Anastasia
Als ich aufwachte war das Bett neben mir bereits leer, wie schon in den Tagen zuvor. Auch im Zimmer war nichts von Dante zu sehen, aber ich wusste genau wohin er gegangen war. Seit drei Tagen stand er bereits mitten in der Nacht auf und ging in sein Büro, wo er Stunden damit verbrachte aus dem Fenster zu sehen. Er dachte ich bemerke nicht, wie er sich jede Nacht im Bett hin und her wälzte und trotzdem nicht mehr als ein paar Stunden schlief. Ich versuchte für ihn da zu sein, ihm Trost zu spenden, auch wenn er mit mir noch kein Wort über die Zeit im Bunker gesprochen hatte, mit keinem von uns. Er redete allgemein nicht viel, nur um seiner Mutter und mir zu sagen, dass es ihm gut gehe, oder um Luca anzuschreien, da dieser immer noch nicht die gewünschte Information gefunden hatte.
Ich wusste nicht wonach Dante sucht, aber es stand hundertprozentig in Zusammenhang mit Pablos Tod. Ich hoffte nur, seine Ermittlungen würden ihm dabei helfen abzuschließen, auch wenn ich wusste, dass es nicht ausreichte. Der Verlust seines Cape hattte ein so großes Loch hinterlassen, welches wohl ein Leben lang heilen würde.
Wenn ich ihm doch nur den Schmerz nehmen könnte. Ein Heilmittel kennen würde, um den Druck von seiner Seele zunehmen, doch ich lebte selbst mit diesem Gefühl, welches einem die Lungen abschnürte. Wenn ich mir nicht selber helfen konnte über den Tod meiner Mutter hinweg zu kommen, wie sollte ich ihm dann helfen.Ich stieg aus dem Bett und griff nach meinem Morgenmantel, um mir diesen überzuwerfen und das Zimmer zu verlassen. Leise öffnete ich die Tür zu seinem Büro und fand ihn, wie bereits vermutet, vor dem Fenster stehend.
Ich stellte mich hinter ihn, schlang meine Arme um seine Taille und lehnte mein Gesicht gegen seinen harten Rücken. Er erwiderte diese Geste, indem er seine Hände auf meine legte.
Seit er wieder da waren hatte ich das dringende Bedürfnis in seiner Nähe zu sein und ihn festzuhalten. Einerseits weil ich mir einbildete, dass ihm das helfen könnte mit der Situation fertig zu werden, aber eigentlich weil ich schreckliche Angst hatte, er könnte wieder verschwinden. Jedes Mal wenn meine Haut seine berührte wusste ich, dass er wirklich hier war, dass wir ihn wirklich rausgeholt hatten, auch wenn er einen Teil von sich dort gelassen hatte.Die Sonne war bereits aufgegangen und wir standen einfach so da. Er sagte kein Wort und auch ich verlor keine Silbe. Das einzige was uns helfen könnte war Zeit, denn so kitschig es auch klang, aber nur sie kann den Schmerz betäuben, so weit, dass er irgendwann wieder eine Nacht durchschlief. Ich kannte das Gefühl von Albträumen, welche einen Nachts überfielen und in eine Dunkelheit zerrten, aus der man nicht mehr raus kam. Ich würde nicht zulassen, dass er durch die selbe Folter gehen würde, wie ich.
"Ich werde mal sehen, ob Luca wieder da ist." Mit diesen Worten befreite er sich aus meiner Umarmung und ging aus dem Zimmer. Ich verurteilte ihn nicht dafür, dass er es vorzog zu fliehen, anstatt mit mir über seine Gefühle zu sprechen, denn ich kann ihn verstehen. Also ließ ich ihn gehen und ging zu seinem Tisch rüber.
Die Geschäfte der Mafia stapelten sich und da weder Sergio nach Luca Zeit dafür hatten und auch Dante sich im Augenblick mit anderen Dingen beschäftigte, hatte ich angefangen etwas Ordnung reinzubringen.
Ich suchte die dringenden Angelegenheiten heraus und vereinbarte mit den Geschäftspartnern eine Terminverlegung oder bat um eine Fristverlängerung. Die meisten waren bereits langjährige Partner der Martinellis und wussten über unserer Situation bescheid, weshalb sie sofort zustimmt einige Tage oder Wochen zu warten, doch zwei beharrten auf ihre pünktliche Lieferungen, welche ich nach Absprache mit Sergio auch, mit Hilfe von Vlad und Marco, durchführte.
Da ich den entscheidenden Schlüssel für Dantes Rückkehr geliefert hatte war Sergio mir gegenüber nicht mehr misstrauisch, er hatte sich bei mir sogar für sein Verhalten entschuldigt. Ganz im Gegensatz zu Lorenzo, welcher mir gegenüber nur noch voreingenommener war. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich diejenige war, die es geschafft hatte an die gesuchte Information über Dantes und Pablos Aufenthaltsortes zu kommen und nicht er, aber seine ständigen Blicke verrieten mir, dass die Sache zwischen mir und ihm noch nicht vorbei war.
Doch er war gerade mein kleinstes Problem.Nachdem ich die Akten auf Dantes Tisch sortiert hatte, sah ich auf die Uhr. Noch eine Stunde bis wir zur Beerdigung aufbrechen würden.
Ich machte mich auf den Weg in unser Schlafzimmer, als Vlad mir im Flur entgegen kam. Nachdem wir Dante gerettet hatten bat ich ihn noch etwas in Italien zu bleiben und mir bei den Geschäften zu helfen. Luca und Dante hatten ihre eigene geheime Mission und Lorenzo und die Zwillinge halfen ihnen dabei, sodass nur noch Marco und ich für die täglichen Geschäfte übrig blieben. Zu meinem Glück willigte er ein an meiner Seite zu bleiben, bis die Situation sich wieder beruhigen würde.
"Ich denke es ist besser, wenn ich nicht zur Beerdigung gehe." platzte er so gleich mit der Tür ins Haus.
"Was wieso?" Vlad sah mich mit seinem Ist-das-dein-ernst-Blick an. "Ich will niemandem zu nahe treten." verteidigte er seine Absicht, doch bevor ich etwas erwidern konnte sprach eine Stimme hinter mir.
"Mein Bruder würde sich freuen." blitzschnell drehte ich mich um und sah Laura und Chiara ganz in schwarz gekleidet hinter uns stehen. Die Augen der beiden waren knall rot und tiefe Augenringe zierten ihre feinen Gesichtszüge. Vlad senkte respektvoll seinen Kopf und trat einen Schritt zur Seite.
Ich ging auf die beiden zu und nahm Laura in den Arm. Ich hatte sie seit dem Tag an dem wir von Bunker zurück kamen und die Leiche von ihrem Bruder nach Hause brachten nicht mehr gesehen. Ein Schluchzen entfloh ihrer Kehle und sie vergrub ihren Kopf in meiner Halsbeuge. Ich drückte sie fester, denn das war alles was ich ihr geben konnte. Keine Worte wären bedeutender gewesen, als eine Geste des Beistandes. Nach einiger Zeit trennte wir uns und sie sah wieder zu Vlad rüber. Immer noch mit Tränen in den Augen ging sie einige Schritte auf ihn zu. Chiara stellte sich neben mich und wir beobachteten die beiden.
"Mein Brud.." Lauras Stimme brach und sie musste einen tiefen Atemzug nehmen um sich wieder zu finden.
"....Wenn er jetzt hier wäre, dann wüsste er was zu sagen ist. Er hätte die richtigen Worte gefunden, um den Menschen ihren Schmerz zu nehmen und er hätte dir gesagt, dass es nicht respektlos ist, oder du jemandem zu nahe tritts, sondern, dass die Person sich geehrt fühlen würde, wenn du ihr die letzte Ehre erweist."
Stille Tränen liefen über meine Wange. Ich kannte Pablo nicht gut genug um ihre Worte zu unterstützen, aber ich war mir sicher, dass sie ihm sehr ähnlich war.
Vlad nickte und nahm Lauras Hand, welche sie ihm entgegen hielt. "Es wäre mir eine Ehre einen so starken Mann und großen Bruder zu seiner Ruhestätte zu begleiten."Danach verabschiedeten wir uns und ich ging schnell in unser Zimmer um mich umzuziehen. Dante stand bereits in einem schwarzen Anzug im Ankleidezimmer, mit dem Rücken in meine Richtung und hantierte an seiner Krawatte herum. Er war so in Gedanken, dass er meine Anwesenheit noch nicht bemerkt hatte.
"Verdammte Scheiße!"
Plötzlich zog er die Krawatte von seinem Hals und schmiss sie achtlos in die Ecke. Mit leisen Schritten zog ich eine andere Krawatte von einem Bügel in seinem Schrank und ging zu ihm rüber.
"Lass mich." Mein erscheinen ließ ihn kurz zusammen zucken, hielt mich aber nicht auf. Ich legte ihm die Krawatte um und band einen einfachen Knoten. Dante beobachtete mich dabei, sagte aber kein Wort. Als ich fertig war glättete ich sie einmal und legte den Kragen seines Hemdes um, bevor ich in seine Augen sah. Das so schöne blau, welches mich sonst immer an den Meereshimmel erinnerte, färbte sich zu einem grau wie der Himmel kurz vor einem Sturm. Nicht nur seine Augen verrieten seine Anspannung, auch sein ganzer Körper stand wie unter Strom.Bevor ich etwas sagen konnte löste er meine Hände von seiner Krawatte und ging an mir vorbei. "Ich warte unten auf dich." Danach hörte ich, wie sich die Zimmertür schloss.
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Ace of Hearts
ChickLitBand I -Eine Welt mit ihren Regeln- Zwei Mafiafamilien, welche um die Vorherrschaft kämpfen. Ein kalter Krieg, welcher in nur einer Sekunde zu einem heißen werden könnte, es sei denn, man findet eine Lösung. Eine die zwei Familien an einander binde...