Kapitel XXXVI

8K 229 2
                                    

Ein Ablenkungsmanöver! Ich brauchte eine Ablenkung und zwar schnell. Ich sah mich im Ankleidezimmer hilfesuchend um. Überall nur Anziehsachen und die Schritte auf der Treppe wurden immer lauter.
In meiner Panik griff ich nach der erst besten Sache und tat so, als würde ich sie aufmerksam mustern. In Wahrheit lag meine ganze Aufmerksamkeit auf den lauter werdenden Schritten.

"Wieso bist du noch wach?" Obwohl ich mit seiner Anwesenheit gerechnet habe, zuckte ich bei seiner Stimmer zusammen.
Ich sah erschrocken zu ihm und hielt dabei immer noch das Kleidungsstück fest.
"Amore, was hast du denn mit meinem T-shirt vor?" grinste er mich dreckig an.
"Hä, was?" Blinzelte ich ihn verwirrt an.
Dante zeigte auf das Kleidungsstück in meiner Hand. Ich folgte seinem Finger mit dem Blick.
Ich hielt wirklich ein schwarzes T-shirt in den Händen. Sein T-shirt.
"Ich...ähm...wollte schlafen gehen....und suche mein Nachthemd."
Oh Gott das glaubt er mir im Leben nicht. Was besseres ist mir aber auf die schnelle nicht eingefallen. Verdammt, was mach ich denn jetzt?!

"Dein Nachthemd? In meiner Seite des Ankleidezimmers?" Seine Tonlage war für meinen Geschmack zu amüsiert.
"Ich...Ich muss mich hier noch zurecht finden" und wieder war meine Ausrede eher drittklassig.
"Ja natürlich" nickte er nun verständnisvoll und kam mit einem verruchten Grinsen auf mich zu.

Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich trat unsicher von einem auf den anderen Fuß.
Sein Gesichtsausdruck gefällt mir so ganz und gar nicht, irgendwas plant er doch.
Ich musterte ihn detailliert.
Seine Augen waren kristallblau. Die Augenbrauen, sowie die Mundwinkel leicht nach oben gezogen.
Seine schwarzen Haare waren leicht zerzaust und ließen seine Augen noch heller leuchten.
Er trug immer noch den Anzug von der Hochzeit, nur ohne das Jackett. Die Ärmel seines Hemdes hatte er bis zu den Ellbogen hoch gekrempelt und die Hände in den Hosentaschen.
Stark ausgeprägte Adern zierten seine Arme.
Der Anblick war irgendwie angsteinflößend und zugleich unglaublich attraktiv.
Attraktiv? Ich meine nicht wirklich attraktiv, sondern eher gut aussehend.
Ach was rede ich denn da, als gebe es einen Unterschied. So gerne ich es auch leugnen wollte, es war nunmehr offensichtlich, dass Dante mehr als nur attraktiv war. Er war groß mit einer ausgesprochen durch trainierten Statur. Schon alleine seine Augen fesselten durch ihre unglaublich reine Farbe.
Ich sah sie mir genauer an. Mir fiel auf, dass das Blau von einem grauen Kreis vom weißen getrennt wurde.

Hat er mir gerade zugezwinkert?! Jetzt reicht es, ich hab dieses Theater lang genug aufrecht gehalten.
Ich entfernte mich mit einigen Schritten von ihm um wieder klarer denken zu können. Ich hatte mich völlig in meinen Gedanken verloren und nicht bemerkt, dass er mir näher gekommen war.
"Ich gehe dann ins Bett." Mit diesen Worten warf ich das T-shirt auf den Hocker im Ankleidezimmer und ging mit schnellen Schritten an ihm vorbei.
"Du hast dein Nachthemd vergessen."
Er kann es nicht lassen. Ich drehte mich zu ihm um und wurde mit seinem T-shirt abgeworfen. Ich war so überrascht, dass ich es nur teilweise fangen konnte. Der andere Teil landete in meinem Gesicht. Mit einem Ruck zog ich das Shirt von meinem Kopf und sah ihn erschrocken an. Der Geruch von seinem T-shirt stieg mir in die Nase. Es war eine Mischung aus seinem Parfum und einem Waschmittel. Ich warf das Shirt auf den Boden und verschränkte meine Arme vor meiner Brust.

"Ich werde bestimmt nicht in deinem T-Shirt schlafen." Meine Stimme war nun stark und selbstsicher. Was denkt er sich eigentlich? Ich und seine Kleidung tragen, auf welchem Planteten lebt er denn bitte.
"Gut, du kannst auch nackt schlafen." sein Grinsen wurde teuflisch und er zwinkerte mir erneut zu. "Das würde mir sogar noch besser gefallen, als dich in meiner Kleidung zu sehen." Ich glaube ich höre nicht richtig. Empört atmete ich die angehaltene Luft wieder aus.
"Was siehst du mich so an, Amore? Die Entscheidung liegt bei dir"
Ich merkte wie mich die Müdigkeit überkam und ich keinerlei Kraft mehr hatte, um diese Diskussion fortzuführen.
Ich werde ganz sicher nicht nackt schlafen und bestimmt nicht, wenn er im selben Zimmer ist, also nahm ich das Shirt vom Boden und ging ohne ein Wort zu verlieren die Treppe runter.

Es sieht so aus als müsste ich meinen Plan von vorhin in die Tat umsetzten. Dante war entgegen meiner Hoffnung früher nach Hause gekommen und es war immer noch unsere Hochzeitsnacht. Ich ging mit schnellen Schritten ins Badezimmer und schloss mich dort ein. Am Besten ich schlage die Zeit tot, bis er eingeschlafen ist.
Ich schätze mal, dass er mich im wachen Zustand nicht auf der Couch schlafen lässt und ich habe nicht vor die Nacht neben ihm zu verbringen.

Ich ließ mir ein heißes Bad ein und verfeinerte es mit einem Badesalz, welches ich im Schrank neben den Handtüchern finden konnte. Ich legte mich ins warme Wasser und schloss die Augen.
Mein Körper entspannte sich langsam und meine Gedanken hörten endlich, zum ersten Mal an diesem Tag, auf zu rasen.
Ich blieb so lange liegen, bis das Wasser zu kalt war und ich aufstehen musste.
Es war mittlerweile eine halbe Stunde vergangen. Ich hoffte, dass das genug Zeit war, damit Dante einschlafen konnte.

Ich trocknete mich ab und pflegte danach meine Haare zu Ende. Nachdem ich sie geflochten und mir das Shirt von Dante angezogen hatte, öffnete ich leise die Badezimmertür. Das T-Shirt war groß genug um meine Beine bis zur Mitte der Oberschenkel zu bedecken, weshalb ich mich nicht ganz so unwohl fühlte. Bücken würde ich mich darin aber trotzdem nicht.

Der Raum war dunkel und ich konnte nichts hören.
Leise versuchte ich mich im Zimmer zurecht zu finden und meinen Weg zum Sofa auszumachen.
Plötzlich stieß ich mit etwas hartem zusammen. Ich zischte schmerzhaft auf und fasst an mein Schienbein. Verdammt, gegen was bin ich gelaufen?

Eine Sekunde später ging ein kleines Licht an und ich sah Dante aufrecht im Bett sitzen. Das Licht kam von seiner Nachtischlampe. Er besetzte die linke Seite des Bettes und sah mich verwirrt an.
"Was genau sollte das werden?", fragte er mich nun belustigt.
Eine unüberlegte Flucht, hätte ich am Liebsten geantwortet, aber ich stand immer noch wie erstarrt da.
Hatte er etwa auf mich gewartet? Verdammt, jetzt hab ich umsonst so viel Zeit tot geschlagen.
"Wieso tapst du hier im Dunkeln durch die Gegend?" Wenn er nur wüsste wie wahr seine Worte doch sind. Genau das ist es was ich seit der Ankunft hier tue, ich tape im Dunkeln.
Was ihn angeht, was seine Brüder angeht und vor allem was dieses seltsame Sucherergebnis angeht, tape ich im Dunkeln.

"Ich wollte dich nicht wecken." Meine Ausreden werden immer besser, so langsam erhalte ich meine übliche Fähigkeit im Lügen zurück.

"Worauf wartest du? Lass uns schlafen gehen, es ist schon spät und wir müssen morgen früh los."
Gott wie komme ich jetzt da raus?
Ich bewegte mich keinen Zentimeter. Dante muss mein Zweifeln gemerkt haben, denn er fügte noch hinzu "Schlafen! Ich bin ziemlich kaputt, außer natürlich du hast einen anderen Plan, dann lass ich mich gerne überreden."
Idiot! Er denkt wirklich, dass ich mit ihm schlafen möchte. Liegt bestimmt daran, dass unser Goldjunge noch nie das Wort nein gehört hat. Aber keine Sorge, ich werde es ihm schon noch beibringen.
Unsicher ging ich zur rechten Seite des Bettes und warf die Decke zurück. Leider hatten wir nur eine.
Schnell kletterte ich unter sie und kuschelte mich, so weit wie möglich von ihm weg, in mein Kissen.
Ich schloss die Augen und auch wenn mein Körper immer noch wegen ihm angespannt war, driftete ich immer mehr in den Schlaf.
Plötzlich spürte ich eine Hand an meiner Taille, welche mich zurück zog. Ich war aber bereits zu tief in der Traumwelt, um mich dagegen zu wehren.
"Buona notte, Amore" (Gute Nacht, meine Liebe) war alles was ich hörte, bevor ich endgültig einschlief.

Ace of HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt