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• J A C K S O N •

Schon als ich von weitem die blinkenden Lichter sehe, wird mir schlecht.
Hier hat damals alles angefangen.
Doch es ist der einzige Ort, an dem ich eine Chance habe, kostenlos schlafen zu können.

Ich bleibe vor dem Türsteher stehen und nicke ihm kurz zu. Kurz dauert es, bis er mich wieder zu erkennen scheint und dann die Tür für mich öffnet.

Schon jetzt schlägt mir die parfümierte Luft entgegen, gemischt mit Schweiß und anderem Zeug, dass ich gar nicht so genau definiert haben will. Doch trotz allem ist die Temperatur hier dank der Klimaanlage angenehm kühl.

Nach dem Eingangsbereich kommt man in einen großen Saal, der sich seit meinem letzten Besuch hier kaum verändert hat. Das einzige sind die neuen Bilder an der Wand.
Überall um mich herum tanzen junge Frauen an den Stangen und betören so die Männer, die gaffend vor ihnen sitzen und ihnen immer mal wieder ein Geldschein zustecken. Mich allerdings, lässt das wirklich komplett kalt.

Mein Weg führt mich zur Bar.
Ein Typ, etwa Mitte 20 steht dort und mixt gerade irgendetwas alkoholisches zusammen, bevor er es dem Gast vor mir hinstellt.
"Oh hey, Jackson. Lang nicht gesehen", ruft er mir über die Musik hin zu. Und erst jetzt, beim genaueren hinschauen, erkenne ich, dass es sich um Justin handelt.
"Was verschlägt dich hierher?", grinst er und wir geben uns parallel einen Handschlag.
"Sorry, ziemlich lange Geschichte. Bin noch ziemlich fertig", lache ich peinlich berührt auf und fahre mir dann durch meine Haare.
Nebenbei spüre ich mein Handy, welches zum gefühlten 500. Mal klingelt. Ich wette, es ist wieder ein Anruf von Logan.

"Oh, kein Problem. Wir können nach meiner Schicht reden, wenn du willst. Hab noch zwei Stunden", schlägt er vor.
"Klar, aber ich wollte eigentlich zu Lexi. Weißt du, wo sie ist?"
"Umkleidekabine. Sie bereitet sich gerade auf den Auftritt vor. Du kannst aber gerne rein, ich sag ihr bescheid", antwortet er und klopft mir ein letztes Mal auf die Schulter, bevor er wieder seiner Arbeit nachgeht.

Hier bin ich also. An dem Ort, an dem alles begann. Hier lernte ich meinen früheren Freundeskreis kennen. Ab hier ging alles nur noch bergab. Justin und Lexi waren immer total nett und haben nie irgendeine Scheiße mitgemacht. Doch trotzdem habe ich den Kontakt danach auch zu ihnen abgebrochen.

Ich verschwinde aus dem Hauptraum durch eine schwere Tür in einem Gang hinter der Theke.
Sobald die Tür hinter mir ins Schloss fällt, hört man die Musik nur noch gedämpft.
Ich bleibe vor der Tür zu den umkleiden stehen und will gerade anklopfen, als diese bereits aufgerissen wird und sich ein stürmischer Blondschopf um meinen Hals wirft. "Oh Gott Brownie, ich hab dich so vermisst. Wo warst du die ganze Zeit? Du Arsch!", quengelt meine ehemals beste Freundin und schlägt mir beim Satzende gegen die Brust, schaut mich sauer an.
"Ich erklär dir alles Lexi, aber ich muss dich um einen Gefallen bitten", beginne ich und halte ihre Hände fest.

Jeden anderen Typen würde es wahrscheinlich anmachen, wenn eine Frau mit einer zugegebenermaßen Bombenfigur in den kürzesten Klamotten vor ihm steht, aber das beweist mir nur wieder mehr, wie stockschwul ich geworden bin.

Lexi meinte zu mir, dass wir nach ihrem Auftritt reden können und dann ist sie auch schon wieder verschwunden, um ihr Make-up fertigzumachen.
Während sie also nun an der Stange tanzt, stehe ich wieder bei Justin an der Theke, der im Moment aber kurz von einem Kollegen vertreten wird, da er kurz Pause macht und schütte ein Shot nach dem anderen in mich hinein, bis Justin wiederkommt und mir den nächsten aus der Hand reißt.
"Ey!", beschwere ich mich und will wieder danach greifen, doch er hält mich zurück.
"Chill mal. Was auch immer du gerade für Probleme hast. Sie werden sich ganz sicher nicht auflösen, indem du dich betrinkst", zischt er mir zu und nimmt dann mein Handgelenk, um mich zu Lexis Zimmer zu ziehen. Ich merke den Alkohol schon deutlich, doch leider bin ich noch in der Lage zu fühlen. Also war es nicht genug.
Dort schuppst er mich aufs Bett und bleibt dann schnaufend vor mir stehen.

Kurze Zeit später kommt Lexi durch die Tür und zählt gerade die Geldscheine zusammen, die ihr zugesteckt wurden.
Sie schickt Justin raus, da er ja eigentlich noch arbeiten muss und setzt sich dann zu mir.

Ich beginne ihr alles zu erzählen, von Anfang an, lasse keine Info weg und breche mitten in der Erzählung in Tränen aus. Mein leicht benebeltes Gehirn scheint jetzt doch schon wieder auf Hochtouren zu arbeiten. Haltsuchend klammere ich mich an sie, während sie beruhigende Worte murmelt und über meinen Rücken streicht.

"Ich verstehe euch beide. Hey Brownie, lass dir so viel Zeit, wie du brauchst, bevor du mit ihm redest, ja? Aber ich denke, ihr müsst das auf jeden Fall klären. Denn so wie du von eurer gemeinsamen Zeit geschwärmt hast, bist du hardcore in ihn verknallt und er tut dir wahnsinnig gut. Ich hab das auch mitbekommen, wie du dich damals verändert hast, aber davon ist nichts mehr übrig. Du bist wieder der Jack, den Justin und ich lieben gelernt haben. Bleib so, wie du bist und vor allem, sei der, der du sein willst, egal, was andere sagen."
Ihre Worte beruhigen mich sofort.
Vor allem der Spitzname, den sie mir damals gegeben hat. Brownie. Sie meinte, meine Haare erinnern sie an einen Brownie und ja. Seitdem hat sie mich immer so genannt.

"Hast du noch Kontakt zu den anderen?", frage ich sie vorsichtig.
Sie nickt, lässt den Rest aber offen.
Danach bitte ich sie endlich um den Gefallen, um den ich sie bitten wollte.
Ich bräuchte nämlich dringend eine Bleibe für die nächste Zeit.

Sie bietet mir an, sich mit ihr ihre Wohnung zu teilen, da Justin mit ein paar Leuten aus meiner alten Clique in einer WG wohnt und das keine gute Idee für mich wäre, dort aufzukreuzen. Zuerst bin ich überrascht, da ich dachte, sie würde hier in diesem Zimmer wohnen, aber anscheinend lässt es sich von ihrem Verdienst gut leben.

Später in der Nacht liege ich in Lexis Wohnung in ihrem Zimmer auf dem Sofa, während sie schon auf dem Bett schläft.
Mein ausgeschaltetes Handy liegt neben mir. Ich will im Moment einfach keinen Kontakt mehr zu den anderen. Vor allem zu Miles, die Person, die ich dachte zu kennen. Die Person, die ich liebe.

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Where stories live. Discover now