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• M I L E S •

„Es lebt!"
Der Schrei meines Bruders veranlasst mich dazu, genervt die Augen zu verdrehen, als ich mich zu meiner Familie an den Frühstückstisch setze.
„Klappe, du Stinker."
Ich werfe Bryce einen bösen Blick zu, aber muss grinsen, weil er einen Schmollmund zieht und damit mehr als lächerlich aussieht.
Mein Nervenzusammenbruch in der Fahrstuhlpraxis ist heute vier Tage her.

Ich nehme meine Tabletten wieder regelmäßig und merke, wie sie dabei helfen, mich und meine Gedanken durch das Leben zu balancieren. Zwar weiß ich, dass es wieder etwas dauern wird, bis sie mich komplett ausgleichen, aber schon heute fühle ich mich zumindest gut genug, um zurück zur Schule zu gehen.
Es hat mich verdammt überrascht, als Logan am Mittwoch mit dem Oberaffen in meinem Zimmer stand, aber irgendwie hat es mich auch gefreut, auch wenn ich das nicht auszudrücken gewusst habe.
Gestern waren die beiden wieder hier. Mir ging es etwas besser, sodass wir mehr tun konnten, als nur in meinem Bett zu pennen. Wir haben uns unterhalten. Naja, Jackson und Logan haben mich unterhalten, wenn ich ehrlich bin.
Erst war alles noch ganz normal, ich lag eingekuschelt in meinen Kissen und Decken im Bett und habe zumindest darüber nachgedacht, vielleicht irgendetwas zu tun, als die beiden Mal wieder in meinem Zimmer standen.
Logan meinte, meine Mum hätte sie reingelassen. Das hat mich ziemlich verwirrt, aber am Abend hat Mum mir dann erklärt, dass sie sich ein paar Tage freigenommen hat, um für mich da zu sein.
Ich fand das irgendwie süß, weil sie mich einfach nicht alleine lassen wollte, obwohl sie wusste, wenn ich so drauf bin, will ich sie nicht in meiner Nähe.

Logan hat sich zu mir aufs Bett gepflanzt, wodurch kein Platz mehr für Jackson da war und die beiden haben angefangen, sich zu streiten und schließlich haben sie sich rangelnd über den Boden gerollt.
Ich habe ihnen tatenlos dabei zugesehen, doch nach einer Wille musste ich grinsen und fieberte innerlich für Jackson mit, nur damit Logan mal ein wenig gegen sein viel zu großes Ego geholfen wurde.
Mum ist irgendwann reingekommen und hat die kleine Prügelei unterbrochen mit den Worten: „Ach Babys, jetzt streitet euch doch nicht. Ich bin sicher, Miles hat euch beide gleich lieb."
Dann ist sie wieder abgezischt und ich bin vor Scham fast im Boden versunken.

Logan hat verkündet, wie sehr er meine Mum liebt, Jackson hat sich zu mir aufs Bett geworfen und sich über mich lustig gemacht. Aber nicht auf die fiese Art, sondern die Art, die mich selbst zu lachen gebracht hat, solange bis Logan beschlossen hat, dass es eine einfache Möglichkeit gibt, wie wir alle in mein Bett passen.
Er hat sich einfach auf mich gelegt und irgendetwas von aufeinanderstapeln geredet.
Jackson hat angefangen, sich über Logan zu beschweren und Logan hat angefangen, sich über Jackson zu beschweren.
Irgendwie sind wir dann dazu gekommen, dass Jackson und Logan über den jeweils andern peinliche Kindergeschichten erzählt haben.
Das hat mir wirklich geholfen.
Kaum zu glauben, aber ich bin dem Oberaffen und Logan echt dankbar.

Heute beim Frühstück kann Mum gar nicht anders als mich wissend anzugrinsen.
Die denkt ernsthaft, Jackson, Logan und ich hätten meine Depressionen weggevögelt. Alle zusammen. Gleichzeitig.
Ich will gar nicht wissen, was sich für Bilder in ihrem Kopf befinden. Ihr Blick reicht mir.
Dad ist von alle wem weniger begeistert. Er mag Jackson nicht besonders.
Er findet, Jackson würde sich zu viel Mühe geben, einen guten Eindruck zu machen, seine Freundlichkeit sei aufgesetzt. Er hat eine mindestens so gute Menschenkenntnis wie ich.
Bryce besteht heute darauf, mich zur Schule bringen.
Er genießt es, sich als großen Bruder aufspielen zu können. Mich nervt es einfach nur.

Als wir auf dem Schulparkplatz halten, steigt er sogar mit aus.
„Was soll das werden?", zische ich ihm zu.
Er grinst. „Was denn? Ich bringe meine kleine Prinzessin zur Schule."
„Halt deine dumme Fresse!" Ich schubse ihn zur Seite, er stößt gegen jemanden.
„Alter! Pass auf, wo du..." Jordan dreht sich wütend um, aber als er Bryce anschaut, ändert sich seine Mimik sofort und das Rest seines Satzes wechselt in einen verblüfften Ton. „...hinläufst"
Okay, muss ich das jetzt verstehen?
„Sorry, Kumpel, war ja keine Absicht", entschuldigt sich Bryce genervt.
Er will mit mir weitergehen, aber Jordan hält ihn auf, indem er sich seinen Unterarm schnappt. „Hei warte mal. Bist du neu?"
Bryce lacht leicht. „Ne ne. Dass ich ne Schule von innen gesehen hab, ist schon ein Weilchen her. Ich bin nur hier, um mal nach dem Rechten zu sehen, für mein Brüderchen."
Er nimmt mich in den Schwitzkästen und rubbelt über meinen Kopf.
„Mann, Bryce! Kannst du der Welt nicht einfach einen Gefallen tun und tot umfallen?!"
Lachend lässt er mich wieder los.
Jordans fassungsloser Blick trifft mich. Plötzlich wirkt der Ausdruck in sein Augen ganz anders.
Der hatte doch jetzt nicht ernsthaft vor, sich an Bryce ranzumachen? War für einer ist er denn bitte? Also ich weiß zwar nicht, in welchem Verhältnis genau Jackson und Jordan zueinander stehen, aber trotzdem verstehe ich nicht, wieso man sich nach anderen umsehen sollte, wenn man Jacks hat... Also... Ich meine halt nur, weil mein Bruder aussieht wie eine Mülltonne und Jackson ganz akzeptabel... Ach fuck.
„Brauchst du jetzt schon einen Beschützer?" Jordan schaut auf mich herab.
Ich hasse es. Ich hasse es so sehr.
Ich bin etwa so groß wie der Durchschnittsamerikaner, aber es gibt eben auch jemanden (Wie Jordan) der größer ist als ich und dann blickt er mich auch noch so abwertend an...
Und ich bin dann der, der Tabletten schlucken muss, um überhaupt mit meinem erbärmlichen Leben klarzukommen.
Danke, Jordan. Kannst du dir nicht einfach 'ne Tüte über den Kopf ziehen?
„Nein, er kann schon ganz gut auf sich selbst aufpassen. Ich wollte nur mal sehen, wies heutzutage so auf 'ner Schule ist. Aber die Kinder werden wohl weder reifer noch intelligenter." Als Bryce das mit einem vielsagenden Unterton zu Jordan sagt, springt sein Blick wieder zu meinem Bruder und er zieht eine Augenbraue hoch.
Es ekelt mich an, mit welch hungrigem Blick er ihn ansieht. Kann er das nicht wenigstens unauffällig machen?

Real me [BoyxBoy] + Cupid42hearts Where stories live. Discover now