Kapitel LXXXVIII

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Als ich am Morgen aufwachte, lag ich eingekuschelt in Dantes Armen. Das wir gestern ungeschützten Sex hatten kam mir wieder in den Sinn. Ich hatte mich ihm hingegeben und auch wenn ich meine Meinung bezüglich der Verhütung immer noch nicht geändert hatte, so bereute ich die letzte Nacht dennoch nicht.
Es war unglaublich und einfach nur magisch, genau das was wir nach langer Zeit gebraucht haben.
"Guten Morgen, Amore." Dante küsste meinen Nacken und ich umfasste seine Arme, welche mich von hintern umschlossen.

"Guten Morgen, Liebling." Er drehte mich in seinen Armen um und baute sich über mir auf. "Liebling?" lachte er und küsste meinen Hals.
"Ich dachte ich probiere mal ein paar Namen aus. Du gibst mir doch auch ständig Kosenamen." Verteidigte ich mich. Er hörte auf mich zu küssen und sah mir in die Augen.
Ein Lächeln zierte seine Lippen und mein Herz schlug bei seinem Anblick höher.
"Du darfst mich nennen wie du möchtest." Diese Worte sprach er gegen meine Lippen, bevor er seine mit meinen vereinte.
Leidenschaftlich tanzten sie im Einklang und verschafften mir eine Gänsehaut. Sein warmer Atmen traf meine Haut, als wir uns luftringend von einander lösten.
"Gut zu wissen, Bärchen." Ärgerte ich ihn und wackelte mit den Augenbrauen. Ein kehliges Lachen ertönte aus seinem Mund und auch ich fing an zu lachen.
"Okay so lieber nicht, Amore. Ansonsten muss ich die Bestrafung von gestern Nacht wiederholen." Dabei drehte er uns um, sodass ich nun auf ihm lag und er problemlos seine Hand in meinen Hintern legen konnte. Anders als gestern schlug er jedoch nicht drauf, sondern fuhr behutsam über meine Haut.

Ich legte meinen Kopf auf seine Brust und lauschte seinem Herzschlag. Einige Zeit blieben wir in dieser Position liegen, sprachen nicht, sondern genossen einfach den Moment nur zu zweit, bis wir von einem Klingeln aus unserer schönen Trance gerissen wurden. "Entschuldige." Dante richtete sich auf und ich rutschte von ihm runter. Mit dem Handy in der Hand und nur einer Boxershorts bekleidet verschwand er im Bad.

Ich ließ mich wieder in die Kissen fallen und sah zur Decke. Meine Gedanken schweiften wieder zur letzten Nacht zurück. Ich sah sie förmlich vor mir, wie er mich berührte und mich die ganze Nacht über geliebt hatte. Mir wurde bewusst, wie sehr ich seine Nähe vermisst hatte und auch wenn es immer noch unzählige Dinge gab, die wir klären mussten, wollte ich diese Distanz zwischen uns nicht mehr zulassen.

Nach ein paar Minuten kam Dante mit schnellen Schritten aus dem Badezimmer gestürmt und lief nach oben ins Ankleidezimmer.
Ich setzte mich auf, blieb aber weiter im Bett und legte die Decke über mich.
In Anzughose und Hemd lief er die Stufen wieder runter und kam zu mir rüber.
"Du musst heute ohne mich frühstücken, Amore. Ich bin in ein paar Stunden wieder da."
Ein Abschiedskuss traf meine Lippen, doch bevor er gehen konnte hielt ich ihm am Arm fest.
"Wo muss du denn so früh hin?"
Ich wollte ihn noch nicht gehen lassen. Sobald wir dieses Zimmer verlassen, wird uns die Realität wieder einholen und die Seifenblase, in welcher wir die letzten Stunden verbrachten haben, wird zerplatzen.
"Luca und Lorenzo haben was neues rausgefunden bezüglich des Verräters, dann muss ich noch mit deinem russischen Freund über die SIC Sache reden und Ivan muss ich auch noch kontaktieren wegen den Sicherungsunterlagen."
Bei der Erwähnung von Ivans Namen lief es mir kalt den Rücken runter. Das ein Name, welchen ich früher jeden Tag gehört und gesagt habe, die Stimmung so schnell ändern konnte, hätte ich mir nie vorstellen können.

Ich verdrängte die Gedanken an meinen Bruder und blendete den Schmerz aus, den sein Name tief in mir verursachte.
"Verräter?" Seine Worte kamen mir wieder in den Sinn, meinte er den Informanten?
Meine Tonlage war fragend, aber ich hatte schonmal davon gehört.
Hiroto sprach von einem Informanten. Genau so schnell wie der Gedanke aufkam, so schnell schloss ich sie auch wieder weg.
Ich weiß nichts darüber. Ich weiß nichts darüber. Ich weiß nichts darüber.
Immer wieder sagte ich diesen Satz laut in meinem Kopf. Ich darf nicht daran denken, ich hatte es mir versprochen. Dante riss mich aus meinen Gedanken und ich sah ihm wieder ins Gesicht.

"Ich hatte noch keine Gelegenheit dir davon erzählen. Ich vermute, dass es einen Verräter in unsere Reihen gibt. Die Japaner wären ohne Hilfe niemals an die Information gekommen, dass wir Geschäfte mit den Chinesen vorbereiten. Geschweige denn dass wir zur Lagerhalle fahren und wo sie ist."
Der Informant war also unter uns, in dieser Mafia. Ist er auch derjenige, der mir diese Nachrichten zu kommen ließ? Wenn er hier in der Nähe war, dann wusste er auch wo ich und Dante während der Flitterwochen waren. Er hätte mir die Nachricht problemlos im Café zustecken können. Auch eine Email zu versenden stellt keine große Hürde da, wenn man meine Adresse hat. Oder aber ich verrenne mich in absurden Theorien und Issac Daly steckt dahinter und mit seinem Tod bricht auch die Verbindung dahingegen ab.

"Was wirst du heute machen?" Er ging zur seiner Seite des Bettes und nahm sein Handy vom Nachttisch.
"Ich glaube ich werde etwas lesen und mir die Zeit vertreiben, bis du wieder da bist." Mein Blick fiel auf meine große Handtasche, welche neben dem Sofa auf dem Boden stand, oder besser gesagt, auf den Laptop dadrinnen. Sobald sich ein Problem gelöst hatte, trat wieder das nächste in den Vordergrund. Seit meinem Ohnmachtsanfall hatte ich den Laptop nicht wieder herausgeholt, geschweige denn habe ich die Email nochmal aufgerufen.

"Gut Amore. Bediene dich an meiner Bibliothek, bis später." Ein kurzer Kuss auf meinem Scheitel und er war weg. Ich wartete noch einige Minuten, bevor ich aufstand und mir was lockeres anzog. In Jogginghose und einem T-Shirt von Dante bekleidet ging ich zur Tasche und nahm sie vom Boden. Ich stellte sie auf den Tisch ab und nahm meinen Laptop heraus. Jetzt oder nie, bevor mich der Mut wieder verlässt. Ich setzte mich auf den Stuhl und blickte ihn stumpf an.
Auch das ständige durchatmen reichte nicht aus, um meinen Puls zu beruhigen.
Ich klappte ihn auf und ließ meine Finger über die Tastatur gleiten. Das Gefühl, ich könnte es bereuen mir diese Audiodateien anzuhören, stieg immer weiter in mir an, doch ich ignorierte es und öffnete meine Emails.
Ich scrollte runter und stoppte bei dem gesuchten Betreff. Der Todestag meiner Mutter. Ich führte die Mouse auf die besagte Email und gerade als ich draufklicken wollte, ertönte ein Klopfen an der Zimmertür.

Ich zuckte erschrocken zusammen und legte meine Hand auf meine Brust. Mein rasender Herzschlag war deutlich spürbar und meine Atmung ging schnell und unbeständig. Verdammt, wieso war ich nur so schreckhaft? Was soll mir in unserem Schlafzimmer schon passieren?
Ich klappte den Laptop etwas runter, schloss ihn aber nicht, sondern verhinderte nur, dass man den Bildschirm sehen konnte.
Ich beruhigte mich schnell wieder und ging zur Tür.
"Guten Morgen, Seniora Martinelli. Senior Martinelli bat mich ihnen das Frühstück ins Zimmer zu bringen." Begrüßte mich Caroline mit einem Tablett in der Hand.
"Oh vielen Dank. Ich nehme das dann." Ich versuchte ihr das Essen abzunehmen, aber Caroline sträubte sich.
"Aber Seniora, das geht doch nicht. Ich stell ihnen das auf den Tisch."
Den Tisch? Lieber nicht!
"Nein das geht schon, wirklich." Ich zog ihr das Tablett von den Händen und schloss dann die Tür.
Ohne das Essen zu begutachten stellte ich es auf dem Tisch ab und setzte mich dann wieder vor den Laptop.
Eigentlich sollte ich das hier mit jemandem zusammen machen, mit jemandem dem ich vertraute, mit Vlad. Aber da er gleich ein wichtiges Gespräch mit Dante haben wird, werde ich das wohl alleine durchstehen müssen. Ich hätte natürlich Dante einweihen können, besonders wenn ich mich an das letzte Mal erinnere, als ich eine Nachricht vor ihm geheim gehalten hatte, aber ich konnte nicht. Das kommende betrifft den Tod meiner Mutter und auch wenn ich ihm grenzenlos vertraute, so sagte mir irgendwas, dass es hier nicht um ihn ging. Es war eine Sache der Petrovs, auch wenn ich keine mehr war.
Ich drückte auf die Email und sah die die Audiodateien. Es waren fünf Stück.
In meiner Tasche fühlte ich nach meinen Kopfhörern und wurde schnell fündig. Ich schloss sie an meinen Laptop an und steckte sie mir ins Ohr.
Okay jetzt war ich bereit, denk ich.

Ich drückte bei der ersten Datei auf Play und lauschte gespannt, in der Hoffnung, dass es nichts schlimmes sein würde.
Zunächst waren da nur seltsame Geräusche, wie ein Rauschen. Danach erklangen Stimmen, sie redeten alle durcheinander. Es waren so viele, dass ich kein Wort verstand.
Plötzlich hörte ich es. Ich erstarrte und mein Blut gefror.
Diese Stimme.

Ace of HeartsWhere stories live. Discover now