• 11 •

3K 210 17
                                    

• M I L E S •

An meiner Schule hat es richtige Bad Boys, die dem Stereotypen dermaßen entsprechen wie Jackson, nicht gegeben.
Bei uns waren es eher Cool Boys. Mein Ex und ich waren in der Clique, die immer viel zu laut Musik gehört hat, hin und wieder etwas gekifft hat und so ziemlich die einzigen waren, die sich auch für etwas anderes als die Schule interessiert haben.
Nick, mein Ex, zum Beispiel hat damals immer in der Scheune seiner Eltern Musik aufgelegt und dort haben wir dann Partys veranstaltet und für den Eintritt Geld verlangt, um so etwas zu verdienen und dabei auch noch Spaß zu haben. Und jedesmal haben sie uns das Geld nur so zugeworfen, um reinzukommen, obwohl keiner es flüssig hatte.
Mit einem Großteil der Einnahmen ist Nick immer in die nächste Großstadt gefahren und hat uns dort unser Gras besorgt. Den anderen Teil hat er vor den anderen versteckt und mir zugeschoben, weil er immer gewusst hat, dass ich spare, um aus diesem Kaff rauszukommen.
Er war ein guter Freund. Er hat mich geliebt. Aber Dinge ändern sich.
Auch ich habe mich verändert, das gebe ich ja zu, aber bei mir würde ich es eher eine positive Entwicklung nennen. Ich bin stolz darauf, was ich bisher erreicht habe, wer kann das mit 18 schon von sich behaupten?
Klar bin ich nicht stolz darauf, dass ich die meisten der Menschen in meinem Leben belüge, aber da bin ich ja nicht der Einzige.
Jackson ist die Verkörperung von Geheimnissen und Gefahr. Dazu ist, was ich zu verbergen habe, relativ harmlos.

Meine neuen Freunde sind eigentlich nur ein billiger Abklatsch von Jackson, aber trotzdem finde ich die meisten von ihnen eigentlich gar nicht sympathisch. Sie interessieren sich jetzt nur für mich und sind nett zu mir, weil sie mich unbedingt in ihrem Team haben wollen.
Logan ist der einzige von ihnen, dem ich seinen Stolz auf mich abkaufe. Er ist auch der einzige, der nicht davon profitiert, wenn ich ins Team eintrete, immerhin war er unter anderem vor seiner Verletzungspause auch mal Wide Receiver und verliert somit seine Position, wenn es zu meiner wird. Ihm glaube ich aber, dass er sich wirklich für mich freut und nicht, weil er so tun muss oder weil er selbst etwas davon hat, wenn ich ins Team komme.
Letztendlich ist es aber immer noch die Entscheidung des Coaches, ob er mich aufstellt. Auch wenn ich glaube, dass Jackson da als Captain ein Wörtchen mitzureden hat.
Seit gestern im Park beobachte ich, wie diese Charlotte ihm am Arsch klebt. Er scheint es nicht sehr zu genießen, aber hat es aufgegeben, sie von sich fern zu halten.
Viele der Mädchen in unsern Alter und auch die Jüngeren scheinen ziemlich eifersüchtig zu sein. Ich bin einfach nur genervt.
Checkt sie denn nicht, dass er nichts von ihr will?
Am liebsten würde ich es ihr ins Gesicht brüllen, aber, was Jackson mit Mädchen macht, geht mich ja nichts an. Und ich kann es auch nicht damit begründen, dass sie sich verpissen soll, weil ich seinen einladend aussehenden Schoß auch gerne mal als Sitzkissen ausprobieren würde. Niemals.
Der Typ hat ohnehin schon ein viel zu großes Ego. Und er ist so narzisstisch!
Kurz gesagt: Er geht mir mächtig auf die Eier.
Trotzdem muss ich mich mit ihm verstehen, immerhin bin ich in seiner Gruppe und heute Abend soll ich ja auch noch mit seiner Familie essen.
Ich finde die Geste wirklich nett von ihnen, allerdings habe ich keine Lust, mit Jackson deshalb auf Friede-Freude-Eierkuchen zu machen.
Und wie er sich gestern eingeschleimt hat nur weil ich als Wide Receiver tauge! So ein Heuchler!
„Miles!" Eine hohe Stimme quietscht meinen Namen und viele Blicke richten sich auf mich. Ehe ich mich versehe, hängt Emma mir auch schon um den Hals, nachdem sie über das halbe Feld auf mich zugerannt ist.
„Ich freue mich so auf heute Abend! Meine Eltern werden dich lieben!"
„Wow, wow, wow!" Logan schiebt uns auseinander und blickt verwirrt zwischen Em und mir hin und her. „Hab ich was verpasst?" Er schaut mich leicht vorwurfsvoll an, denkt wohl ich habe ihm etwas nicht erzählt.
Oh, wenn er nur wüsste...
„Das Abendessen mit meinen Eltern. Ich ab dir doch davon erzählt." Jackson gibt Logan einen Klaps auf den Hinterkopf, nachdem er sich erhoben hat, um die Gelegenheit zu nutzen, Charlotte von sich zu schieben.
„Oh" Logan nickt verstehend. „Sagt mal Alice schöne Grüße von mir...", meint er dann entspannter.
Emma kichert leicht. „Meine Mum hat dich doch seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie erinnert sich wohl gar nicht mehr an dich."
Logan sieht sie total empört an und legt sich theatralisch die Hand auf Herz. „Erzählt ihr ihr etwas nicht täglich von meiner heroischen Lebensgeschichte?"
Ich muss lachen, sehe wie Jackson grinsend den Kopf schüttelt und was murmelt von „Vollidiot" und Emma Logan unbeeindruckt ansieht. „Was sollst du denn schon heroisches vollbracht haben, außer immer wieder gegen dieselbe Glastür vor dem Biosaal zu laufen?"
Jetzt lacht auch Jackson und zieht Emma zu sich, um seine Hand auf ihre Schulter zu legen. „Vergiss es, Logan, mit Emma sind Diskussionen unnötig", unterbricht er seinen besten Freund, als dieser zu einer Verteidigung ansetzen will.
Logan schnaubt daraufhin beleidigt, verschränkt daraufhin die Arme und schaut mich schmollend an, als könnte ich etwas ändern.
Ich zucke nur ahnungslos mit den Schultern.

„Jedenfalls...", macht Emma weiter, als sei nichts gewesen, windet sich aus Jacksons Griff und nimmt meine Hand. „...kommst du jetzt gleich mit uns nachhause, dann können wir noch ein bisschen chillen bis zum Abendessen." Sie schaut mich aus ihren großen Kulleraugen an.
Ich will meinen Blick losreißen und zu Jackson sehen, aber kann nicht. Diese kleine Hexe.
„Okay", seufze ich geschlagen und sie quiekt glücklich.
„Bis später, Jacks, ich fahre bei Miles mit!" Das verkündet sie, während sie mich über den Platz, auf dem wir nach der Schule manchmal noch chillen, zu den Parkplätzen zieht.
„Halt, wartet!", ruft Jackson und rennt uns hinterher. Etwas schneller amtend erreicht er uns und folgt. „Du kannst doch nicht einfach bei Fremden ins Auto steigen."
Mein Mund klappt auf, als Jackson das sagt und auch Emma ist davon nicht begeistert. „Er ist doch dein Kumpel. Außerdem ist er auch mein Freund, er würde mir niemals was tun, stimmt's, Miles?" Sie sieht zu mir hoch und blinzelt total schnell, sodass ich nur dazu im Stande bin, ein verwirrtes „Äh" von mir zu geben, das nicht gerade von Eloquenz zeugt.
„Ach macht doch was ihr wollt", schnaubt Jackson, als wir auf dem Parkplatz ankommen. „Aber wehe, Emma ist spätestens in einer halben Stunde nicht heil zuhause, dann darfst du dich von einen Eiern verabschieden, Miles" Er sieht mich bedrohlich an.
Obwohl mir aufgrund seiner Worte durchaus nach Lachen zu Mute ist, unterdrücke ich es und nicke bloß.
„Ai ai, Captain!"
Sein Blick wird verdutzt, als ich ihm das zugrinse und mit Emma in mein Auto steige.
Sie dreht die Musik im Radio auf, verstellt mir alle Sender, aber scheint glücklich dabei zu sein, weshalb ich sie einfach machen lasse.
Sie weist mir den Weg zu sich nachhause, das etwas abseits liegt.
Als mein Wagen vor dem Haus hält, staune ich nicht schlecht. Ich hätte Jackson irgendwie eher zugetraut, dass er aus der Gosse kommt. Aber so wie das hier aussieht, scheißen seine Eltern wohl Geld.
„Bist du beeindruckt?", grinst Emma, als wir den Weg zu Tür laufen und ich das Gebäude mustere.
„Ich bin besorgt. Das ist so gar nicht meine Welt", gebe ich zu.
„Ach mach dir keinen Kopf" Sie klopft mir fast schon kumpelhaft auf die Schulter und ich muss leicht grinsen.
„Meine Eltern kommen eh erst heute Abend nachhause. Das heißt, wir können chillen" Sie sperrt die Haustür auf.
Als sie sie wieder zumachen will, wird sie von außen aufgedrückt und Jackson schiebt sich ins Haus.
„Was machst du denn hier?" Emma sieht ihn aus großen Augen an.
Er schnaubt leicht. „Du denkst doch nicht ernsthaft, ich lasse dich mit einem Jungen, den wir ganz nebenbei bemerkt kaum kennen, alleine zuhause." Er schüttelte den Kopf, verschränkt die Arme, sodass sein Bizeps noch deutlicher hervortritt.
Er hat genau den Körper, auf den ich noch hinarbeite. Er ist so verdammt schön. Es ist gemein, dass in diesem hammer Körper so ein Mensch steckt.
Mit Jackson lässt sich wohl genauso wenig diskutieren wie mit Emma, weshalb sie sich nach einer Zeit des Blickkontakts geschlagen gibt und ein „Na schön" brummt.
Wie zu erwarten verläuft der Nachmittag ziemlich seltsam. Wir entscheiden uns dafür, Filme anzusehen. Immer, wenn Emma und ich dabei über etwas lachen oder uns unterhalten, spüre ich, wie Jacksons Blicke versuchen, mich in die Hölle zu verbannen. Aber das ist ja nichts Neues mehr.
Er trübt die Stimmung dermaßen, dass ich sogar froh bin, als ich höre, wie die Türe aufgeht und wir die Fetzen eines Gesprächen zwischen Mann und Frau verstehen. Das sind wohl die Eltern.
Emma schaltet den Fernseher ab, als ich aufstehe und erwartungsvoll zur Tür sehe, die aus dem Flur ins große Wohnzimmer führt.
Sie wird geöffnet von einem großen Mann mit dunklen Haaren und kantigen Gesichtszügen. Obwohl ich es nach nicht sicher wissen kann, reicht ein Blick, der zwischen ihm und Jackson hin und her springt, um zu wissen, dass er sein Vater ist. ER sieht aus wie eine ältere Version von ihm.
„Ach du musst Miles sein", stellt er ziemlich kalt fest und lässt seinen Blick einmal überprüfend über meinen Körper wandern.
Ich will ihm gerade meine Hand hinstrecken und mich vorstellen, da kommt Emma mir zuvor. „Ja, Dad, das ist Miles. Sei bitte nett zu ihm, okay?"
„Klar, Prinzessin", lächelt der ältere Mann dem Mädchen zu und sieht dann wieder mich an, wobei sein Blick etwas härter wird.
Er gibt mir zu Begrüßung einen festen Händedruck, bei dem ich ein Zischen unterdrücken muss.
Ist der Boxer oder was?!
„Schatz, kommst du ins Wohnzimmer? Unser Gast ist schon da!", ruft er schließlich in den Flur.
Es wundert mich, dass er Jackson gar nicht beachtet, obwohl er Emma eine kurze Umarmung gibt und ihr über den Kopf streichelt. Er tut einfach so, als sei sein Sohn nicht anwesend.
„Wirklich?" Die Stimme der Frau kommt mir irgendwie bekannt vor.
Neugierig warte ich, bis sie ebenso den Raum betritt. Mit einem Lächeln sieht sie mich an, das ihr aber ungefähr so schnell vergeht wie mir meine Lebenslust, als wir uns ansehen.
Jackson O'Brien.
Gott, ich bin so dumm? Wieso bin ich nicht auf die Idee gekommen, dass er der Sohn von Misses O'Brien sein könnte? Seiner Mutter?! Meiner Psychologin?!

©Cupid42hearts

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Where stories live. Discover now