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• M I L E S •

Sorgen.
Warum empfindet man Sorgen überhaupt?
Man sorgt sich doch nur um Personen, für die man Zuneigung empfindet oder?
Das Gefühl ist für mich nahe mit dem der Angst verbunden.
Angst, dass Leuten, die einem etwas bedeuten, etwas passiert oder es ihnen schlecht geht.
Jackson und ich sind Freunde. Das habe ich gestern in der Besenkammer zu ihm gesagt und ich habe es auch so gemeint.
Freunde sind Leute, die füreinander da sind und nur das Beste für einander wollen. So geht es mir mit Jackson.
Ich darf mir also Sorgen um ihn machen.

Als wäre es letzten Montag nicht schon genug gewesen, dass er verprügelt worden ist, genau eine Woche später wird auch noch ein Video veröffentlicht, auf dem er mit seinem Freund knutscht. Es geht gerade alles drunter und drüber bei ihm, und er hat nichts, woran er Halt finden kann.
Jordan, sein ach so toller Freund, macht ihm ja bloß Vorwürfe und geht ihn dumm an, während er grade beinahe am Zusammenbrechen ist.
Ich kann auch Jordans Lage gut nachvollziehen, aber nur weil er knietief in der Scheiße steckt, ist ja nicht Jackson dazu verpflichtet, hinterher zu springen. Jordan hat nicht das Recht, das von ihm zu verlangen.
Außerdem hat Jacks keine Familie, die hinter ihm steht, denn laut Jordans Aussage in der Besenkammer können Jacksons Eltern nicht gut auf sein Outing reagiert haben.
Jackson hat eigentlich nur noch Logan als richtige Stütze in seinem Leben, aber seit Logan in der Beziehung mit Emma ist, versucht er sich emotional von Jackson zu distanzieren, weil er Angst hat, was passiert, wenn Jackson es irgendwann rausfindet.
Er würde zwar im Notfall immer hinter Jacks stehen, aber, wenn es gerade nicht sein muss, sucht er etwas Abstand. So wie heute zum Beispiel.

Logan erzählt mir, wie sehr er sich auf sein Treffen nach der Schule mit Emma freut und, dass sie vorhaben an einen See zu fahren und Picknick zu machen. Er strahlt dabei über das ganze Gesicht, wirkt einfach nur noch glücklich.
Ich freue mich für ihn.
Das bedeutet aber, Jackson ist heute höchstwahrscheinlich alleine in seiner Wohnung, da sein Lover Chemie belegt hat, etwas, das viele (Wie etwa Logan, Jackson und ich) uns zu unserer eigenen Gnade erspart haben.
Als ich im Auto sitze, denke ich über meine Tagesplanung nach. Therapie hab ich erst Morgen, zuhause wird niemand sein, weil alle arbeiten und Benny heute bis abends Schule hat, also wird mich dort nichts anders als meine Jobsuche erwarten.
Ich rede mir selbst ein, dem einfach nur aus dem Weg gehen zu wollen, deshalb in den nächsten Supermarkt zum Einkaufen zu fahren und schließlich vor Jacksons Wohnung zu halten.
Entschlossen schiebe ich mein Handy in die Hosentasche, packe mir die Einkaufstüten und mache mich auf den Weg zum Fahrstuhl.
Erst, als ich darin stehe, fällt mir auf, wie das wohl auf ihn wirken muss.
Gott, ich bin so dumm. Wie komme ich bitteschön auf die Idee, für ihn einkaufen zu gehen und dann für ihn kochen zu wollen? Er wird mich auslachen und rausschmeißen.
Alles in mir will wieder kehrt machen, aber ich würde ja meine Tabletten nicht regelmäßig nehmen, wenn sie keine Wirkung zeigen würden.
Zu den negativen Gedanken kommen deshalb auch beruhigende dazu.
Wir sind Freunde. Jackson wird verstehen, dass ich nur für ihn da sein will. Er wird sich freuen mich zu sehen. Diese Hoffnung macht mir Mut.

Ich klingele an seiner Wohnungstür und warte dann gespannt, trete dabei nervös vom einen Fuß auf den anderen.
Er wird sich freuen, er wird sich freuen, er wird sich freuen.
Ich höre langsam Schritte vom Inneren der Wohnung, ehe die Tür aufgeht und Jackson mich verwirrt anschaut.
Er streicht sich die chaotischen Haare aus der Stirn, hat die Augen zusammengekniffen, und sieht irgendwie verschlafen aus.
Noch dazu trägt er bloß Boxershorts und ich kann nicht anders als ihn zu mustern.
Verdammt. Sein Körper ist viel heißer, als es überhaupt erlaubt sein sollte, nur dass die rechte Seite seines Brustkorbs so blau und lila ist, verhindert, dass ich komplett in unanständige Gedanken abdrifte.
„Äh, Miles?" Jacksons verwirrte und leicht raue Stimme lässt meinen Blick wieder nach oben schießen. Er hat die Augen mittlerweile auf Normalgröße geöffnet und den Kopf verwirrt schief gelegt. „Was machst du hier?"
„Ich war einkaufen", verkünde ich und halte hinweisend die Tüten hoch, als ich mich an ihm vorbei in die Wohnung dränge.
„Äh ok" Jackson schließt die Tür hinter mir und folgt mir in die Küche, wo ich die Sachen abstelle und beginne auszupacken.
„Naja, ich dachte mir, du musst ja noch richtig gesund werden und da ist es nicht gut, wenn man sich nur Fastfood reinschiebt und deshalb dachte ich, weil ich heute zuhause alleine wäre und nicht umsonst nur für mich kochen wollte und du ja auch was essen musst, koche ich bei dir, damit du mitessen kannst. Außerdem wollte ich fragen, wies dir geht und mir wäre ja zuhause eh nur langweilig und ich würde mich dazu verpflichtet fühlen, mich auch Jobsuche zu begeben. Außerdem..."
Ich stoppe, als ich sehe, wie sich auf seinem Gesicht ein breites Grinsen ausbreitet.
Das ist mir jetzt irgendwie unangenehm.
„Was?", frage ich unsicher.
Er lächelt kopfschüttelnd, kommt auf mich zu und nimmt mich in den Arm. „Nichts. Ich bin einfach nur froh, dass du da bist. Auch, wenn du mich aus meinem Mittagsschläfchen geholt hast."
„Oh tut mir leid", murmele ich an seine Schulter.
Ich kann das Verlangen einfach nicht unterdrücken, über seinen Rücken zu streichen.
Mann, wenn ich diese Muskeln hätte, würde ich nie mehr ein Oberteil anziehen. Sowas muss man doch mit der Welt teilen. Eigentlich ist es egoistisch von Jackson, Kleidung zu tragen, wenn man es mal so sieht.
Länger als nötig stehen wir umarmend in seiner Küche herum, bis ich bemerke, was ich bin. Nur ein Freund.
Langsam, widerwillig, lasse ich ihn los und schaue dann mit einem verlegenen Lächeln zu ihm hoch.
„Du kannst ruhig weiterschlafen, solange ich uns was koche. Ich wecke dich dann auf, bevor ich alles alleine verputze."
Jackson schmunzelt, seine Arme liegen noch immer um mich, obwohl ich ihn lange losgelassen habe.
„Nein nein, ich werde dir helfen. Aber Danke."
Ich winde mich aus seiner Umarmung, packe weiter die Zutaten aus. „Wofür? Ich hatte nur keine Lust, alleine zu sein. Das ist langweilig."
Jackson lacht leicht und hilft mir. „Es gab Zeiten, so vor zwei Wochen noch circa, da wärst du lieber dein Leben lange alleine gewesen, als auch nur eine Minute mit mir zu verbringen."
„Da warst du ja auch noch ein arschgesichtiger Oberaffe."
Ich zucke mit den Schultern, als würde das alles erklären und bringe ihn somit wieder zum Lachen.
„Bin ich das jetzt nicht mehr?"
„Doch natürlich. Aber jetzt bin ich wenigstens dazu bereit, mich in derselben Atmosphäre aufzuhalten wie du, ohne den ständigen Drang zu haben, mich selbst zu erwürgen."
„Oh." Jacks hält sich die Hand auf die Brust, genau da, wo sein Herz ist. „Das tut wirklich weh."
Leicht kichernd sehe ich seinem Theater zu, bis mir etwas auffällt.
Er hat Flecken auf dem Oberkörper, ja, aber nicht alle davon stammen von letzten Montag. Ein paar sind neu und viel zu klein für weitere Schläge...
Bevor mein Hirn begreift, was ich da überhaupt tue, streicht die Spitze meines Zeigefingers über einen solchen Fleck.
Jackson seufzt, als das passiert und hält meine Hand fest. „Weißt du, Jordan und ich versöhnen uns immer relativ schnell. Er ist sehr temperamentvoll, aber er... Er liebt mich."
Ich schlucke hart und sehe zu ihm nach oben, während er mein Handgelenk weiter hält. Wir sehen uns an.
Es ist paradox, wie traurig er aussieht. Eigentlich sollte er glücklich sein und strahlen bei dieser Aussage.
Aber, obwohl er ein hohles Oberaffenhirn hat, scheint er unterbewusst zu begreifen, dass seine Beziehung zu Jordan und vor allem dessen Manipulationen nicht gesund sind.
Wer weiß, wie er Jackson mal wieder um den Finger gewickelt hat. Bestimmt hat er ihm ein schlechtes Gewissen gemacht und sich dann eingeschleimt. Wundern würde es mich nicht.
„Bist du sauer?", fragt Jackson leise.
Schnaubend reiße ich meine Hand von ihm los, beachte ihn nicht weiter, sondern kümmere mich um den Einkauf. „Wieso sollte ich sauer sein? Er ist dein fester Freund und somit auch dein Problem. Mich geht das nichts an. Außer du gibst mir einen Grund, mich einzumischen"
Ich schaue ihn beim letzten Satz wieder an.
Er wirkt, als sei ihm unwohl.
„Was soll das für ein Grund sein?"
„Ich weiß nicht..." Ich zucke gespielt desinteressiert mit den Schultern. „Vielleicht, dass du begreifst, dass er dir den Kopf verdreht und du dich für ihn aufführst wie ein liebeskranker Vollidiot? Ich meine, ich kann mir nicht vorstellen, dass es schmerzfrei für dich war, dass er das gemacht hat."
Ich deute auf die neuen Knutschflecken.
„Hattet ihr gestern auch noch Sex?"
Jackson sieht etwas schockiert aus von meiner Frage. Dass er nicht antwortet, reicht mir.
„Hat es wehgetan?"
Er schaut auf den Boden.
„Hast du ihm gesagt, dass es wehtut oder hast du ihn einfach machen lassen, damit er zufrieden ist?"
Er antwortet nicht, schaut weiter auf den Boden.
„Hat er dich einmal gefragt, ob es okay ist? Hat er sich überhaupt für dich interessiert oder dich einfach nur ausgenutzt mh?! Jackson, du kannst mir unmöglich weismachen, dass du so dumm bist und nicht mitbekommst, dass er dich schon beinahe misshandelt!"
Wieso schreie ich ihn jetzt an?
Ich sollte das nicht tun, er hat doch schon genügend Probleme, ohne dass ich ihm Feuer unter dem Arsch mache. Aber er scheint anders nicht zu begreifen, was in seinem Bett passiert.
„Jack", seufze ich versöhnlich, nachdem er mich angeschwiegen hat, gehe zu ihm und halte seine Hand fest. „Ich will nur, dass es dir gut geht. Ich kenne mich in deiner Beziehung zu Jordan nicht aus, ich kann nichtmal nachvollziehen, warum du überhaupt mit ihm zusammen bist, ich kann nur Schlüsse aus dem ziehen, was ich sehe und das ist, dass es dir dabei nicht gut geht. Glaub mir, ich sage das nicht, um euch zu schaden oder aus einem sonstigen Grund, der einen Nutzen nach sich zieht. Ich sage das, weil du mein Freund bist und weil du von einer Person, die behauptet, dich zu lieben, so behandelt werden solltest, wie du es verdient hast..."
„Wie soll das sein?", unterbricht er mich, sieht mich dabei wieder an, irgendwie verletzt, aber auch gerührt.
„Als seist du das Wertvollste auf der Welt."

Cupid42hearts

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Where stories live. Discover now