Kapitel LXIX

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Anastasia

Ein leises Wimmern weckte mich mitten in der Nacht auf. Nach dem Bad, hatte ich mich Bettfertig gemacht und es mir mit einem Buch unter der Bettdecke gemütlich gemacht. Während meine Augen die Kapitel überflogen, wartete ich gebannt auf die Rückkehr meines Mannes. Irgendwann wurden meine Augenlider schwer.
Ein erneutes Geräusch lenkte meine Aufmerksamkeit auf einen schlafenden Dante neben mir. Er muss wieder gekommen sein, als ich bereits tief schlief, denn ich hatte nicht gemerkt, wie er ins Bett gekommen war. Seine Stirn glänzte und sein Gesichtsausdruck war verkrampft, als würde ihn das schlafen enorm anstrengen. Er ließ den Kopf immer wieder nach rechts und links schwenken, als versuchte er etwas abzuschütteln. Seine Haare lagen ihm nass im Gesicht und auch sein Kissen war schweißgebadet. Wie jede Nacht versetzte mir sein Anblick ein Stich ins Herzen.
Auch wenn es naiv klingt, ich hatte so gehofft, dass ihm die Nähe zu mir heilen würde, dass er aufhören würde sich zu quälen.
Ich rückte näher an ihn heran und umfasste sein Gesicht mit meinen Händen. Meine Lippen trafen seine feuchte Stirn und ich atmete erleichtert aus, als ich kein Fieber erfühlen konnte.
Ein innerer Kampf aus zweifeln breitete sich in mir aus.
Sollte ich ihn wecken? Oder lass ich ihn wie die letzten Nächte weiter schlafen? Ich wollte ihn so sehr aus der Dunkelheit holen, welche ihm seinen Schlaf raubte, aber ich war keine Psychologin.
Im Traum verarbeitet unser Unterbewusstsein Ereignisse, oft auf seltsame oder verdrehte Art und Weise, aber manchmal auch, um sie zu verstehen.
Vielleicht war am Ende seines Traum etwas, dass er sehen musste. Etwas das ihm entgangen war und ihm dabei helfen würde abzuschließen.

Meine Entscheidung wurde mir abgenommen, denn Dante schreckte hoch und setzte sich aufrecht hin. Zuerst war er verwirrt und sah sich sekundenlang im Zimmer um, bevor sein Blick meinen fand. Er atmete erleichtert aus und zog mich in seine Arme.
"Babe, rede mit mir." Es war das erste Mal, dass ich einen Kosenamen verwendete und ich schätze, ich sollte noch etwas herumprobieren, bis ich mich für einen entschied.
Dante verspannte sich und verstärkte nur seinen Griff um meine Hüften. Er hatte mich auf seinen Schoß gezogen und vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge, als wäre ich sein Anker dieser Realität. Ich kannte dieses Gefühl und hatte es selbst unzählige Mal bei Ivan gemacht.
Doch anstatt mir zu antworten küsste er meinen Hals. Ich versuchte mich aus seinen Armen zu befreien, aber drückte mich bloß näher an sich.
Etwas hartes drückte sich gegen mein Hinterteil und ein unangenehmes Gefühl breitete sich in mir aus. Ich fing an hin und her zu rutschen, um von ihm weg zu kommen.
"Amore, wenn deine Absicht nicht die selbe ist wie meine, dann halt deinen Arsch still." hauchte er mir verführerisch in Ohr.
Ich erstarrte und sah ihn entsetzt an, doch alles was ich als Antwort auf meine Reaktion bekam war ein harter Kuss auf meinen Mund. Seine Lippen sich fordernd und leidenschaftlich gegen meine und ich wusste genau was er vor hatte.
"Schatz! Sex löst nicht alle Probleme, erzähl es mir." brach ich müheselig zwischen zwei Küssen hervor. Mh dieser Kosename klang auch noch nicht wirklich gut, aber ich schätze das ist Übungssache. Dante verspannte sich über mir und ich lenkte meine Gedanken wieder auf ihn.
Er steuerte einen weiteren Versuch an meine Halsgegend zu erreichen, aber ich hielt sein Gesicht fest.
"Bitte." Nun fehlte ich schon, weil ich wusste, dass es leichter für ihn wäre die Trauer mit mir zu teilen, als alles ständig mit sich selbst auszumachen.
Gerade als ich dachte in seinen Augen würde sich war regen, drehte er sich von mir weg und legte sich wieder auf sein Kopfkissen.
Ich wollte schon aufgeben, als mir Dantes Taktik während unserer Flitterwochen eingefallen war.
Ich setzte mich aufrecht hin und stütze mich mit dem Rücken gegen die Wand.
Jetzt oder nie. Eigentlich wollte ich diesen Augenblick so lange wie möglich hinauszögern, aber ich schätze in einer Ehe herrscht das Prinzip von Geben und Nehmen. Also räusperte ich mich einmal und fing dann an, ihn an meiner Dunkelheit teilhaben zulassen.
"Jede Nacht träume ich immer den selben Traum. Ich bin gefesselt an einem Stuhl und kann weder meine Arme, noch meine Beine bewegen." Dante bewegte sich nicht, aber ich hörte seine unregelmäßige Atmung.
"Der Raum in dem ich mich befinde ist dunkel und feucht, wie in einem Keller. Männer mit dunklen Gesichtern stehen vor mir und grinsen mich teuflisch an. Ich versuche mich zu befreien, aber die Seile meiner Fessel schneiden mir ins Handgelenk und ich schreie unter dem Schmerz auf." Ich stoppte, als die Bilder sich in meinen Kopf schlichen. Dann nahm ich einen tiefen Atmen Zug und fuhr fort.
"Die schwere Metalltür wird mit einem lauten Knall aufgeschlagen und zwei Männer kommen herein. Einer von ihnen hält meine Mutter am Arm fest und wirft sie vor mir auf dem Boden. Ich schreie den Mann an, es soll meine Mutter nicht anfassen, aber er ignoriert mich. Sie kniet vor mir auf dem kalten Boden und pure Angst erfüllt ihre Augen. Panik schnürt mir die Brust zu und ich kämpfe wieder gegen meine Fesseln, aber ich bin machtlos. Alles was ich kann ist zu zusehen, wie ein Mann in ihre Haare greift und ihren Kopf nach hinten zieht. Sie stöhnt vor schmerzen auf und ein Hilfeschrei verlässt meinen Mund."
Nun kommt der schlimmste Teil, vor dem ich eine kleine Pause brauche. Als ich meine Augen öffne sehen ich direkt in Dantes Augen. Ich hatte gar nicht bemerkt, das ich sie während meiner Erzählung fest zugedrückt hatte. Er sah mich mit einem herzzerreißenden Gesichtsausdruck an.
"Er nahm eine Waffe aus seinem Halfter und richtete sie auf ihren Kopf. Ohne auch nur eine Sekunde zu warten drückte er ab."
Mit einem Daumen wischte Dante über meine Wange und entfernte die Tränen, welche ich für meine Mutter vergossen hatte.

Ace of HeartsWhere stories live. Discover now