Kapitel XCVII

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Als ich meine Augen öffnete, lag ich auf Dantes Brust. Seine Atmung war ruhig und regelmäßig, also hob ich vorsichtig meinen Kopf.
Ich sah seine geschossenen Augen und auch seine Gesichtszüge waren entspannt. Die Traumwelt hielt in fest in ihren Fängen, also befreite ich mich langsam von seinen Armen, welche eng um mich geschlossen waren.
Grade als ich mich aufrichten wollte, warf er einen Arm wieder über meine Hüften und schmiss mich auf die andere Bettseite, während er sich auf mich legte.
"Wo willst du hin?" Fragte er mit verschlafender Stimme und ich spürte sein Gewicht auf meiner Brust. Er hatte immer noch die Augen geschlossen, aber es sah nicht so aus, als würde er mich kampflos frei geben.
"Ich muss ins Bad", versuchte ich ihm meine Notlage zu erklären, doch mein Mann bewegte sich keinen Zentimeter von mir weg.
"Dante, du drückst genau auf meine Schwachpunkte." Ich rutschte unter ihm hin und her, aber kam meiner Flucht nicht einen Schritten näher.
"Vor ein paar Stunden hat dir das noch gefallen", gab er mit einem verdorbenem Grinsen von sich. Meine Gedanken schweiften zurück zu den letzten Stunden. Ich konnte die Spuren seiner Hände immer noch auf der Haut meines Hinterteils spüren.
"Die Stelle tun immer noch etwas weh", erklärte ich ihm, lachte dabei aber, da ich wusste, dass er die Lüge in meiner Stimme raushören konnte. Ich fühlte keine Schmerz, wenn die Stellen mit dem Lacken in Berührung kamen, sondern ein Gefühl von Erregung. "Das war dann und jetzt ist jetzt."
Bevor die Hitze in mir wieder aufsteigen konnte, umfasst ich Dantes Gesicht mit beiden Händen und hob seinen Kopf von meiner Brust.
"Ich muss wirklich dringend, Liebling." Diesmal versuchte ich es mit einer anderen Strategie und gab die bittende Ehefrau, mit Erfolg. Dante rollte von mir runter, sah mich aber immer noch mit einem hämischen Grinsen an, denn wir wussten beide, dass obwohl ich bekam was ich wollte, er gewonnen hatte.
Ich griff auf den Boden nach seinem Hemd und warf es mir über, bevor ich in das angrenzende Badezimmer ging, um meine Angelegenheiten zu erledigen.

Als ich zurück ins Schlafzimmer kam, saß Dante bereits aufrecht im Bett und sah konzentriert auf sein Handy.
"Wir landen in dreißig Minuten, wir sollten uns anziehen," klärte er mich auf und ich folgte seinen Worten und sammelte, immer noch mit seinem Hemd bekleidet, meine Sachen von dem Boden auf. Auch Dante stand auf und zog seine Hose an, bevor er mich abwartend ansah. Er stand auf der anderen Seite des Raumes, oberkörperfrei und musterte mich. Seine Bauchmuskeln zeigten sich in in all ihrer Pracht und ich legte den Kopf schief, um einen besser Blick darauf zu bekommen. Meine Augen wanderten seinen Körper hoch und trafen seine.
"Was? Brauchst du etwas?" Fragte ich mit einem deutlichen Unterton und hob provozierend eine Augenbraue.
Mit langsamen Schritten kam er auf mich zu und umfasste meine Hüften, um mich fest an sich zu ziehen. Unsere Körper prallten auf einander und ich spürte wie seine Hände meinen Rücken hinauf wanderten. Seine Lippen kamen meinen immer näher, doch in letzter Sekunde änderte er die Richtung und pustete mir sanft gegen die Ohrmuschel. Eine Gänsehaut zierte meinen Nacken und ich zuckte leicht zusammen. Ich schloss die Augen und legte meinen Kopf in den Nacken.
"Meinetwegen kann ich auch so gehen, ich hab kein Problem damit," flüsterte er mir spielerisch in Ohr. Ich riss die Augen auf und ging einen Schritt zurück. Mit flacher Hand schlug ich ihm gegen die Brust.
"Das hättest du wohl gerne."
Schnell öffnete ich die paar geschlossenen Knöpfe seines Hemdes auf und streifte mir sein Hemd ab. Natürlich würde ihm das passen hier so rumzulaufen. Es reicht ja nicht, dass die notgeile Stewardess so schon auf ihn fliegt, jetzt will er auch noch halb nackt vor ihrer Nase rumlaufen.
"Hier", ich warf ihm das Hemd zu und beobachtete ihn dabei, wie es sich mit einem Grinsen auf dem Gesicht anzog.

Nachdem er fertig war, reichte auch er mir mein Oberteil und als wir komplett angezogen waren, gingen wir wieder zurück zu dem Sitzplätzen.
Die neun Stunden Flug gingen viel zu schnell vorbei und die Anspannung, welche am Anfang unserer Fahrt in mir war, baute sich nun wieder auf.
Ich wusste immer noch nicht, was mich bei unserer Ankunft erwarten wird und wie ich damit umgehen soll.
Seit dem Telefonat mit meinem Vater, bei dem er mich offizielle aus der Familie entfernt hatte, habe ich weder mit ihm noch mit einem anderem Petrov geredet.
Ich hab es nicht einmal geschafft mit Ivan zu sprechen, auch wenn ich wusste, dass er die wahren Umstände kannte.
Ich war so tief in Gedanken, dass ich die billige Blondine erst dann bemerkte, als sie vor uns stand, doch ihr Auftreten war diesmal anders. Sie hielt ihren Kopf gesenkt und sah wieder mir noch Dante ins Gesicht.
"Das Flugzeug setzt zur Landung an. Wir bitten sie auf den Plätzten zu bleiben." Sobald sie den letzten Buchstaben ausgesprochen hatte, drehte sie sich um und ging wieder dahin zurück, woher sie gekommen war.
"Was war das denn?" Fragte ich meinen Mann mit zusammengezogenen Augenbraun.
Dante beugte sich etwas zu mir runter, sodass er leise in mein Ohr flüstern konnte. "Ich schätze sie hat gehört, was sie hören musste."
Seine kryptische Erklärung ließ das Fragezeichen auf meiner Stirn nur noch größer werden, bis ich plötzlich erschrocken die Augen aufriss. Oh Gott, jetzt verstehe ich, was sie seiner Meinung nach gehört haben muss. Mein Gesicht färbte sich bei dem Gedanken daran tief rot und ich spürte die Hitze an meinen Wangen, versuchte aber entspannt und gelassen auszusehen.
"Amore, du wirst ja ganz rot," lachte er mich plötzlich mit kehliger Stimme aus. Ich sah einfach grade aus, spannte mich aber noch mehr an. Natürlich musste er darauf hinweisen, dass man uns gehört hatte.
"Was genau stört dich, mia cara? Die Tatsache, dass irgendeine ex beliebige Frau dich beim Sex stöhnen gehört hat, oder das ich es angesprochen hab? Ich dachte du würdest mit erhobenem Haupt aus dem Zimmer gehen, weil du dein Revier markiert hast." Seine Stimme unterdrückte immer noch ein Lachen.
Entsetzt sah ich ihn an. Ich hab es mir nicht einmal erlaubt in Gedanken auszusprechen, was zu hören war und er spricht es laut aus. Ich atmete einmal tief aus, um ihm nicht den Kopf abzureißen. Was ist aus der Sache geworden, dass ein Gentleman genießt und schweigt?
Momentmal, hatte er grade wirklich Revier markieren gesagt? Als ob ich so etwas nötig habe!
Wenn es möglich wäre, dann würde jetzt Rauch aus meinen Ohren kommen, so sauer war ich.
"Ich hab mein Revier nicht markiert!" sagte ich ernst und auch Dantes Gesichtsausdruck änderte sich.
"Amore, sei froh, dass kein Mann in unserer Reichweite war, der dein schönes Stöhnen hören konnte, ansonsten hätte ich ihm schon die Seele genommen!" Nun war seine Stimme strenger und ich konnte die Warnung daraus hören. Wie elegant er doch das Thema weglenkt, unglaublich.
"Du musst dein Revier auch nicht markieren, tesoro. Ich bin und bleibe nur dein, genauso wie du immer mein sein wirst!" Um seine Worte zu unterstreichen, legte er seinen Arm um meine Schultern und zog mich an sich. Seine Lippen drückten mir einen langen Kuss auf die Schläfe und die Wut war wie weg. Er schaffte es immer wieder mich bis zur Weißglut zu reizen und dann, mit einer einfachen Geste, dieses Feuer zu löschen.
Ich legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab und wir verharrten in dieser Position, bis das Flugzeug gelandet war.

Die Flugzeugtür öffnete sich und ich sah nach draußen. Ein warmer Windstoß kam mir entgegen und wehte mein Haar nach hinten. Zwei schwarze Geländewagen warteten bereits auf uns.
Als ich die Stufen herunterstieg, stoppte ich bei der letzten, bevor ich russischen Boden betreten konnte. Ich nahm einen tiefen Atemzug. Es ist war, was man über die Luft sagt, sie ist an jedem Ort anders.
Dante ging hinter mir, hielt aber nicht an, sondern überholte mich, nahm meine Hand und zog mich die letzte Stufe runter.
Zwei Männer kamen auf uns zu und ich erkannte sie als Ivans Bodyguards wieder.
Sie nahmen unser Gepäck und brachte es zu einem der Autos.
Grade als die den Kofferraum öffneten, ging die Autotür des anderen Wagens auf.

Mein Puls beschleunigte sich und auch meine Atmung wurde schneller. Dante muss es bemerkt haben, denn er drückte meine Hand, welche immer noch in seiner lag.
Plötzlich sah ich das Gesicht, welches ich seit Monaten so vermisst hatte. Keine Angst und keine Zweifel beherrschten meine Gedanken mehr, nur das Verlangen ihn fest in meine Arme zu schließen.
Ich ließ die Hand meines Mannes los und rannte auf Ivan zu. Hinter ihm stieg auch Isabella aus, doch meine ganze Aufmerksamkeit gehörte meinem Bruder.
Ich sprang in sine Arme und vergrub mein Gesicht an seiner Brust.
Ivan drückte mich ganz eng an sich und ich atmete seinen Duft ein. Er trug immer noch das selbe Parfum, wie all die Jahre und dieser Geruch war mit unzähligen Erinnerungen verbunden.
"Willkommen Zuhause, Schwester" erklang seine Stimme in meinem Ohr. Er hatte es mit einer solchen Freude gesagt, dass ich mich nicht dazu durchringen konnte ihn zu korrigieren, denn mein Zuhause war dieser Ort mit Sicherheit nicht mehr.
"Danke, Brat." (Bruder)
Wir lösten uns voneinander und sahen zu Dante und Isabella, welche ihre Umarmung ebenfalls gerade beendet hatte.
Arm in Arm kamen sie zu uns rüber.
"Petrov", Dante nickte Ivan zu und umfasst mit einer Hand meine Taille.
"Martinelli", kam es von meinem Bruder, welche Dantes Geste wiederholte.
"Was war das denn? Guckt zu und lernt, wie man sich richtig begrüßt", tadelte Isabella die beiden und zog mich in ihre Arme. Wir beide fingen an zu lachen und wiegten uns leicht in der Umarmung hin und her.
"Ich bin so froh, dass ihr da seit, " gestand sie, während sie leicht über meinen Arm strich.
"Ich freue mich auch euch zu sehen."
Als wir in die verwirrten Gesichter der beiden sahen, mussten wir wieder anfangen zu lachen.

Nachdem wir mit der Begrüßung fertig waren, setzten wir uns in die Autos und fuhren in die Innenstadt. Ivan hatte in einem der Restaurants seines Freundes einen Tisch im privatem Bereich reserviert. Auch wenn es schon früh am Abend war, reichten die Temperaturen draußen noch aus, um auf der Dachterrasse des Restaurants platz zu nehmen.
Ich und Isabella tranken Cocktails und unterhielten uns über alle möglichen Dinge, während unsere Männer den neuen Vertrag durchgingen.
Ab und zu schwenkte meinen Blick zu Danke und Ivan rüber, aber die Aufmerksamkeit der beiden war konzentriert auf die Papiere gerichtet.
"Wo war ich stehen geblieben? Ah ja genau. Also wir waren also an diesem Stand. Ivan führte mich am Meer entlang und die Wellen tanzten wunderschön im Mondlicht. Der Himmel war voll mit Millionen Sternen und ich schwöre dir, ich hab noch nie so etwas schönes gesehen. Natürlich hab ich bereits früher am Meer den Sternenhimmel beobachtet, aber diesmal war es etwas anderes. Es war magisch, weißt du?" ratterte Isabella ihre Erzählung runter und ich war erstaunt, dass sie nicht einmal Luft holen musste.
"Wir gingen also am Meer entlang. Der Sand an unseren Füßen war kühl und weich. Und am Ende des Weges stand ein Tisch mit vielen Kerzen und Fackeln. Du glaubst nicht wie schön das aussah. Warte ich hab bestimmt irgendwo noch Bilder." Sie holte ihr Handy raus und suchte nach den Fotos. Ich jedoch starrte meinen Bruder ungläubig an. Isabellas Erzählung von ihrem letzten Date passten so gar nicht zu dem Mann, welchen ich zurück gelassen hatte. Natürlich hatte ich schon auf Cape mitbekommen, dass er sich veränderte, aber das war ein neues Stadium.

Als die Sache mit den Dokumenten erledigt war verabredeten wir uns mit Ivan und Isabella zum Frühstücken und teilten uns auf. Mein Bruder und seine Frau fuhren zurück zum Anwesen der Petrovs und wir gingen zum Auto, welches uns für die Zeit hier von Ivan zur Verfügung gestellt wurde.
"Warte kurz." Ich hielt Dante am Arm fest, bevor er in den Wagen einsteigen konnte.
Er sah mich fragend an und zog seine Augenbraun wartend zusammen.
"Bevor wir ins Hotel fahren, möchte ich noch kurz zu Mama" beichtete ich ihm und senkte leicht den Kopf. Ich war seit Monaten nicht mehr bei ihr gewesen und dieser Besuch war mehr als nur überfällig.
Dante nickte und so fuhr er uns, unter meinen Anweisungen, zum Friedhof.
Der Tag neigte sich dem Ende zu und die Dämmerung erfüllte bereits die Umgebung.
Hand in Hand gingen wir den langen Weg entlang zu ihrem Grabstein.
Als wir vor ihrem Namen ankommen stoppte ich und ließ seine Hand los. Ich starrte auf dem Stein, welcher ihr Leben in ein paar Worten zusammen fasste.
Liebende Mutter, Ehefrau und Tochter.
Das war alles, drei Bezeichnungen.

Ich kniete mich hin und entfernte einige Blätter von ihrer Grabplatte.
"Hallo Mama. Ich weiß, dass ich schon länger nicht mehr hier war und dafür bitte ich um Verzeihung. Mein Leben hat sich ziemlich verändert, aber mach dir keine Sorgen, es ist alles gut. Sehr gut sogar."
Ich drehte mich zu Dante um, welcher seine Hände vor seinem Körper verschränkt hatte.
"Hier ist jemand, den ich dir vorstellen möchte. Ich wünschte, du hättest ihn früher kennen lernen könne. Zu einer Zeit, in der ich dich anrufen konnte und mit dir meine Gedanken und Geheimnisse teilte. Ich hätte dir sowas gesagt wie, Mama kannst du dir vorstellen was er wieder getan hat, oder wie sehr ich ihn doch liebe."
Nach diesen Worten sah ich wieder zu meinem Mann, der mich leicht anlächelte und mit seinen Lippen, te amo, formte.
Mein Blick wanderte wieder nach vorne und ich sprach weiter.
"Denn genau das tue ich Mama. Ich liebe meinen Mann, jede Seite von ihm." Meine Finger streiften über ihren Grabstein und Tränen flossen meine Wangen herunter.

Gerade als ich aufstehen wollte bemerkte ich etwas hinter einer Kerze. Sie stand links von dem Grabstein und leichtete auf etwas kleines.
"Was ist das?" Ich beugte mich weiter rüber und griff danach.
In meiner Hand war ein zusammengefalteter Zettel und ich drehte mich mit ihm zu Dante um.
Auch er schien verwirrt zu sein. Ohne etwas zu sagen nahm er es mir aus der Hand.
Er klappte den Zettel auf und seine Augen flogen über das Papier.
"Was? Was steht da?"
Endlich hob er seinen Blick und guckte mir in die Augen.



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