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Taehyung PoV

Da Jungkook -und ich auch- sowieso viel zu aufgewühlt war, beschlossen wir, nicht wieder zurück zu gehen. Stattdessen verschränkte ich unsere Hände und führte ihn durch die Stadt zum Hyde Park.

Wir redeten nicht, genossen die finstere Nacht und mussten beide wohl ein wenig über den Abend nachdenken. Aber das war nicht schlimm, im Gegenteil. Es war auf jeden Fall besser, als es zu ignorieren.

Für uns beide war es nicht leicht, wir hatten ein paar Probleme, die uns irgendwie verfolgten. Jedoch waren die kaum der Rede wert, wenn wir einfach uns hatten.

Kaum hüllte und die frische Luft des Parks ein, schien der Druck wieder von meinen Schultern abzufallen. Es regnete immer noch, wir beide würden wohl bald anfangen zu frieren, nur war uns auch das ziemlich egal.

Ich zog Kookie zu einem Baum und setzte mich darunter. Der Regen kam nur spärlich durch die Blätter, so dass wir nicht mehr so ganz durchnässt wurden.

Ohne Worte legte sich Jungkook sofort hin, dabei legte er den Kopf in meinen Schoss und vergrub sein Gesicht ein wenig in dem Stoff.

Mir war bewusst, dass er gerade weinte, aber Worte würden ihn nicht aufheitern, das war mir mittlerweile klar geworden.
Ich kannte ihn schliesslich schon ziemlich gut.

Also verschwendete ich auch keine und setzte stattdessen Berührungen ein, legte eine Hand auf seine Schultern und begann Kreise darauf zu ziehen, während die andere vorsichtig durch seine nassen Haare fuhr.

Ich wusste nicht wieso, aber in dem Moment kam mir ein altes Lied in den Sinn, dass meine frühere Haushälterin mir immer vorgesungen hat. So begann ich einfach abwesend diese Melodie zu summen, brauchte mit der Zeit auch meine Stimme, bis ich das Lied irgendwann ganz leise sang.

Jungkook entspannte sich ein wenig mehr, seine Hand krallte sich nicht mehr krampfhaft in mein Bein. Er hob sie zitternd und legte sie auf meine, die an seiner Schulter lag. Vorsichtig zog er sie zu sich runter und hauchte dann einen Kuss auf meine Handinnenfläche, was sofort ein Kribbeln an der Stelle auslöste.

Dann verschränkte er sie mit seiner und kuschelte sich ein wenig mehr an mich, während ich das Lied erneut von vorne begann zu singen.

Der Regen prasselte vor uns auf den Gehweg, ein paar Tropfen fanden ihren Weg durch das Blätterdach und ich sah ihnen dabei zu, wie sie sich auf Kookie's Wangen mit seinen Tränen verschmischten.

Jungkook war ein gebrochener Junge.
Jemand, der viel zu viel in seinen wenigen Lebensjahren durchmachen musste.
Und ich fühlte mich verantwortlich dafür, sein Herz wieder zu heilen, es zusammen zu setzen und ihn jeden Tag aufs Neue zum Lächeln zu bringen.

Das war meine Aufgabe.
Und ob mir das erst jetzt bewussst geworden ist oder ich das schon seit unserer ersten Begegnung im Regen wusste, werde ich wohl nie wissen...

~~

Der Montagmorgen begrüsste mich mit strahlendem Wetter, was so gar nicht zu meiner Stimmung passte.

Kookie war Samstag dann nach Hause gegangen und ich wieder alleine zurück zu meinen Eltern, die jedoch bereits schliefen. Und auch am Morgen waren sie schon weg, als ich aufstand.

Das hiess, sie gingen mal wieder mir und somit ihrem momentan grössten Problem aus dem Weg.

Sobald Jungkook das Haus verlassen hatte, hatte ich ihnen eine kleine Standpauke erteilt, ehe ich dem Jüngeren nachgerannt bin. Ich konnte nur hoffen, dass sie auch über meine Worte nachdenken werden.

porcellan | vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt