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• M I L E S •

„Ruf mich an, sobald ich dich holen soll."
Es gibt Momente, da lässt Bryce schamlos sein inneres Kleinkind raus und Momente, in denen er ein echt autoritärer Erwachsener ist. Gerade schaut er mich mit dem Blick des Letzteren an.
Trotzdem verdrehe ich nur die Augen, meine „Jaja" und gehe zusammen mit Jack die Einfahrt zu seinem Elternhaus entlang. Als wir schon ein paar Meter weit gekommen sind, hupt Bryce nochmal energisch und schreit dann aus dem heruntergelassenen Fenster: „Bleibt anständig!"
„Natürlich, alles was du willst!", schreie ich zurück, mache einen Knicks, lächle ihn an und zeige ihm dann ganz freundlich meinen ausgestreckten Mittelfinger.

„Pass auf, in dieser Gegend wirst du für sowas erschossen", scherzt Jack und drückt meine Hand runter.
Ich werfe nur meinem Bruder einen letzten genervten Blick zu und er mir einen, der sowas heißen soll wie: „Lass dir erstmal versichern, dass er dich wirklich liebt, bevor du ihn wieder zwischen deine Beine lässt. Am besten schriftlich.", ehe er mit Logans Auto davon düst.
Er bringt jetzt wahrscheinlich erstmal Sam nach Hause und dann Logan, da dieser sowie ich die ganze letzte Nacht wach war, weil wir nicht schlafen konnten, solange Jack noch bewusstlos ist.
Ich für meinen Teil will Jack noch nicht alleine lassen, daher begleite ich ihn zu sich nachhause. Außerdem denke ich, wir haben noch eine Menge zu besprechen, das man nur in Zweisamkeit ansprechen sollte.

Auf dem Weg zur Tür nimmt Jack meine Hand, schaut dabei aber stur geradeaus. Ich grinse zu ihm und verstärke den Druck meiner Finger, was ihn leicht lächeln lässt.
Er drückt auf die Türklingel und wir warten.
Ich kann nicht glauben, dass er hier wohnt und seinen Schlüssel immer noch nicht wieder zurück bekommen hat. Ich kann irgendwie nichts von dem glauben, was in den letzten Wochen passiert ist. Wer weiß, vielleicht träume ich ja. Vielleicht träume ich und dann wache ich auf, an meinem ersten Schultag, bevor Jack und ich uns überhaupt kennenlernten und dann stellt sich heraus, dass er eigentlich total der Streber ist und beim Sport über seine eigenen Beine stolpert. Das wäre doch mal lustig.
Ich schmunzele vor mich hin, merke es gar nicht.
Jack mustert mich und setzt gerade dazu an, etwas zu sagen, als die Tür aufgeht.

„Jacki!" Emma macht ganz große Augen und fällt Jack im nächsten Moment um den Hals. „Wo warst du denn die ganze Nacht? Mann, wir haben uns Sorgen gemacht!"
„Ganz ruhig, Kleine mir geht's ja gut."
Schnaubend lässt sie ihn wieder los und drückt auf den großen blauen Fleck an seiner Augenbraue, sodass er schmerzerfüllt zusammenzuckt. „Ja, das sehe ich."
Kopfschüttelnd lässt Emma uns rein und begrüßt mich erst dann, wie üblich durch eine lange Umarmung.
Sie nimmt es mir gar nicht übel, dass ich auch ihr von Anfang an etwas vorgemacht habe... Wer weiß, vielleicht hat Logan es ihr ja auch schon vorher zugezwitschert, auch wenn ich ihn nicht für einen Verräter halte, würde mich das nicht wundern.

„Ist Mum da?", hakt Jack nach, als er seine und meine Schuhe wegräumt, was wohl heißen soll, dass ich länger bleiben werde.
„Ja, sie ist in ihrem Meditationszimmer, aber..." Jack läuft schon mal los und hört deshalb nicht, was Emma noch weiter zu sagen hat. „... mit Dad."
Ihre Augen werden ganz groß und sie zerrt mich mit.
Ein böser Teil in mir erwartet irgendwie, dass wir jetzt Alice und Richard beim exzessiven Partner-Yoga antreffen, aber das ist nicht der Fall. Sie meditieren wirklich, nur halt gemeinsam. Und vor allem bekleidet.

„Mum", Jack klingt unsicher, er will wohl nicht stören. Alice hat aber nichts dagegen, denn sie springt sofort auf, als sie ihn hört und nimmt ihn in den Arm. „Oh Schatz, was... Wo..."
Sie mustert Jack besorgt und leidend, da sie feststellt, was für Schmerzen er haben muss.
„Emma Liebling, hol doch die Erbsen Aus dem Gefrierfach, ja?"
Emma springt sofort los und lässt mich mit ihrer Familie allein.
„Wo warst du?", haucht Alice überwältigt, während sie vorsichtig das Gesicht ihres Sohnes in die Hände nimmt.
„Ist doch egal...", murmelt Jack, wirkt beschämt dabei. „Ich wollte dir nur sagen, dass ich wieder da bin und es mir gut geht... Du musst dir keine Sorgen machen..."
„Ach ja? Und wieso siehst du dann so aus als hätte man dich drei Mal mit dem Bus überfahren?"
Was mich bei all dem wundert, ist, dass Richard ruhig hinter Alice steht und keinen Mucks von sich gibt. Er sollte echt öfter meditieren, das scheint bei ihm richtig was zu bringen.

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Where stories live. Discover now