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• M I L E S •

Den kompletten Weg nachhause fühle ich mich unwohl und verfolgt.
Mir ist klar, dass sich Jacksons Gruppe nach meiner Aktion eben nicht mehr um mich schert und sie sich auch nicht die Mühe geben werden, mir groß etwas anzutun, aber trotzdem kann ich diese ganze Situation einfach nicht vergessen.
Jacksons Funkeln in seinen Augen, diese Vorfreude, als er verlangt hat, die Praxis seiner Mum zu verunstalten.
Ich weiß, dass er gut darin ist, seine wahren Gefühle zu verbergen, aber es kam echt so rüber als wollte er das aus seinem tiefsten, bösen Inneren heraus.
Wie kann man nur so ein Mensch sein?

Die Praxis seiner Mutter ist ein Ort, der anderen als Zuflucht dient, einer, wo sie sein können, wer sie sind, wo sie sich öffnen und trotzdem sicher fühlen können.
Und diesen Ort hätte ich zerstören sollen? Nur über meine Leiche.
Klar ist Jackson sauer aufgrund der Geschehnisse von Freitagabend, aber wieso muss er dann gleich andere auch mitreinziehen? Die Patienten können ja nichts dafür, was er für Probleme in seiner Familie hat, die haben genügend andere Sorgen.
Ich weiß nicht, ob ich genauso reagiert hätte, wenn ich nicht auch einer der Patienten dort wäre. Vermutlich nicht. Aber dann hätte ich auch nicht diesen Blickwinkel und wüsste, wie wichtig einem die Praxis nach nur ein paar Wochen wird. Sie ist einem beinahe wertvoller als das eigene Zuhause. Dort ist man wichtig, einem wird zugehört, jemand versucht aktiv dir zu helfen und du kannst einfach mal loslassen.
Dann ist da auch noch die Tatsache, dass ich ja ein relativ neuer Patient dort bin. Andere gehen dort seit Jahren hin, haben keine andere Anlaufstelle.
Ich meine, ich habe ja noch glück so eine tolle Familie zu haben, selbst, wenn sie meistens nerven und mir auf den Sack gehen. Aber genau dafür ist die Familie nun mal da.
Jackson scheint sowas nicht zu wissen. Er hat keine Ahnung, was Familie überhaupt bedeutet. Klar hat das viel mit der Erziehung zu tun, mit der Zuneigung der Eltern und wird schon im frühen Kindesalter geprägt, aber genau deshalb verstehe ich nicht, wie sich aus Jackson so ein Mensch hat entwickeln können.
Die ganze Zeit überlege ich, denke fieberhaft nach.
Mir ist auch bewusst, dass sie die Praxis vermutlich auch ohne meine „Mutprobe" verunstalten werden und wenn ich ehrlich bin, hadere ich mit mir, um Alice anzurufen und ihr davon zu berichten, aber andererseits will ich auch kein Verräter sein, obwohl ich nicht hinter der Aktion von Jackson stehe.
Er scheint das auch nur tun zu wollen, um sich besser zu fühlen, auch wenn ich davon überzeugt bin, dass das rein gar nichts bringen wird. Aber diese Erfahrung soll er brav selbst machen. Ich bin weder mit ihm befreundet, noch kann ich ihn sonderlich gut leiden, wenn er so drauf ist.
Ich komme früher als erwartet wieder nachhause, dementsprechend überrascht fällt die Reaktion meiner Mum aus. Natürlich erkennt sie auch gleich, dass ich alles andere als zufrieden bin.
„Oh Schätzchen, was ist dir denn über die Leber gelaufen?"
Ich seufze. „Nichts, Mum. War einfach ein scheiß Tag heute."
„Es ist doch gerade mal 16.00 Uhr. Da fängt ein Tag für euch Jugendliche doch gerade erst an."
Ich zucke mit den Schultern. „Bin halt kein gewöhnlicher Jugendlicher."
„Baby" Mum lässt in der Küche alles stehen und liegen, kommt mit besorgtem Blick zu mir. „Was ist los? Hat es jemand rausgefunden und nicht gut reagiert?"
Ich schüttelte stumm den Kopf und lege die Arme um meine Mum, als sie es bei mir tut.
„Ich mache mir Sorgen, Miles. Bitte rede mit mir", fordert sie.
„Mir geht's gut, Mum", murmele ich. „Es weiß nach wie vor niemand. Ich... Ich bin einfach nur sehr enttäuscht von einer Person... ich dachte, er ist nicht so wie er immer tut..."
Meine Mum schiebt mich auf Armeslänge von sich weg, sieht mich mit diesem wissenden Blick an, der mir immer Angst macht, weil sie mein Hirn dann komplett durchzuscannen scheint.
„Magst du ihn?", fragt sie gerade heraus.
Ich komme gar nicht dazu nachzudenken, da schüttelt sich mein Kopf auch schon so energisch, als würde der Teufel persönlich mich in die Hölle zerren, wenn ich es nicht tue. „Kein Stück", behaupte ich.
Mum zieht bloß die Augenbrauen hoch, will etwas sagen, wird aber von der Türklingel unterbrochen.
Mum sieht die Tür hinter mit graden an. „Das ist jetzt seltsam, es haben doch alle einen Schlüssel."
Mein Herz hört auf zu schlagen, als Mum um mich herumgeht, um die Tür zu öffnen.
Etwas in mir erwartet irgendwie, dass Jackson davor steht. Vielleicht will er sich entschuldigen und erklären, was bei ihm falsch läuft.
Es ist dieses Etwas, dass die Enttäuschung durch meine Adern treibt, als Logan meine Mum anlächelt.
„Na nu, wer bist du denn?", meint sie verwundert.
Ich seufzte, gehe zu ihr. Er kann ja nur zu mir wollen.
„Ist okay Mum, das ist einer meiner... Freunde."

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Where stories live. Discover now