte recht, das Programm arbeitete immer noch. Gott sei dank hab ich Timur hinzugezogen, ansonst würden wir immer noch warten.
"Wenn die Sache vorbei ist, dann stell ich euch beide vor, aber jetzt müssen wir erstmal deinen Bruder finden."
Dank Sergio werde ich meine Suche wohl von hier aus weiterführen müssen. "Sollst du das Videomaterial nicht überprüfen? Nicht, das Timur das manipuliert hat." Riccardo tippte auf der Tastatur rum und schüttelte mit dem Kopf. "Mein Vater versteht von Technik genauso viel wie ich von Langstreckenwaffen." Verwirrt zog ich meine Augenbraun zusammen. "Gar nichts." fügte er aufgrund von meiner Reaktion hinzu. Damit hätte ich nicht gerechnet, mir kam es so rüber, als wären alle Sohne des mächtigen Sergio Martinelli top ausgebildet.
"Du kannst nicht mit Langstreckenwaffen umgehen?" Ich versuchte meine Überraschung nicht raushören zulassen, aber so ganz gelang mir das nicht.
"Natürlich kann ich mit Waffen umgehen, aber man sollte mich nicht mit meinen Brüdern vergleichen. Ich kläre Angelegenheiten lieber mit einer Tastatur, als mit einer Patrone."

Weise Worte, doch wir sollten uns nun wieder auf das Aufspüren meines Mannes konzentrieren. Mein Mann, ihn so zu nennen fühlte sich zugleich seltsam aber auch gut an.
"Volltreffer, ich hab die Handys geortet." Riccardo öffnete eine Karte und zwei Signale blinkten auf. Das müssen sie sein.
Riccardo nahm sein Handy raus und tippte eine Nachricht.
"Ich hab Lorenzo und Luca die Koordinaten geschickt." teilte er mir mit. Das war wohl mein Zeichen. Ich merkte mir den Ort der Handys und stand auf um ebenfalls dort hin zu fahren. Cristiano sollte immer noch für mich bereit stehen und das werde ich auch nutzen. Doch leider machte mir Riccardo einen Strich durch die Rechnung, den er zog mich zurück auf meinen Stuhl und hielt mich fest.
"Ich glaube nicht dran, dass deine Familie irgendwas damit zu tun hat oder du meiner Familie schaden könntest, aber ich kann dich nicht gehen lassen, solange Vater es nicht erlaubt."
Ich atmete genervt aus und lehnte mich auf meinem Stuhl zurück. Das kann doch nicht war sein, ich soll hier sitzen und einfach abwarten, während Dante vielleicht um sein Leben kämpft.
Mein Handyklingelton riss mich aus meinen Gedanken und ich ignorierte Riccardos unsicheren Blick, ob er mich rangehen lassen sollte und nahm ab.
"Ich hab die Informationen die du wolltest, aber ich glaube nicht, dass sie dir gefallen werden." Ertönte Vlads Stimme im meinem Hörer.
"Sag schon." Ich rutschte gespannt auf meinem Sitz hin und her.
"Die Martinellis mussten mit der Triade ins Geschäft kommen, weil mehrere ihrer Waffenlieferungen im letzten Jahr zerstört wurden. Die Yakuza hat daraufhin die Geschäftsbeziehung mit ihnen beendet. Wie du dir denken kannst brauchten sie für die übrigen Lieferungen einen neuen Abnehmer." Er pausierte kurz und sprach dann weiter.
"Die Triade bot ihnen das doppelte und brachte sie so in Zugzwang, da kein anderer ein Geschäft eingehen wollte. Auch haben die zerstörten Waffen ein großes finanzielles Loch in die Kasse der Italiener geschlagen."
Das Erklärt zumindest wieso sie den moralischen Kodex gebrochen haben, denn auch wenn die Yakuza die Geschäfte eingestellt haben bleibt der Kodex bestehen.
"Da ist noch etwas." Seit wann ist Vlad denn so geheimnisvoll und lässt sich alles aus der Nase ziehen.
"Sprich!" meine Geduld war heute alles andere als dehnbar.

"Die Waffenlieferungen wurden von den Petrovs zerstört. Deine Familie hat sie in diese Situation gedrängt."



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