Kapitel XXXV

6.6K 193 0
                                    

"Wo bist du?"
Schnell ging ich von der Tür weg und lief wieder in den langen Flur.
"Hier" sagte ich schnell, damit es sich so anhörte, als wäre ich noch nicht im Zimmer. Irgendwas sagte mir, dass ich dieses Zimmer nicht hätte sehen sollen.
Andererseits hätte er damit rechnen müssen, ich meine meine Sachen sind nur Dank ihm in diesem Zimmer. Und auch jetzt bin ich nur hier weil er mich zum Packen geschickt hatte, also soll er sich nicht wundern.
Trotzdem will ich einem weiteren Konflikt aus dem Weg gehen. Besser keiner weiß davon, dass ich das hier gesehen habe.
Chiara tauchte im Flur auf und warf ihre Arme in die Luft.
"Hier bist du, was machst du denn hier?" sie runzelte die Stirn.

"Ich wollte mich bloß umsehen." Ich fühlte mich wie ein Kind, welches sich vor seinen Eltern rechtfertigen muss.
"Okay." kam es stumpf von ihr. Ich atmete tief durch und folgte ihr zurück in das Ankleidezimmer. Ich war ihr unglaublich dankbar, dass sie nicht weiter nachhackte.
"Amelia hat deinen Koffer bereits grob gepackt, sieh es dir an, vielleicht fehlt etwas, oder du brauchst noch etwas."
Ich nickte und ging zu meinem Koffer und verschaffte mir einen Überblick. Eigentlich war mir ziemlich egal was eingepackt wurde. Meine Gedanken waren immer noch bei dem Schloss an der Wand.
Der Safe müsste die Größe eines kleinen Raums haben, wenn man die Tür und den Bau des Zimmers bedenkt. Dante schießt sein Waffenzimmer nicht ab, aber hat einen Tresor, aber für was. Was kann wertvoller sein für einen Mafiaboss?

"Ja alles gut" ich ging wieder aus dem Ankleidezimmer nach unten. Beim Absteigen der Treppenstufen sah ich mir das Bücherregel an der Wand genauer an. Ich war beeindruckt von der Vielfallt an Literatur, welche ich dort finden konnte. Von alten Auflagen römischer Philosophen bis hin zu sozialkritischen Geschichten und Biographien großer Männer. Ich griff wahllos nach einem Buch und machte es mir in der Sofaecke gemütlich.
"Okay, ich lass dich dann alleine, Gute Nacht." mit diesen Worten ging Chiara aus dem Zimmer. Ich rief ihr noch ein "gute Nacht" hinterher und öffnete dann das Buch.
Ich hatte nach die Kunst des Krieges von Sunzi gegriffen. Ganz toll, die perfekte Literatur zum Einschlafen. Aber wenn der Herr in dieser Sphäre bewandert ist, dann sollte ich das Buch ebenfalls studieren.

Nach einigen Kapiteln über die Planung von Kriegstaktiken schlug ich das Buch wieder zu und stand von der Couch auf. Ich nahm meine Zigarettenschachtel aus meiner Handtasche und ging auf den Balkon. Der Balkon war riesig und erstreckte sich über mehrere Meter.
Ich zündete mir eine Zigarette an und lehnte mich an das Gelände. Meine Hochzeit und ich stehe hier alleine und gucke mir den Garten an. Nicht, dass ich Dante hier haben wollen würde, aber ich hatte mir meine Hochzeit und mein Leben anders vorgestellt.
Ich versuchte diese Vorstellung, diesen Traum über ein freies Leben los zu lassen und mich mit der jetzigen Situation zu arrangieren, aber in solchen Momenten fällt es mir besonders schwer.

Ich sollte heute mit dem Mann meiner Träume ein neues Leben beginnen.
Ich sollte heute die glücklichste Frau der Welt sein.
Und ich sollte heute definitiv nicht alleine auf dem Balkon stehen und meine Nerven mit einer Zigarette beruhigen.
Mir kam wieder das Zimmer hinter dem Ankleidezimmer in den Sinn. Ich warf die Zigarette weg und ging wieder rein, mit direkten Schritten zum Waffenraum.
Instinktiv sah ich mich einmal um, bevor ich das Ankleidezimmer verließ und in den Flur ging.
Diesmal nahm ich einen Dolch von der Wand und schwenkte ihn in der Hand. Er war leicht und gut zu führen.
Danach hängte ich ihn zurück und widmete mich den heißen Waffen, also Schusswaffen.
Eine Halbautomatik verlangte nach einer Aufmerksamkeit, welche ich ihr auch sofort gab.
Das Gewehr war wirklich ein Traum und absolut mein Favorit.
Weiter an der Wand entlang konnte ich noch ein paar Schutzwesten ausmachen.
Plötzlich hörte ich ein piepen. Mein Blick schwenkte blitzartig zu den Bildschirmen.
Auf einem war ein Warnsignal zu sehen, welches blickte und dieses nervige Geräusch verursachte. Zu lesen war das Wort "match".
Es sah so aus, als hätte die Suchmaschine ein Ergebnis gefunden. Nach was hatte Dante gesucht?
Ich war immer noch nicht im Bilder über die Familiengeschäfte der Martinellis. Bis jetzt haben sie mir nur Einblick in einen Waffendeal gewährt und das war nicht ausreichend, um hinter den Vorhang sehen zu können.
Ich setzte mich auf einen Schreibtischstuhl und sah mir den Bildschirm genauer an.
Soll ich draufklicken? Eigentlich geht es mich ja nichts an.
Aber andererseits bin ich jetzt auch ein Teil dieser Familie, auch wenn ich nur Dantes Frau bin.
Bei dem Gedanken bekam ich eine Gänsehaut. Ich hatte mich gerade wirklich in Gedanken seine Frau genannt.
Ich schob diesen Gedanken beiseite und klickte dann auf das Match.

Die Suchmaschine spuckte ein Profil aus. Es war also nicht ein was nach dem Dante gesucht hatte, sondern ein wer.
Es handelte sich um einen Mann Mitte vierzig mit schwarzen Haaren und grauen Augen.
Er hatte bereits graue Haare an den Schläfen und auch einige Falten im Gesicht.
Eine große Narbe schmückte seine rechte Augenbraue und ein großes Tattoo führte von seinem Hals zu seiner Schulter und Brust.
Sein Gesichtsausdruck auf dem Foto war eisig und kühl, als wäre er innerlich tot. Dies lies mich leicht zusammen zucken.
Neben dem Foto war eine Übersicht über seine Person. Einen Namen gab es nicht, nur einen Spitznamen, Tabak.
Was ist das bitte für ein Name? Tabak.....
Wenn es hier genauso abläuft wie bei uns, dann hat er den Namen von einem anderen erhalten. Es ist gegen die Regeln sich selbst zu benennen, zumindest in der russischen Mafia. Die Mitglieder der Mafiafamilien werden bei uns vom Großvater benannt, wohin gegen die unteren Ränge ihre Spitznamen von ihren Kollegen oder uns bekommen. Dies kann entweder banal mit der Person zusammenhängen, wie Fat Joe zum Beispiel. Er hat den Namen aufgrund seines Körpergewichtes bekommen. Aber es kann auch andere Gründe haben nach denen man benannt wird, wie etwas was man getan oder gesagt hatte. Aber der Name Tabak bringt meine Kreativität an seine Grenzen. Mir fällt nichts schlüssiges ein, nach dem man einen solchen Namen erhalten könnte. Selbst wenn er raucht, wäre diese Namensfindung unspezifisch, weil die meisten Mafiosi und Mitglieder rauchen. Ich las mir die Details zu seiner Person durch.

Er war ein bulgarischer Auftragsmörder ohne Loyalitätsstaus, was bedeutet er arbeitet für den, der am meisten bezahlt.

Warum sucht Dante nach ihm? Ich meine er hat genug eigene Männer, welche Aufträge erfüllen würden und diese sind loyal bis zum Blut.
Ich gehe nicht davon aus, dass er ihn anheuern möchte. Aber was will er dann?
Neben dem Profilbild waren noch einige Überwachungsfotos. Wie Tabak die Straße überquert, wie er telefoniert oder sich mit anderen im Café unterhält. Also lies Dante ihn entweder bewachen oder hat herausgefunden, dass er bewacht wird.
Ich kann aus diesen Dokument nicht einmal heraussehen, ob Tabak auf unserer Seite ist, oder eine Bedrohung für uns darstellt.
Wenn ich seiner Vorliebe zu Töten glauben schenke kann, dann bete ich dass er auf unserer Seite ist.
Anscheinend ist er dafür bekannt, sein Opfer mit Gegenständen umzubringen, welche eher dem Alltag dienen. Wenn man den Dokumenten glauben kann dann macht er eine Art Challenge daraus, je harmloser der Gegenstand, desto brutaler der Mord.

Ich zerbrach mir den Kopf über die verschiedenen Möglichkeiten, kam aber zu keinem sinnvollen Entschluss. Es gab einfach viel zu viele Varianten.
Ich war so in Gedanken, dass ich das Auto, welches nun auf der Einfahrt stand, erst sehr spät auf dem linken Bildschirm erkannte.
Fuck, Dante war nach Hause gekommen.

Ich schloss zügig die Dokumente und machte alles rückgängig, sodass nur noch Match auf dem Bildschirm zusehen war. Wenn ich von Chiara nicht erwischt wurde und einem Gespräch darüber entgehen konnte, so war ich mir nicht sicher, ob es bei Dante ebenfalls klappen würde.
Wie lange war er bereits hier?
Ich schob den Stuhl wieder zu seinem Platz und stand dann schnell auf, um zurück zu laufen.
Gerade als ich im Ankleidezimmer war hörte ich Schritte auf der Treppe.

Fuck, was mach ich jetzt? Ich blickte mich hilfesuchend um. Ein Plan, ich brauche ganz schnell einen Plan.

Ace of Heartsजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें