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Jungkook PoV

Ich drückte Taehyung's Hand so fest, dass ich beinahe Angst hatte, ich würde sie zerquetschen. Aber die restliche Angst überwog jeglichen Sinn für Sanftheit, ich wollte nur Sicherheit.

Der Flug nach Korea hatte Turbulenzen. Schon seit geschlagenen zehn Minuten schüttelte das Flugzeug hin und her, der Regen prasselte unaufhörlich gegen die kleinen Fenster und das Krachen des Donners erfüllte alle zwei Minuten den Innenraum und liess mich zusammen zucken.

Ich mochte Turbulenzen nicht, so viel stand schon mal fest. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und obwohl Tae direkt neben mir war und so gut es ging probierte mich zu beruhigen, hatte ich trotzdem das Gefühl, jeden Moment umzukippen.

Das Schreien des Babys vor uns machte es kaum besser. Passagiere links von uns atmeten bereits in ihre Tüte, um sich zu beruhigen. Flugbegleiter sassen angeschnallt an den Ausgängen und selbst sie, als erfahrene Fachleute, hatten zitternde Hände.

„Baby, alles wird gut", murmelte mein Freund in mein Ohr und begann über meinen Handrücken zu streichen. Ich zuckte wieder zusammen, als ein Blitz das dunkle Grau ausserhalb der Scheibe erhellte. „Ich bin bei dir."

Ich probierte mich auf meine Atmung zu konzentrieren, atmete gleichmässig ein und aus, wobei ich die Streicheleinheiten von Tae erwiderte. Mein Puls ging ein wenig runter, mein Gehirn dachte aber nicht einmal daran runter zu kommen.

Nacheinander zeigte es mir irgendwelche Szenarien auf, die ich vermutlich mal in Filmen gesehen hatte. Wie das Flugzeug im Meer notlanden musste und wir alle so lang im Wasser ausharren müssten, bis die ersten beginnen zu ertrinken. Wie der Pilot wegen des Wetters die Berghänge nicht sah und das Flugzeug daran zerschellte, worauf nur noch Einzelteile von allen zurück blieben.

Ich schüttelte meinen Kopf, um diese unnötigen Visionen loszuwerden. Stattdessen dachte ich an Korea, an Busan, wo ich aufgewachsen bin. Dahin werden wir in den nächsten Tagen auch gehen. Ich hatte meiner Mum versprochen nochmals zu ihr zu gehen, bevor wir zurück fliegen.

Zudem verbringen wir noch ein Stück länger in Korea, um Tae's restliche Familie zu besuchen. Seine Grosseltern wohnten in Daegu, er hatte sie bereits informiert, dass wir ihnen ein Besuch abstatten würden. Jedoch wusste ich nicht genau, ob er ihnen auch gesagt hat, wer wir denn so sind.

Jedenfalls verbrachten wir noch gut einen Monat hier, sahen uns auch mal noch die Sehenswürdigkeiten unseres Heimatlandes an und genossen es unsere Muttersprache wieder benutzen zu können. Ja gut, Tae und ich redeten ja sowieso fast immer koreanisch, nur selten rutschte uns ein englisches Wort rein. Aber Zuhause und auch auf dieser Reise mussten wir immer Englisch sprechen und so war es ganz schön, auch mal wieder im Alltag mit der Sprache meiner Kindheit auszukommen.

Zugegeben, ich war auch ziemlich nervös. Selbst als Tae und ich nur wenige Tage da waren, hatte ich mich beinahe hysterisch umgeschaut bei jedem Schritt, den ich gemacht hatte. Ich hatte Angst davor meinem Dad zu begegnen.

Ich wusste nicht, was er jetzt machte, wo er wohnte oder dergleichen, ich hatte also keine Ahnung, wo ich auf ihn stossen konnte. Und ich wusste auch nicht, wie ich darauf reagieren würde, wenn ich ihn tatsächlich treffen würde.

Mein Vater war eine Person, mit der ich nur schlechte Erinnerungen verband. Natürlich gab es in meiner frühen Kindheit schöne Momente, trotzdem überwog all das, was danach kam, so dass ich automatisch das Gute vergass.

Ich wollte diesen Mann nie wieder sehen, ich hatte ihn komplett aus meinem Leben gestrichen. Und ich hatte Angst vor meiner Reaktion, wenn ich wieder in seine Augen schauen müsste. In diese Augen, die mich so ausdruckslos angeschaut haben, jedes Mal wenn seine Faust immer und immer wieder in meinem Gesicht gelandet war. 

porcellan | vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt