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Jungkook PoV

„Du vermisst deinen Dad, hm?"

Vorsichtig strich ich Yunho's Haare aus seiner Stirn und drückte einen Kuss darauf. Sein Gesicht war unglücklich verzerrt, die Augen gross und gerötet. Seine Hände ziemlich fest in mein Pulli gekrallt.

„Ich vermisse ihn auch."

Wieder hauchte ich einen Kuss auf seinen Kopf, drückte ihn noch näher an mich und wippte ihn leicht auf und ab, in der Hoffnung ihn ein wenig beruhigen zu können. Vielleicht auch um mich ein wenig beruhigen zu können.

Wieder einmal sass ich hier im Schein unserer Esstischlampe. Draussen war es bereits dunkel, das schwache Licht war das einzige, was den Raum erhellte. Unaufhörlich prasselte der Regen gegen unsere Terrassentür, selbst das Wetter war unserer miesen Stimmung angepasst.

Denn ich sass mal wieder hier, mit einem fertig zubereiteten Dinner, den Tisch für drei gedeckt und nur zwei davon waren besetzt. Wieder einmal wartete ich lange, um schlussendlich doch alleine mit Yunho zu essen. Selbst der Kleine merkte, das etwas irgendwie fehlte.

Ich wusste nicht, ob er ihn wirklich vermisste oder ob er mein Verhalten einfach kopierte. Schliesslich waren Kinder immerzu ein Spiegelbild unserer selbst, sie ahmten unser Verhalten nach. Da konnte es gut sein, dass Yunho nur so schlecht drauf war, weil ich es auch war.

Taehyung war nun seit gut einer Woche nicht mehr abends zum Essen gekommen. Er schrieb mir immer, dass er heute früher nach Hause kommen würde, ich glaubte es ihm jedes Mal. Und schlussendlich wurde ich wieder enttäuscht, wenn er mir mit einer weiteren Nachricht mitteilte, dass es doch nicht so war.

Die letzten Tage war es so spät zurück gekommen, dass ich meist schon im Bett war. Anfangs hatte ich noch probiert wach zu bleiben, hatte fern gesehen oder gelesen. Doch irgendwann nickte ich ein und am nächsten Morgen war Tae dann so im Stress, dass er mir meist nicht mal zum Abschied ein Kuss gab.

Das lief meiner Meinung nach viel zu lange schon so. Und ich hielt das nicht mehr aus. Ich wollte meinen Mann schliesslich auch mal wieder sehen und zwar nicht nur morgens, wenn er kurz sein Kaffee runter stürzte. Ich wollte ihn wieder umarmen, ich wollte einfach wieder bei ihm sein.

Aber Yunho und ich waren alleine. Den ganzen Tag. Natürlich genoss ich es mit dem Kleinen und wir hatten immer noch unseren Tagesablauf, aber irgendwie stand das zwischen uns. Wie gesagt, als würde es und beide runterziehen, wenn Tae nicht da war.

Seufzend trank ich das Glas Wein leer, für das ich heute extra eine Flasche geöffnet hatte. Eigentlich hatte ich vorgehabt heute ein schöneres Dinner vorzubereiten, da der Ältere mir versprochen hatte früher heim zu kommen.

Doch daraus wurde mal wieder nichts. Jetzt war das Essen kalt und der Wein stand umsonst auf dem Tisch. Ich würde ihm das Essen wieder zur Seite stellen, das er es aufwärmen konnte. Wie die letzten Tage auch.

Man könnte sich fragen, wieso ich das überhaupt noch tat. Aber ich glaubte an meinen Mann, ich wusste, dass er irgendwann früher nach Hause kommen würde. Ich wusste, dass es ihm selbst auffallen würde und dann wollte ich ihm vermitteln, dass ich es ihm nicht übel nahm.

Er arbeitete eben viel. Das war okay. Trotzdem wünschte sich ein kleiner Teil von mir, dass Taehyung vielleicht auch ein bisschen weniger arbeiten könnte und dafür mehr Zuhause war. So fühlte es sich an, als wäre ich alleinerziehend. Als wäre ich alleine.

Tae machte Überstunden, schon seit Langem. Wieso er sich das noch gefallen liess, wusste ich selbst nicht. Vielleicht hatte er Angst davor, gefeuert zu werden. Vielleicht wollte er es nicht aufs Spiel setzen, unseren Lebensstil nicht erhalten zu können.

porcellan | vkookWhere stories live. Discover now