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• M I L E S •

Hingegen aller Erwartungen habe ich gestern keine Schelle von meiner Mutter bekommen.
Nein, im Gegenteil, sie ist mir um den Hals gefallen und hat verkündet, wie froh sie ist, dass es mir gut geht.
Als ich ihr dann berichtet habe, dass ich bei Jacks war und sie meine nasse Hose gesehen hat, war für sie alles klar.
Schön wär's, kämen diese Flecken von einer heißen Nacht, aber nein Jacksons Psycho-Freund musste ja mal wieder eine Psycho-Nummer abziehen.

Nachdem Logan und ich weg waren, hat er Jacks bestimmt wieder um den kleinen Finger gewickelt und zu einem willenlosen, verliebten Idiotenaffen gemacht.
Einerseits will ich nichts lieber als dass Jack begreift, was Jordan mit ihm macht, und ihn dann in die Tonne kickt, aber andererseits weiß ich, dass mich das eigentlich nichts angeht.

Wäre Jackson mein Freund, wäre das schon was anderes, aber so? Nein, er lebt sein Leben und ich meines.
Zu gerne würde ich Mum klarmachen, dass Jackson schon in festen Händen ist. Keine Ahnung, warum ich es nicht tue, immerhin könnte ich es ja neutral formulieren.

Den Samstag verbringe ich wenig aktiv mit lernen, lesen und zocken.
Immer wieder rutsche ich dabei in Gedanken an Jackson ab. Ich glaube einen Grund zu finden, warum unser Kuss mich beinahe um den Verstand bringt.
Mir ist so heiß geworden, meine Knie waren so wackelig, ich wollte immer mehr, weil uns jederzeit jemand hätte erwischen können.
Eine andere für mich logisch nachvollziehbare Erklärung gibt es nicht.
Aber das war eine einmalige Sache.

Jetzt küsst Jack nur noch Jordan. Er gibt nur noch ihm das Gefühl, bei ihm in Sicherheit zu sein. Er ist nur noch für ihn da, wenn's drauf ankommt. Bei mir wird sich das sicher nicht wiederholen.

Irgendwann kommt Bryce zu mir und zockt einfach mit. Zuerst bin ich darüber mehr als verwundert, aber dann beginnt er mich auszufragen über Jacks, warum ich dort geblieben bin und was wir gemacht haben.
"Rumgeknutscht", meine ich bloß abgelenkt
Geschockt sieht Bryce mich an.
Ich lasse ihn etwas zappeln und schaue dann lachend zu ihm. "Das Ist es doch, was du hören wolltest. Nein, keine Sorge, ich war anständig. Er ist immerhin schon in einer Beziehung..."
Ok vielleicht sollte ich nicht so enttäuscht klingen, wenn ich das sage...
"Magst du ihn?", hakt Bryce einfühlsam nach.
So erlebt man ihn nur selten. Normalerweise ist er der verrückte, nervende große Bruder aber jetzt gerade geht es ihm wirklich nur um mein Wohlbefinden.

Ich weiß, ich sollte ihn nicht anlügen. Aber es wäre nun mal besser so, wäre folgendes die Wahrheit.
"Nicht mal ansatzweise."
Bryce schaut mich nur kritisch an, ehe wir beide weiterspielen. "Wenn du das sagst", fügt er noch hinzu in einem Ton, der sagen will: Ha! Das glaubst du doch selbst nicht!
Das alles überfordert mich so.

Ich dränge jeden weiteren Gedanken an alles was mit Jacks zu tun hat einfach zurück und versuche mein Leben ohne den Oberaffen zu leben.
Nicht so einfach, wenn er plötzlich vor deiner Tür steht und deine Mum ihn begrüßt wie ihren Schwiegersohn.
Ich traue meinen Augen kaum, als er sich Sonntagmittag einfach zu meiner Familie an den Tisch setzt, meine Mum ihm schnell ebenfalls was zu essen bringt und so tut als sei es das Normalste auf der Welt.
"Was zum Teufel machst du hier?!', zische ich ihm aufgebracht zu.
Er grinst, als er feststellt, wie sehr mich seine Anwesenheit stört und zuckt mit den Schultern. "Ich wollte nach dir sehen und fragen wie's dir geht, nachdem was gestern alles so passiert ist."

Das sollte ich lieber dich fragen, du fickst mit einem Psycho!
"Hervorragend. Sieht man das nicht?!"
Wieso werde ich jetzt schon wieder so zickig? Oh mann.
Jackson scheint das aber mehr zu amüsieren, als alles andere, grinsend widmet er sich seinem Teller mit dem extra großen Schnitzel, das Mum ihm darauf gelegt hat.
"Du bist süß, wenn du so zickst, weißt du das?"
Er tut so als sei es nichts, mir sowas zu sagen, während meine Familie am Tisch sitzt.
Mein Dad erstickt deshalb ja nur fast und meine Mutter bekommt einen Kreischanfall.
"Willst du wissen was du mit deinen Komplimenten machen kannst, Jackson O'Brien?!" Ich schaue ihm herausfordernd in die Augen und er schaut mich nur neugierig an. "Du kannst jedes einzelne nehmen, sie zusammenpressen und dir allesamt in den Arsch schieben, sodass ich keines davon mehr hören muss, alles klar?"
Zuerst sieht er total perplex aus, dann nickt er und isst weiter als sei nichts passiert. "Klar."

Der macht mich noch fertig!

Frustriert stochere ich meine Pommes tot und stopfe mir dann die Gabel in den Mund, sobald sie ganz voll ist, was für alle, die mich dabei ansehen müssen, wohl nicht sehr appetitlich aussieht.
"Miles, mein Schatz, nimm doch bitte nur so viel in den Mund wie du auch schlucken kannst, ja?" Meine Mum klingt liebevoll, als sie das sagt.
Ich will ihr gerade zustimmen, als Jackson plötzlich lauthals zu lachen anfängt und sich dabei den Mund zuhält, damit er uns sein Essen nicht präsentiert.

Erst dann verstehe ich die Zweideutigkeit in diesem Satz und boxe Jackson auf die Schulter.
"Aua!", beschwert er sich sofort und hält die betroffene Stelle zu.
Kurz darauf entschuldigt er sich für seinen Lachflash, behauptet, er habe nur eben an einen Witz gedacht und isst schmunzelnd weiter.
Seine reine Existenz ist ein Witz für mich!
Wenigstens muss ich nicht beim Abräumen helfen, weil ich einen Gast habe und Mum meint, ich soll gleich mit ihm auf mein Zimmer gehen.
Sie zwinkert mir dabei so ekelhaft zu, als glaube sie, ich arbeite jetzt an meinen Schluckkünsten. Wohl eher am Würgen, wenn ich nur daran denke.
Obwohl... Jackson ist heiß, das darf ich ja zugeben, obwohl er ein Oberaffe ist.
Er hat bestimmt einen großen... aber der gehört Jordan und ich bin da wie ein knatschiger Hund. Ich teile meinen Knochen nicht gern. Und mein Spielzeug erst recht nicht.

Sobald wir in meinem Zimmer angekommen sind, lässt Oberaffe sich auf mein Bett fallen und lacht leicht. "Deine Familie ist der Hammer."
"Naja im Vergleich zu deiner ist das ja nicht schwer."
Ich rede mal wieder schneller als ich nachdenken kann und begreife erst wie überflüssig dieser Satz war, als Jacks zu lachen aufhört und eine Zustimmung brummt.
"Weißt du...", beginne ich und setze mich auf die Bettkante, so dass der größtmögliche Abstand zwischen uns ist. "... bei uns ist Sonntag immer sowas wie ein Familientag. Es ist also nicht selbstverständlich, dass du gerade in meinem Bett chillst..."
Was ich damit sagen will, weiß er genau, obwohl ich mich weigere, es auszusprechen.
"Das letzte Familienessen vor dem mit dir, bei dem ich willkommen war oder zumindest akzeptiert wurde, ist jetzt schon zwei bis drei Jahre her...", murmelt Jacks, dreht sich auf die Seite, sodass er mich ansehen kann.
"Wieso ist das bei euch so... lieblos?"
Ein anderes Wort kann es kaum besser beschreiben.
Jackson seufzt. "Das ist kompliziert. Das Ende der Geschichte ist, dass meine Eltern mir ein Apartment gemietet haben, damit ich nicht mehr zuhause wohne und somit weg von ihnen und Emma bin. Sie zahlen lieber monatlich so viel Geld wie andere in einem ganzen Jahr verdienen, um mich los zu sein, statt mich bei sich wohnen zu lassen."
"Aber warum?" Irgendwie rutsche ich ebenfalls in die Liegende und schaue ihn so fragend an.
"Ich hab dir vorhin zuerst eine Frage gestellt, beantworte du die mal", fordert er gespielt eingeschnappt.
Ich seufze. "Jacks..."
"Ich will nicht darüber reden, okay?" Er klingt gereizt, aber irgendwie auch etwas ängstlich.

Wieder erinnere ich mich daran, dass wir nicht befreundet sind. Er hat also keinen Grund dazu, mir zu vertrauen.
"Okay", murmele ich etwas enttäuscht.
Für mich ist seine Vergangenheit sowas wie der Schlüssel dazu, sein wahres Ich zu finden.
Das, das er so gut versteckt hält. Das einzige von ihm, das ich kennenlernen will, so gemein das auf den ersten Blick auch klingen mag.
"Also wie gehts dir?", hakt Jacks weiter nach und rutscht zu mir auf.
Ich drehe meinen Körper zur Seite, sodass wir uns nun direkt gegenüberliegen und uns ansehen. Wie nahe wir uns dabei sind bemerke ich nicht.
"Ich denke viel nach...",gestehe ich.
"Worüber?"
Erst als Jackson das flüstert und mir eine Haarsträhne zurück streicht, die störend in mein Gesicht fällt, merke ich, dass hier etwas nicht stimmt.
Diese Situation ist zu vertraut, zu intim, zu... liebevoll.

Ich sehe ihn einfach nur stumm an, während er auf eine Antwort wartet.
Etwas in mir will einen Test machen. Einen Test, ob das Samstag Nacht wirklich nur zum Spaß war oder um mir etwas zu beweisen.
Einen Test, der erklären würde, warum ich die ganze Zeit fast nur noch an ihn denke.
Aber der Großteil will es gar nicht wissen.
Er kennt die Antwort schon. Und verdrängt sie.

©Cupid42hearts

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Where stories live. Discover now