Kapitel LI

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Der Raum wurde still. Dante sah zu mir rüber, doch ich konnte seinen Blick nicht deuten.
Sergio ergriff das Wort und durchbrach die Stille. "Gut, diese Theorien bringen uns jetzt nicht weiter. Geht und ruht euch von der Fahrt aus. Und du Luca fährst zu Giovanni, ich will, dass er sich beeilet." Luca verließ mit einem nicken den Raum und auch Dante nahm meine Hand um zu gehen. "Dante warte noch eine Minute. Wir sollten noch das Geschäft in Neapel besprechen." Dante verspannte sich und bevor er was sagen konnte ließ ich seine Hand los und drehte mich zu ihm um. "Ist gut ich warte im Zimmer auf dich." Kurz legte ich meine Hand auf seine Brust und ging dann aus dem Büro.
Im Flur vor unserem Zimmer begegnende ich Amelia, welche mit einem Stabel Handtüchern auf dem Arm aus einem anderen Zimmer kam. Ihr giftiger Blick ließ mich bloß die Augen rollen und ohne ein Wort an sie zu richten ging ich in unser Zimmer. Nur leider hatte ich nicht mit ihrer Hartnäckigkeit gerechnet, denn bevor ich die Tür schließen konnte stand sie bereits im Türrahmen.
"Kann ich dir helfen?" versuchte ich den letzten Rest an Höflichkeit zusammen zu kratzen, welchen ich für sie noch übrig hatte.
"Wenn du denkst, dass du gewonnen hast, dann täuscht du dich." Diese Frau bekommt auch nie genug. Aber gut, dass sie aufgetaucht ist, dann kann ich Dante gleich fragen, was ihr Problem ist. Wenn zwischen den beiden was war, dann soll er das klären. Ich sehe es nicht ein, ständig der Blitzableiter für ihre Wut zu sein. Ich schlug ihr einfach die Tür vor ihrer Nase zu und ging zu Bett rüber.
Aber was, wenn das zwischen den beiden nicht nur Vergangenheit ist. Zwar kann ich nicht sagen, dass Dante sich so verhält, aber irgendetwas muss diese Frau doch antreiben. Ich meine man kann sich doch nicht so stark in der eigenen Fantasie verrennen.

Ich hatte nur eine Stunde im Flugzeug geschlafen und war immer noch müde. Meine Augen hatten sich gerade geschlossen als ich hörte wie die Tür wieder aufging. Die Matratze gab ein Stück nach und ich konnte Dantes Geruch wahrnehmen. Er hatte sich zu mir gelegt und umarmte mich von hinten.
"Schlaf ein wenig, Mia cara." Er küsste mich auf die Stelle hinter meinem Ohr. Ich legte meine Hände auf seinen ab und kuschelte mich enger an ihn.
Dann fiel ich, umhüllt von seinen Duft, in den Schlaf.

Als ich die Augen öffnete lagen wir immer noch in der selben Position. Ich drehte mich vorsichtig in seinem Griff um, damit ich ihn ansehen konnte. Dante schlief immer noch tief und fest. Ich betrachtete sein Gesicht, prägte mir jeden Zentimeter ein. An seiner linken Augenbraue hatte er am Ende eine kleine Narbe, welche bereits so stark verblasst war, dass man sie nur beim genauen Hinsehen sah. Er hatte seine Stirn leicht in Falten gelegt, als würde er sogar im Schlaf nachdenken.
Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, strich ich eine Strähne von seiner Stirn. Seine Haare waren unglaublich weich und ich fuhr mit den Fingern durch sie.
Blaue Augen trafen auf meine und ich zog blitzartig meine Hand zurück.
"Du bist wach." stellte ich erschrocken fest.
Dante grinste bloß und setzte sich mit mir zusammen aufrecht hin.
"Wir haben noch ein Gespräch, welches wir führen sollten. Und ich denke jetzt ist der Zeitpunkt dafür gekommen."
Ich entfernte ich aus seiner Umarmung und lehnte mich auf seiner Seite des Bettes gegen die Lehne.
"Ja das sollten wir." Jetzt war der Zeitpunkt gekommen Antworten auf die Fragen zu bekommen, welche seit dem ersten Tag hier in meinem Kopf herum spuken. Doch nach meinen Worten herrschte Stille zwischen uns. Keiner von uns machte den ersten Schritt um das Gespräch zu beginnen. Ich starrte die Wand gegenüber von unserem Bett an in der Hoffnung er würde was sagen, aber das tat er nicht.

Gut, wenn er nicht reden will, dann fang ich an.
"Meine Mutter war wunderschön. Sie hatte blonde Haare, so strahlend wie Gold. Ihre Augen so blau wie der Himmel." Ich spürte Dantes Blick auf mir, doch ich fokussiert mich immer noch auf die Wand.
"Doch meinem Vater war es nicht genug. Ihre Schönheit und ihr reines Herz hab ihn nicht daran gehindert das Monster in sich gegen sie zu verwenden. Seit dem ersten Tag ihrer Hochzeit betrog er sie und alle wussten es, sie wusste es. Du kannst dir denken, dass sie nicht aus Liebe geheiratet haben, sonder weil ihre Väter es so wollten, wie wir." Wieder stoppte ich. Das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken war schwerer als ich gedacht hatte.
Ich räusperte mich leicht und fing dann wieder an.
"Meine ganze Kindheit über musste ich mit ansehen, wie mein Vater mit seinem Handeln den Willen meiner Mutter brach. Ein Tag nach dem anderen verbreitete er sein Gift, welches meine Mutter langsam töte. Bevor ihr Körper starb, war ihr Geist bereits Jahre lang tot."
Die Wut stieg wieder in mir auf als die Erinnerungen an diese Zeit zurückkehrten.
"Jedes Mal wenn eine neue Affäre meines Vaters ans Licht kam, erlosch das Licht in ihren Augen ein Stück mehr, bis ich es gar nicht mehr sehen konnte."
Ich schluckte einmal und wischte die einzelne Träne weg, welche meine Wange runter lief.
"Danach schickte er uns zu unzähligen Events, auf welchen alle von seinen Fehltritten wussten. Keiner hatte den Mut seine Gedanken direkt in das Gesicht meiner Mutter zusagen, aber sobald sie sich abwandte sponnen sie ihre Lästereien, redeten hinter dem Rücken und urteilten über eine Beziehung von der sie nur eine Seite kannten." Wieder pausierte ich, um tief einatmen zu können.
"Meine Mutter hielt das alles aus. Nicht einmal hat sie ihren Kopf gesenkt oder ihr Gesicht verloren, doch in ihren Augen konnte man den Schmerz sehen, den er ihr jeden Tag ihres Lebens zugefügt hatte. Selbst als seine Frau hatte sie keinen wert für ihn. Für ihn war sie nichts als die Frau, welche seine Position stärkt, ihm seine Macht garantiert."
Dante hatte immer noch kein Wort gesagt. Er hörte mir einfach nur still zu und sah mich dabei an. Ich musste ein paar mal blinzeln um keine weitere Träne zu verlieren.
"Ich will so nicht leben. Ich will nicht bloß die Frau sein, welche einen Krieg verhindert. Nicht wie ein Schatten meiner selbst in diesen vier Wänden herum laufen und jeden Tag ein Stück mehr sterben. Ich will nicht, dass meine Augen den selben toten Blick haben werden wie die meiner Mutter." Beendete ich meinen Monolog, immer noch mit dem Blick auf die weiße Wand gerichtet.

Ace of HeartsWhere stories live. Discover now