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• M I L E S •

Aufgrund meiner Platzwunde am Kopf und der leichten Gehirnerschütterung muss ich über Nacht im Krankenhaus bleiben.
Als wäre das nicht schon schlimm genug, liege ich in einem Vierbettzimmer mit nur alten Typen, die wohl eine Wette abgeschlossen haben, wer lauter schnarchen kann.
Zu dem halten mich meine Gedanken wach. Zwar bekomme ich hier im Krankenhaus meine üblichen Medikamente natürlich auch, aber trotzdem kann ich nur noch an meinen Streit mit Jordan denken. Ständig wiederholen sich seine Worte in meinem Kopf.
Ich weiß, ich sollte Jackson die ganze Wahrheit sagen, aber ich weiß nicht wie. Ich war ja auch überfordert, als er plötzlich hier war. Es hat so gewirkt als hätte er sich ernsthafte Sorgen um mich gemacht. Außerdem ist mein Hirn heftig durchgeschüttelt worden. Selbst, nachdem er weg war, habe ich nochmal 2 bis 3 Stunden gebraucht, um wenigstens etwas logisch zusammenhängende Sätze richtig zu formulieren. Bestimmt ist er sofort zu Jordan. Er hat ihn bestimmt wieder um den Finger gewickelt.
Seine kleine Schlampe hat er Jackson genannt. Wie kann er das nur tun? Jackson ist keine Schlampe, er ist einfach nur naiv und Jordan nutzt das aus...

Seufzend drehe ich mich immer wieder um, aber finde keine gemütliche Position, in der ich gut schlafen kann, weil die dumme Nadel in meinem Arm, die mit dem Tropf verbunden ist, mich nervt. Nicht, dass ich auch noch kollabiere, meinten die Ärzte.
Einer von ihnen hat mich richtig dumm angeschaut, als er in meine Akte geschaut hat. Es war mir richtig unangenehm, von ihm behandelt zu werden und das ist auch einer der Gründe, warum ich mich so ungern vor anderen ausziehe. Er hat meine Brust so seltsam angestarrt, als er meinen Bauch abgetastet hat. Ich hatte schon fast Angst, er will sie ablecken.
Aus all diesen Gründen – das ekelhafte Essen muss ich wohl gar nicht erst erwähnen – bin ich mehr als froh, als Bryce mich am nächsten Vormittag aus dem Krankenhaus abholt.
Er meint, Mum und Dad hätten das unbedingt machen wollen, aber er hätte dafür gesorgt, dass sie trotz allem arbeiten gehen, weil ich bestimmt noch meine Ruhe bräuchte.
Lieb von ihm oder?

Als wir zuhause ankommen, schickt er mich ins Bett und meint, er würde mir was zu essen und trinken hochbringen.
Da sage ich natürlich nicht nein.
Allerdings muss ich zugeben, dass mir auf Höhe der Mitte der Treppe ziemlich schwindelig wird, sodass ich eine kleine Pause einlegen muss.
„Miles?", ruft Bryce fragend.
„Mhm", murmele ich schwach. „Alles gut, ich brauch nur nen Moment."
„Oh Kleiner", murmelt er hinter mir, nimmt mich dann auch schon hoch und trägt mich in mein Zimmer wie eine Prinzessin und ohne auf meine Widersprüche einzugehen.
„Ich hätte das auch alleine hinbekommen", beharre ich, etwas in meiner Männlichkeit gekränkt, als er mich zudeckt und dann besorgt mustert.
„Das weiß ich doch." Er streicht meine vom Blut noch leicht verklebten Haare nach hinten, geht dann, um mir was zu essen zu machen. Wurde auch mal Zeit.
All seine Sorge um mich bringt nichts, wenn ich aufgrund meines Hungers zu einem Zombie mutiere und ihn schließlich aufesse. Das wäre irgendwie blöd.

Bryce verbringt eigentlich den ganzen Tag mit mir zusammen, teilt mir mit, das Jackson seit gestern richtig leidend aussieht und macht sich sogar etwas darüber lustig.
Er meint, es hätte ihn gewundert, dass Jacks sich nicht geweigert hat zu atmen, wenn ich nicht da bin.
So ein Idiot. Aber trotzdem bringt er mich dadurch zum Lachen und ich denke, das ist in erster Linie sein Ziel.

Am Nachmittag kommt Jack nachhause.
Schon als ich unten im Flur seine Stimme höre, setzt mein Herzschlag einen Moment aus.
Er soll hochkommen! Jetzt!
Zwischendurch hat Bryce mir auch geholfen, meine Haare zu waschen und ich war auch duschen, sodass ich Jacks fast frisch empfangen kann.
Die Treppenklänge weisen darauf hin, dass er immer näher kommt. Bryce redet noch mit mir, aber ich höre schon gar nicht mehr zu.
Die Tür geht auf, Jack wirft seinen Rucksack in eine Ecke und seufzt durch.
Erst, als ich mich räuspere bemerkt er, dass er nicht alleine ist. Sein Blick schießt hoch, seine Augen gehen weit auf. Ich erkenne Freude in seinem Gesicht.
Ehe ich mich versehe, sitzt er auf der Bettkante und umarmt mich. „Wie geht's dir?", will er sofort wissen und mustert mich besorgt.
Ich höre Bryce Beschwerden murmeln, als er von meinem Bett aufsteht – irgendwas von „Sobald der Lover da ist, ist der große Bruder unwichtig, schon klar" - und sich verzieht.
Ich werfe ihm noch ein dankbares Lächeln zu, er zeigt mir den Mittelfinger und schließt dann die Tür hinter sich.
„Mir geht's gut. Die Nacht war die Hölle, aber das lag eher an den schnarchenden alten Opas, die mit mir im Zimmer waren."
„Du hattest kein Einzelzimmer?!" Empört schaut Jack mich an.
Ich muss deshalb lachen. „Die Krankenhäuser hier sind nahezu überfüllt, Jackson. Natürlich hab ich kein Einzelzimmer bekommen."
„Das macht Sinn", murmelt er und schaut zu meiner Hand, die er ergreift, um daran rumzuspielen. Diesen Move bin ich schon von ihm gewöhnt, also lasse ich ihn einfach machen.
„Sag mal...", beginnt Jackson nach kurzer Zeit.
Fragend schaue ich ihn an.
Er atmet tief durch, so als wolle er nochmal Mut tanken, ehe er fragt: „Bist du dir sicher, dass Jordan dich absichtlich die Treppen runter gestoßen hat?"
Ungläubig sehe ich ihn an.
Bevor ich etwas sagen kann, redet er weiter. „Er meinte halt, du bist irgendwie abgerutscht und so. Dein Kopf hat ja ganz schön was abbekommen, vielleicht hast du dich einfach falsch erinnert..."
Jackson sieht mich so an, als würde er hoffen, ich sage ihm jetzt, dass es genau so ist, wie er das eben dargestellt hat. Aber das kann ich nicht.
„Jackson" Ich beende sein Rumgespiele an meiner Hand, indem ich seine festhalte und ihm dabei eindringlich in die Augen sehe.
„Wir haben gestritten, dann hat er mich an den Schultern gepackt und mich die Treppen runter geschubst. Nichts daran, aber auch gar nichts kann irgendwie unabsichtlich gewesen sein von seiner Seite aus. Glaub mir bitte."
Den letzten Satz setze ich leiser hinzu.
Jackson schluckt, schaut zu unseren Händen, die sich aneinander klammern.
„Es ist nur... Ich kenne Jordan. Er ist echt impulsiv, aber er würde niemandem absichtlich so wehtun.", sagt er leise.
Geschockt reiße ich meine Hände von seinen los. „Willst du damit sagen, ich lüge dich an?!"
„Nein", schnell nimmt er meine Hände wieder und streicht beruhigend mit seinen Daumen darüber. „Ich will damit sagen, vielleicht irrst du dich einfach. Das kommt vor."
Er versucht es mit einem aufmunternden Lächeln.
Ich kann nur ungläubig den Kopf schütteln.
"Jackson", ich richte mich weiter auf, lehne mich aber dann leicht an ihn, weil mein Kreislauf noch etwas im Eimer ist. „Du hast keine Ahnung, was er für Sachen gesagt hat. Wie er dich bezeichnet hat."
Leicht schüttelte ich weiterhin den Kopf, weil ich nicht glauben kann, wie man nur so von ihm sprechen kann und streiche seine Haare in einer liebevollen Geste zurück.
„Er meint es nicht ehrlich mit dir, Jack. Er hat deine Loyalität nicht verdient. Ich verstehe, dass du ihm glaubst und nicht mir, immerhin kennst du ihn viel länger als mich und ihr seid ein Paar, aber ich verspreche dir, dass du mich besser kennst. Ich mache dir nichts vor, um meinen Willen von dir zu bekommen. Ich nutze dich nicht aus. Ich würde dich niemals als meine kleine Schlampe bezeichnen."
Er schluckt hart, als ich ihm das ins Gesicht sage, ihm dabei deutlich mache, wie sehr mich diese ganze Situation verletzt. Meine Hand krault seinen Hinterkopf, als wir uns aus geringer Distanz in die Augen sehen.
„Es wird Zeit, dass du verstehst, was er mit dir macht, Jackson. Er verarscht dich und nutzt dich aus. Vielleicht wirkt es so, als würde er dich lieben, aber das tut er nicht. Er sieht dich als seinen Besitz. Er wird dich niemals so ansehen wie ich tue..."
Ich beginne zu flüstern, als würde ich ihm Geheimnisse anvertrauen. „Er wird dich niemals so behandeln, wie ich es tue. Er wird niemals so für dich fühlen wie ich es tue. Er wird dich niemals so lieben wie du es verdient hättest..."
„Wieso sagst du das alles?", flüstert Jackson zurück. Man sieht ihm an, dass er gerührt ist, aber auch, dass es ihn sehr verwirrt.
„Weil ich das Beste für dich will. Und Jordan ist das mit Sicherheit nicht."

Cupid42hearts

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Where stories live. Discover now