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Taehyung PoV

Meine Gefühle waren gemischt.
Ich war erstaunt über Kookie's Sinneswandel, aufgeregt auf das was nun kam und irgendwie auch enttäuscht von mir selber.

Ich hatte immer gesagt, dass ich ihm so viel Zeit lassen werde, wie er brauchte. Und trotzdem bin ich nun ausgerastet, habe Jungkook sogar zum Weinen gebracht. Etwas, was mein Herz schmerzvoll zusammen ziehen liess. Ich wollte ihn doch lächeln sehen und selbst für die Tränen verantwortlich zu sein, riss ein riesiges Loch in mein Herz.

Kookie setzte sich in den Bus und wartete auf mich. Ich begann nervös an meinen Fingerkuppen zu pulen.

Aber für meinen Freund war das alles wahrscheinlich noch viel schlimmer...

Wir fuhren an Notting Hill vorbei und stiegen kurz danach aus. Bereits im Bus gab es ein wenig speziellere Leute, Leute die man in der Innenstadt wohl nicht antreffen würde.

Ich wollte eigentlich nicht gleich über Menschen urteilen, aber die meisten sahen aus wie Drogenkomsumenten. Aber auf das war ich vorbereitet gewesen, ich wusste in welcher Gegend Jungkook in etwa wohnte. Es war ganz sicher nicht mit Belgravia zu vergleichen.

Hier draussen lag unheimlich viel Müll, das war wohl das Erste, was mir auffiel. Bierdosen, zerbrochene Wodkaflaschen, Zigarettenstummel und sogar gebrauchte Spritzen, die mein Verdacht auf Drogenkonsum wohl erhöhten.

Ich würde Jungkook nie alleine hier hin gehen lassen und ich bekam ein schlechtes Gewissen, bei dem Gedanken, dass er oft wegen mir mitten in der Nacht nach Hause kam.

Kookie zog mich zu einem schäbigen, braunen Haus, dessen Fassade von Graffiti beschmiert war. Fensterläden hingen aus ihren Angeln, Putz löste sich und es stank nach Alkohol.

Er passte nicht hier hin.
Kookie passte nicht in dieses Bild.

Er war viel zu neugierig, leicht zu begeistern und unschuldig, um hier hin zu gehören.

„Wie gesagt, es ist nicht gerade der Inbegriff von Schönheit", murmelte Jungkook leise und stiess die Tür auf. Abgeschlossen war sie scheinbar nicht.

Das Treppenhaus glich dem Rest, überall Schmierereien, Abfall und weisses Pulver.

Mein Freund lief gezielt die Treppe hoch und zog mich mit sich, wobei ich merkte, wie seine Hand mehr zu zittern begann.

„Hey", meinte ich also leise zu ihm und sorgte dafür, dass er stehen blieb. „Ich liebe dich und nichts wird das ändern können."

Kookie lächelte, fast schon verzweifelt. Er schien mir nicht ganz zu glauben, hatte wahrscheinlich Angst davor, alleine gelassen zu werden. Ich befürchtete, dass er das schon mehr als einmal wurde.

„Ich dich auch", flüsterte er kaum hörbar und hüpfte die letzten Stufen hoch, um die Tür aufzuschliessen, die dann wohl seine war.

„Mein bester Freund und Mitbewohner ist vermutlich auch hier", meinte Jungkook, ehe er die Tür öffnete und sie aufstiess, um mich zuerst eintreten zu lassen.

Der Flur war schmal, er endete in zwei Türen. Der Parkett war alt, knarrte bei jedem Schritt. Die Garderobe neben der Tür war nur mit einer Jeansjacke und zwei von Jungkooks Kapuzenpullover gefüllt. Mehr gab es hier nicht, kein einziges Bild an der gelblich verfäbten Wand.

„Linke Tür", meinte Jungkook leise und als ich mich zu ihm umdrehte, sah ich seine roten Wangen und wie er nervös am Stoff des Shirts zupfte. Diese Wohnung war ihm peinlich.

Ich befolgte seine Anweisung und trat durch die linke Tür in etwas, was auf den ersten Blick wie ein Wohnzimmer aussah. Etwa so gross wie mein Ankleidezimmer. Lediglich ein alter quadratischer Fernseher auf dem Boden, einen Sessel und ein Zweiersofa, dessen Fransen schon lange abgerissen waren. Und darauf sass ein Typ mit unheimlich blassen Wangen, einer knochigen Figur und schmalen betrübten Augen. Er hatte auffällige gefärbte Haare, die mich an Mint erinnerte.

porcellan | vkookWhere stories live. Discover now