Kapitel LXX

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Ich verstaute mein Handy zurück in meiner Hosentasche und machte mich wieder auf den Weg ins Esszimmer. Nach dem Frühstück würde ich meinen Mann entführen und hoffentlich hatte ich mich mit meiner Idee nicht verschätzt. Das schlimmste was passieren könnte wäre, wenn ich sein Trauma nur noch verstärken würde. Ich schüttelte die Gedanken ab und ging zu dem bereits reichlich gedeckten Frühstückstisch. Zum ersten Mal seit Tagen versammelte sich die Familie wieder zu ihrer Tradition des gemeinsamen Essens. In letzter Zeit waren alle so sehr mit sich selbst oder ihrer Trauer beschäftigt gewesen, dass keiner wirklich Lust hatte dieser Tradition nach zu kommen.

Die Jungs und Chiara saßen bereits auf ihren Plätzen und auch Vlad hatte sich dazu gesellt.
"Guten Morgen Liebes, wie hast du geschlafen?" ertönte Valerias Stimme hinter mir. Ich hatte sie die letzten Tage nur sehr selten gesehen. Als sie von Dantes Entführung erfahren hatte schloss sie sich in ihrem Zimmer ein und wollte niemanden sehen, bis ihr Sohn heil wieder Zuhause sein würde. Die Nachricht von Pablos Tod hatte sie erneut aus der Bahn geworfen und sie hatte sich erst bei der Beerdigung wieder so weit im Griff, dass sie die Anwesenheit von anderen ertrug. Marco hatte mir erzählt, dass als sie jünger waren, Valeria und Sergio oft Drohungen gegen ihre Kinder erhielten. Das ließ einen Fingerabdruck auf Valerias Psyche zurück, welchen sie bis heute nicht los werden konnte. Die Drohungen hatte mit dem Alter der Kinder nachgelassen, aber die Angst war geblieben.
"Zum ersten Mal seit Tagen wieder besser, Danke. Wie geht es dir?" Sie schenkte mir ein aufrichtiges Lächeln und ich schätze wir hatten den Großteil dieser Krise endlich hinter uns gelassen.
"Auch besser, Liebes." Wir nahmen Platz und ich sah zu den zwei leeren Stühlen zu meiner linken. Dante und Sergio müssen immer noch mit ihrer Diskussion im Arbeitszimmer beschäftigt sein.

Vlad saß neben Chiara und ich konnte deren Unterhalten von meinem Platz aus verfolgen. Chiara versuchte Vlad italienische Schimpfwörter bei zubringen und es juckte mich in den Fingern, ihr zu erzählen, dass der Gute eigentlich fließend Italienisch Sprach. Entschied mich dann aber dazu das Schauspiel zu genießen, wie Vlad absichtlich Buchstaben vertauschte, oder Betonungen falsch setzte.
Wir alle warteten auf den Hausherren, um mit dem Essen zu beginnen und nach einer gefühlten Ewigkeit kamen die beiden ins Esszimmer. Dantes Gesichtsausdruck sprach Bände und auch Sergio sah nicht glücklich aus. Sie nahmen platz und Sergio signalisierte uns mit dem Essen zu beginnen.
"Alles okay?" flüstere ich meinem Mann ins Ohr, doch dieser nickte bloß und nahm einen Schluck von seinem Kaffee.
"Wir werden einen Anwärterabend geben, Mutter ich bitte dich den Abend so klein wie möglich zu halten." Richtete er das Wort nun in die Runde.
Valerias Gesicht hellte auf und ich konnte förmlich ihre Freunde über die Worte ihres Sohns sehen. Sie nahm sicherlich an, dass ihr Sohn weiterziehen würde, doch das tat er nicht. Dante würde diese Tradition wie eine Show über sich ergehen lassen und den Abend ohne Cape verlassen. In diese Sache werde ich mich jedoch nicht einmischen, selbst wenn es bedeutet, dass er den Platz des Dons verliert. Auch wenn ich mir das nicht vorstellen kann.
"Anastasia?" Ich hob erschreckt den Kopf, da ich mich so auf meine Gedanken fokussiert hatte, dass ich Valerias Rufe erst beim dritten Mal hörte.
"Ja?" Marco grinste und ich sah hilfesuchend zu meinem Mann, welcher jedoch seine Aufmerksamkeit einem Brötchen geschenkt hatte.
"Liebes ich sagte grade, dass wir dich für den Anwärterabend vorbereiten müssen." Ach das, stimmt ja, Marco hatte sowas bereits erwähnt.
Bei dem Gedanken an die Getränkeregel lief es mir kalt den Rücken runter.
"Ja, natürlich." stimmte ich meiner Schwiegermutter zu, welche daraufhin glücklich in die Hände klatschte. Ich hätte nie gedacht, dass eine Veranstaltung wieder Leben in diese Frau hauchen könnte, aber ich hatte mich wohl geirrt.
"Schatz? Weißt du schon wann ihr die Spiele geben wollt?" richtete sie sich jetzt an ihren Mann, welcher sich aufgrund ihres Enthusiasmus ein Grinsen verkneifen musste.
"Oh und ich brauche die Spielerlisten um eine Gästeliste anzufertigen. Chiara?" Valeria sah zu ihrer Tochter, welche immer noch in ein Gespräch mit Vlad vertieft war.
Die beiden müssen sich in der kurzen Zeit angefreundet haben und mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich fühlte mich schlecht, weil ich Vlad aus egoistischen Gründen bei mir behielt, aber wenn ich ihn mit Chiara rumalbern sah, fiel es mir leichter zu glauben, dass er ebenfalls hier sein wollte. Seine Beziehung zu den anderen war zwar immer noch angespannt, besonders zu Dante und Lorenzo.
Ich ließ meinen Blick über den Tisch gleiten, konnte den ältesten Sohn aber nicht finden.
"Ja Mum?" Chiara unterbrach ihr Gespräch und drehte sich zu ihrer Mutter um.
"Ich werde deine Hilfe brauchen, wir haben viel zu tun." Eigentlich hatte ich gedacht Chiara würde sich freuen, da sie eigentlich genau wie ihre Mutter war, doch sie schnaufte und nickte widerwillig.
Ich drehte mich zu Dante und beugte mich zu ihm, damit niemand außer ihm mein Geflüster verstehen konnte.
"Wo ist Lorenzo?" Diese Frage zauberte ein teuflisches Grinsen auf sein Gesicht und er beugte sich ebenfalls zu mir. "Er holt dein Geschenk aus Paris ab."
Verwirrt zog ich die Augenbraun hoch. Mein Geschenk? Und dann auch noch aus Paris?

Ace of HeartsWhere stories live. Discover now