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Taehyung PoV

Und wieder beherrschte mich nur dieses eine Gefühl; Nervosität.

Ich konnte einfach gar nicht anders, als ständig in meinem Zimmer auf und ab zu gehen, alle zwei Sekunden auf die Uhr zu schauen und immer wieder an meinen Haaren oder den Ärmel meines Hemdes zu zupfen.

So ging das schon die ganze Stunde und es wurde einfach nicht besser.

Das Gespräch zwischen mir und meinen Freunden ging mir nicht mehr aus dem Kopf und ich musste immerzu an die Worte denken, die sie gesagt hatten.

Konnte ich tatsächlich in Jungkook verliebt sein?

Davon überzeugt war ich keineswegs, doch für so ganz abwegig hielt ich es auch nicht. Also dachte ich darüber nach, was mein Herz mir sagte, schliesslich sollte man doch darauf hören.

Das Problem war nur, dass ich es einfach nicht verstand. In welcher verdammten Sprache redest du eigentlich, liebes Herz?

Hoseok, Namjoon und Jin hatten sich die ganze Mittagspause lang weiter darüber amüsiert und natürlich alle möglichen Pläne ausgeheckt, um uns zusammen zu bringen. So sehr ich es auch versucht hatte, sie waren nicht davon abzubringen.

Ich konnte nur hoffen, dass sie sich mit dem Ganzen noch Zeit liessen, denn ich musste schliesslich zuerst selbst herausfinden, was ich fühlte.

Und gewissermassen wollte ich das heute tun.

Das erklärt auch meine Nervosität, denn ich hatte vor um etwa 22 Uhr, also um die Zeit, die wir normalerweise ausmachen, zu dem Jüngeren ins Café zu gehen.

Es war bestimmt ein anstrengender Tag für ihn gewesen und er würde total alleine in dem Café herumsitzen und darauf warten, dass die Zeit vergeht. Also war es kaum ein Verbrechen ihm ein wenig Gesellschaft leisten zu wollen.

Naja, das redete ich mir zumindest ein.

Tief im Innern war mir mehr als bewusst, dass ich ihn einfach vermisste und unbedingt sehen wollte und ihn natürlich auch auf das Telefonat ansprechen wollte.

Ich hatte vor mich bei ihm für diese emotionslose Antwort zu entschuldigen.

So wirklich verstehen tat ich es aber trotzdem immer noch nicht.

Mein Kopf, mein Bauch und mein Herz kämpften irgendwie miteinander, während das Wahre Ich nur zuschauen konnte.

Mein Handy riss mich zum zweiten Mal an diesem Tag aus den Gedanken und ich wäre beinahe über die Schuhe gestolpert, die immer noch in meinem Zimmer lagen, als ich praktisch auf mein Bett hechtete.

Ohne überhaupt auf den Namen zu achten, nahm ich ab. Wenn es Jungkook war, wollte ich einfach so schnell wie möglich von ihm hören.

"Ja?", fragte ich aufgeregt und hätte mich beinahe an meiner eigenen Spucke verschluckt.

Gott Taehyung, seit wann bist du denn solch ein Tollpatsch?

Dieser Junge tat mir echt nicht gut.

"Tae! Na? Wie steht's denn so?"

Hobi.

Etwas enttäuscht drehte ich mich auf den Rücken und seufzte kurz auf, während ich erneut auf die Uhr schielte.

21 Uhr 35.

"Gut, gut. Bei dir?", antwortete ich mit einer riesen Lüge, denn in Wahrheit war mein Körper gerade dabei total durchzudrehen und in meinen eigenen Gefühlen zu ertrinken.

"Nicht schlecht. War gerade kurz draussen mit Joon. Kannst dir echt nicht vorstellen, wie der mich vollgequatscht hat. Jin hier, Jin da. Was ist bloss aus ihm geworden?", erzählt er empört, doch ich konnte das Grinsen schon fast hören.

"Verliebt eben", gab ich zurück und bereute es sogleich, als ich mir denken konnte, was der Dauerglückliche nun antworten wird.

"Ja, genauso wie du."

Das war ja klar...

Auf der anderen Seite der Leitung war nur das Lachen von Hobi zu hören und ich verdrehte genervt die Augen.

"Ne, mal ernsthaft Tae. Du magst ihn doch schon ein bisschen mehr oder?"

Tat ich das?
Und wie ich das tat.

"Vielleicht."

"Ha, ja klar natürlich", lachte Hoseok nur und ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie sein Grinsen sich veränderte. "Wann siehst du deinen Goldschatz denn wieder?"

"Heute Abend", meinte ich kleinlaut und begann wieder an den Ärmeln des mittlerweile zerknitterten Hemdes zu spielen.

"Aber er muss doch arbeiten?", stellte Hobi fest, lachte daraufhin jedoch wieder. "Ah, versteh schon. Du dachtest, er könnte doch bestimmt einen Kunden vertragen. Jemand, der bei ihm einen Kaffee trinkt, sich mit ihm unterhält und ihm eventuell so ganz nebenbei einen bläst."

Sofort schnellte ich nach oben und riss geschockt meine Augen auf.

"Hyung!"

Und wieder hörte man nur Lachen.

"Du bist echt ein Idiot! Denkst du denn immer nur an das Eine?", fragte ich und schnaubte kurz.

"Naja, sonst ist das Leben doch langweilig, oder?", meinte Hoseok trocken. "Also gehst du jetzt zu ihm ins Café?"

Augenverdrehend raufte ich mir die Haare.

"Ja, gehe ich."

"Ach, wie süss", kam es von Hobi, doch da legte ich bereits auf, denn der hundertste Blick auf die Uhr, verriet mir, dass es nun eindeutig Zeit wurde zu gehen.

Kurzerhand schnappte ich mir die Lederjacke, die auf meinem Schreibtisch lag und zog sie über das bordeauxrot farbene Hemd.

Diese Lederjacke war eins der wenigen Kleidungsstücke, die meine Eltern einigermassen akzeptierten und nicht so aussahen, als wären sie mehr wert als ein Kleinwagen.

Ich stürmte die Treppe hinunter, meine Eltern waren mal wieder nicht Zuhause und so hatte ich freie Bahn.

Unten ankommend stand mir eine grinsende Viola im Weg, die jedoch fragend eine Augenbraue nach oben zog.

"Wo gehst du denn hin?", fragte sie mit amüsiertem Unterton.

"Zu meinem -", setzte ich an und stoppte abrupt wieder. "Zu einem Freund."

Jetzt denkst du ernsthaft schon darüber nach, dachte ich und seufzte kurz.

Joon, Hobi und Jin mussten mich wohl einer Gehirnwäsche unterzogen haben.

"Dieser Junge, dessen Kleiderschrank nur aus Kapuzenpullis besteht?"

Ich zog verwundert eine Augenbraue nach oben, schüttelte dann jedoch den Kopf.

"Du hast uns gesehen. Draussen auf der Treppe", schlussfolgerte ich und Viola nickte kurz.

"Ihr scheint euch gut zu verstehen."

"Das tuen wir", meinte ich. "Deshalb sollte ich jetzt los."

Die Frau vor mir schmunzelte erneut und warf mir einen durchbohrenden Blick zu.

Ich fühlte mich durchaus unwohl, so dass ich einfach umdrehte und auf die Tür zu schritt.

"Bis morgen", rief ich noch, doch bevor ich hinaus in die Nacht trat, ertönte erneut die amüsierte Stimme der Haushälterin.

"Bis dann und viel Spass mit deinem Freund."

porcellan | vkookWhere stories live. Discover now