Kapitel LXI

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Mit festem Blick hielt ich dem Augenkontakt von Juan Li stand. Dieser schien sich meine Worte durch den Kopf gehen zulassen, doch seine Mimik war undurchschaubar. Ich konnte nicht sagen ob meine Argumente ihn überzeugt hatten oder ich mit der Suche wieder von Vorne anfangen konnte.
Nach einigen Minuten durchbrach er die Stille. "Du bist anders als dein Vater dich mir beschrieben hatte." Mein Vater war kein Thema, das ich mit ihm besprechen würde, also schwieg ich weiter. Juan Li war im Gegensatz zu den meisten Mafia Bossen sehr geduldig und bekannt für seine psychologischen Spielchen. Eine falsche Antwort von mir und er zieht mich in ein Gespräch aus welchem ich nicht mehr rausfinde.
"Bist du den in der Position mit mir zu verhandeln?" Nun kommen wir der Sache schon näher, doch ich ließ meine kalte Mimik aufrecht und sagte immer noch kein Wort. Er soll verstehen, dass ich alles gesagt hatte was ich wollte und nur noch auf seine Antwort wartete.
"Ich meine für wen handelst du grade? Für die Russen? Für die Italiener?" Der Mann gab einfach nicht auf, aber ich hatte ihn bereits durchschaut.
"Schweigen ist Gold, aber wie gedenkst du soll ich vertrauen in diesen Deal haben? Du hast nicht die Stellung um deinem Wort Gewicht zu verleihen." Darum geht es ihm also, aber dumm, dass er dieses Angebot nur von mir bekommt.
"Das ist nicht mein Problem. Entweder du vertraust auf mein Wort, oder du tust es nicht." Ich verschränkte meine Arme vor der Brust, denn mehr konnte ich nicht tun.

"Diese Information scheint dir sehr wichtig zu sein, wenn du hier alleine auftauchst mit nichts als einer Pistole." Meine Hände fingen an zu schwitzen, aber ich ließ mir nichts anmerken.
Hinter mir ertönte ein Geräusch und ich dreht mich zur Tür.
"Sie ist nicht alleine." Vlad stand in der Tür und Lärm kam von seiner Sporttasche, welche er auf den Boden fallen gelassen hatte. Er trug eine braune Wildlederjacke und darunter einen dünnen Rollkragenpullover in blaugrauer Farbe. Seine graue Anzughose passte perfekt zu der Barett Mütze auf seinem Kopf. Er kam zu uns rüber und stellte sich neben mich.
Einer der Bodyguards wollte auf Vlad los gehen, blieb aber stehen, als Juan Li seine Hand hob.

"Wie ich bereits sagte habe reicht mir dein Wort bezüglich der Waffen nicht, aber du kannst mir etwas anderes anbieten." Ich zog fragend eine Augenbraue hoch. Zum ersten Mal während unseres Gespräches war ich überrascht. "Und was wäre das?"
Juan Li lehnte sich gegen seine Stuhllehne zurück. Er hatte wieder die Oberhand in dem Gespräch, aber das war mir jetzt egal.
"Etwas, dass allein in deiner Macht liegt, etwas bei dem dein Wort Gewicht hat." Der alte Mann wusste wie man Spannung aufbauen konnte.
"Einen Gefallen." Sofort verspannte ich mich. "Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage." mischte sich nun Vlad ein, doch Juan schenkte ihm keine Beachtung.
"Irgendwann werde ich vielleicht deine Hilfe brauchen. Das könnte morgen sein, oder in einem Jahr, vielleicht auch niemals, aber wenn dann bist du mir einen Gefallen schuldig." In meinem Kopf spielten sich unzählige Szenarien ab bei welchen er einen Gefallen fordern könnte. Ich sah zu Vlad, welcher mit dem Kopf schüttelte.
"Ich gebe dir Zeit darüber nachzudenken, aber du solltest dich beeilen. Dein Mann und sein Cape werden nicht mehr viel Zeit haben."
Juan gab ein Zeichen und der Bodyguard, welcher mir meine Waffe abgenommen hatte kam zum Tisch. Er legte meine Pistole und ein Stück Papier auf den Tisch. Vlad spannte sich sofort an, als er die Waffe gesehen hatte.
"Melde dich, wenn du dich entscheiden hast." Ein Kellner brachte Juan einen Tee und ich nahm die Sachen vom Tisch und stand auf. Vlad blieb noch kurz stehen und folgte mir dann nach draußen. Vor der Tür lagen die zwei Wachen, welche mich zuerst nicht reinlassen wollten, bewusstlos auf dem Boden.
Vlad tauchte neben mir auf und folgte meinem verwunderten Blick.
"Ah das, ich hatte meine Einladung vergessen." entschuldigte er sich für sein Handeln, was mich nur grinsen ließ.
Ich zog ihn in eine Umarmung. "Willkommen in Italien." Trotz all der dunklen Wolken, welche über meinem Kopf kreisten schaffte er es mir für Sekunden ein lächeln auf die Lippen zu zaubern. Doch genau so schnell wie es kam so verschwand es auch wieder und mein Gesichtsausdruck wurde ernst.

Ace of HeartsWhere stories live. Discover now