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• M I L E S •

„Ich komme heute erst so gegen Abend nachhause. Ich habe nämlich Footballtraining."
Ich grinse stolz beim Frühstück mit meiner Familie, doch tue so, als würde es mich kaum tangieren.
Meine Mum lächelt, weil sie mir ansieht, wie glücklich mich das macht, aber mein Dad zieht kritisch die Augenbrauen hoch. „Denkst du echt, du wirst das überleben?"
Ich sehe es zwar nicht, aber ich könnte schwören, Mum tritt ihn unter dem Tisch, weil er kurz nach diesem Satz so zusammenzuckt. Verdient.
„Wenn nicht, dann habt ihr ja schon mal ein Problem weniger." Ich kneife meine Augen leicht zusammen, als ich meine Tasse geräuschvoll auf dem Tisch abstelle und mich dann vom Esstisch erhebe, um in mein Zimmer zu gehen.
Ich muss ohnehin noch meinen Rucksack packen.
Ich weiß, mein Dad meint es nur gut mit mir. Trotzdem tut es weh, dass er nie aufhören wird, sein kleines Baby in mir zu sehen, das er um jeden Preis beschützen muss und nichts alleine auf die Riehe bekommt.
Es gibt so viele Leute, die diese Sportart spielen, wieso sollte ausgerechnet ich es nicht können?
Mit gepackten Sachen und nach einer letzten Aussehenskontrolle im Badezimmerspiegel trampele ich die Treppen wider nach unten und räume mein Gedeck vom Frühstück weg.
Alle anderen ignoriere ich dabei gekonnt.
„Mein Gott, hast du wieder deine Tage oder was?" Mein kleiner Bruder verdreht genervt die Augen, weil ihm die schlechte Stimmung, zugegebenermaßen durch mich verursacht, auf den Geist geht.
Allerdings bringt mich da dazu, meine Sachen aus nur so in die Spüle zu werfen, sodass es scheppert.
„Miles!", ruft meine Mutter streng aus.
Ich schnaube. „Was? Um deine Teller machst du dir sorgen?"
Ich sehe sie ungläubig an, schüttele missbilligend den Kopf.
Ich weiß wirklich zu schätzen, was meine Familie schon alles für mich getan hat, aber es gibt auch Momente, Momente wie dieser hier, in denen es sich so anfühlt, als sei ich hier weder erwünscht noch in irgendeiner Weise akzeptiert. Ich muss hier raus.
„Wir sehen uns heute Abend", brumme ich, ohne auf noch irgendetwas einzugehen und stürme aus dem Haus.
Sobald ich in meinem Auto sitze, fühle ich mich schon viel freier. Ein kleines Stückchen Unabhängigkeit.
Mir geht es viel besser, als ich erstmal an der Schule bin und mich kurz von Logan zur Begrüßung umarmen lasse. Ein paar der Jungs geben mir einen freundschaftlichen Handschlag, andere ignorieren meine Anwesenheit komplett. Auch okay. Ich bin ja nicht ihretwegen hier.
Jackson für seinen Teil, sieht aus wie immer, lehnt an der Tribüne auf dem Footballfeld, raucht gelassen und blickt immer mal wieder auf sein handy. Ihn scheint es nicht zu interessierten, dass ich da bin, und etwas zu unserer kleinen Auseinandersetzung gestern hat er wohl auch nicht zu sagen.
Soll mir recht sein. Ich habe meinen Standpunkt klargemacht und daran wird sich auch nichts ändern. Egal, wie schlecht es sich anfühlt, dass er so abweisend ist.
Logan sorgt wie jeden Tag dafür, dass ich in jedem Kurs bei ihm sitze und da Jackson immer bei ihm sitzt, bilden wir drei irgendwie eine kleine Sondergruppe. Unfreiwillig, meinerseits und auch von Jacksons Seite, aber Logan scheint damit glücklich zu sein.
Er erzählt, dass er heute Nachmittag beim Training zuschaut und dem Coach ein paar Ratschläge geben darf, auf dessen eigene Anfrage. Den Schultag über erklärt Logan mir Football an sich auch noch genauer, weil ich mich nicht so richtig mit den genaueren Regen und Positionen auskenne. Das ist ja auch alles echt kompliziert.
Er gibt mit den Tipp, gleich von Anfang an, in der Offence zu spielen, denn, wenn man in der Defence gut ist, kommt da nur schwer wieder raus und er will, wenn er gesund ist, mit mir auf dem Feld stehen. In seinen Erklärungen kristallisiert sich heraus, dass Jackson die letzten Jahre über Quaterback war. Irgendwie wundert es mich, dass er wohl Teamfähig ist, aber andererseits kann ich mir ihn in dieser Rolle des befehlgebenden Capitains gut vorstellen.

Gegen Mittag werde ich langsam ziemlich nervös. Mein großes Problem stellt eigentlich die Umkleide dar. Am Besten ist es, ich warte, bis alle fertig sind. Dann habe ich zwar ziemlichen Stress, aber daran ändern kann ich auch nichts.
Mein kleiner Plan beginnt damit, dass ich mich zur Mittagspause von den andern verabschiede, mit der Ausrede, dass ich noch etwas zu erledigen hätte. In Wahrheit fahre ich mit dem Auto einfach zwei Straßen weiter und warte dort die Stunde, bis die Pause sich dem Ende zuneigt, ehe ich wieder zurück fahre.
Mein Plan geht auf, denn ich betrete gerade die Umkleide, als alle anderen vor mir raus gehen. Mit einem zufriedenen Grinsen und einem leicht aufgeregten Kribbeln stelle ich meine Sporttasche auf einer Bank ab und ziehe mich schnell um.
Diese Hosen sind echt verdammt eng. Ich bin froh, dass ich so ein schlaues Bürschchen bin und weiß, was ich tun muss, damit man mir nichts ansieht.
Etwas zu spät betrete ich das Feld und jogge zu den anderen, die noch um den Coach herum versammelt dastehen. Mein Versuch, mich unauffällig einzureihen, scheitert.
Der Coach erkennt, dass ich zu spät bin und unterbricht sein Ansprache über Teamgeist deshalb. „Ach und wenn wir schon dabei sind, Männer. Disziplin! Dazu gehört auch Pünktlichkeit. Ich werde euch keine Strafrunden geben, denn das einzige was das bringt ist euch auch noch zu helfen, körperlich fitter zu werden. Für jede Minute Verspätung werdet ihr 5 Minuten weniger eingesetzt. Und falls ihr so gut sein solltet, dass das Team nicht auf euch verzichten kann, um zu gewinnen, habt ihr das mit eurem Gewissen zu vereinbaren." Dabei sieht er nur mich an.
Ich öffne den Mund, um mich zu rechtfertigen, da macht er schone ein schneidende Handbwegung. „Ah ah ah! Ich will nichts hören."
Er macht danach einfach mit seiner Ansprache weiter als sei nichts passiert. Obwohl ich ohnehin schon kleiner bin, als die meisten Anwesenden, fühle ich mich plötzlich noch mickriger.
Als ich Jacksons Grinsen sehe, schnaube ich leicht. Klar, dass er sich freut. Arschloch.
„Okay und zu guter Letzt" meint der Coach nach etwas zehn Minuten. „Wo ist Jordan?" Ein kleines Raunen geht durch die Mannschaft, bis einer ausspricht. „Jackson hat ihm die Nase gebrochen."
Der Coach verdreht die Augen und seufzt genert. „Jetzt fängt das schon wieder an. Hör mal, O'Brien, du weißt bestimmt noch, was ich dir Ende der letzten Saison gesagt habe. Halte dich daran, sonst kannst du dein Stipendium vergessen."
Man sieht Jackson an, dass er die Augen verdrehen will, aber er verschränkt nur die Arme und nickt. „Geht klar, Coach."

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt