- Kapitel 1 -

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Amara
14:34 Uhr

"Amara, hier ist ein Brief für dich gekommen. Er ist von Sofia Jimenez."
Stirnrunzelnd reicht mir Pino den Briefumschlag, den ich ihm ebenfalls stirnrunzelnd abnehme.

"Ist das die Sofia, die mit Miguel Jimenez verwandt ist?", fragt mich mein bester Freund und schließt die schwere Holztür hinter ihm.
Seine Lackschuhe treffen mit hellen Geräuschen auf den schwarzen Marmorboden, während er näher kommt.

Ohne ihm zu antworten, öffne ich mit meinem goldenen Taschenmesser die Seite des verzierten Umschlags und ziehe das teure Briefpapier heraus.

Liebe Amara,
auch, wenn der Kontakt zwischen uns weniger geworden ist, habe ich darauf bestanden, dass wir dich zu unsere Hochzeit einladen. Ich kann verstehen, wenn du aus persönlichen Gründen und aufgrund der Differenzen mit meinem Bruder die Einladung nicht annimmst, würde mich aber umso freuen, wenn du erscheinst.
Die Trauung findet am 12.03. um 14 Uhr auf der Isla Mujeres statt. Anschließend gibt es einen Sektempfang und ein Kuchenbuffet am Strand.
Ich habe dir ein Hotelzimmer gebucht. Du kannst bereits am 11.03. anreisen und bis zum 14.03. bleiben.
Fühl dich gedrückt,
deine Sofia

Nachdem ich den Brief zu Ende gelesen habe, lasse ich mich auf meinen Sessel fallen.

"Drohen sie dir?", fragt Pino wütend und will mir den Brief aus den Händen reißen, doch ich reagiere schnell und lasse den Brief in einer der Schubladen meines Schreibtischen verschwinden.

"Amara, was will die Jimenez Schwester von dir?!", fragt er ungeduldig und stützt sich auf dem Schreibtisch ab.

"Sie hat mich zu ihrer Hochzeit eingeladen.", informiere ich ihn heiser.

"Warum sollte sie das tun?"
Pino lacht falsch, als würde ich ihm einen Bären aufbinden.

"Weil wir sowas wie beste Freundinnen sind.", erkläre ich ihm und wende meinen Blick ab, weil mir der Gedanke an ihren Bruder mit die Tränen in die Augen treibt.
Immer wieder blitzt die Szene vor meinem geistigen Auge auf, wie er auf dem roten Stoffsessel sitzt und die Schlampe zwischen seinen Beinen kniet.

"Ich dachte, ihr hattet nur eine kurze Affäre.", hakt mein bester Freund nach und zündet sich eine Zigarette an.

"Du sollst nicht in meinem Büro rauchen, Pino.", ermahne ich ihn und öffne das große Fenster, damit der Rauch entfliehen kann.

"Und jetzt sollst du zu ihrer Hochzeit kommen?"

"Ja."

"Und? Gehst du hin?"
Pino hat sich nach draußen gestellt und raucht dort seine Zigarette weiter.

"Er wird mich eigenhändig umbringen, wenn ich dort auftauche.", hauche ich und starre in die Ferne.
Über dem dichten Dschungel liegt eine diesige Nebelschicht.

"Vermutlich.", zuckt Pino mit den Schultern und lockert seine Krawatte etwas. Heute ist die Luftfeuchtigkeit besonders hoch, da es letzte Nacht geregnet hat.

"Und dann fragst du mich, ob ich dahin fahre?", lache ich leise und trinken einen Schluck von dem prickelnden Sekt. Er kühlt meine brennende Kehle und schmeckt bittersüß, so wie ich es liebe.

"Und wenn ein paar deiner Männer mitkommen?", schlägt Pino vor.

"Meinst du, dass ihn sowas davon abhalten wird, mich zu erschießen?", überlege ich laut und trete zu ihm auf die Terrasse. Der Anblick meines gepflegten Gartens und die teure Ausstattung zeigt mir, dass ich viel größer bin als Miguel Jimenez.

Ich knalle das Sektglas auf den Holztisch.
"Ich fliege hin.", lege ich fest.

Er wird wissen, dass ich eingeladen bin und es wird ihn bestätigen, wenn ich nicht auftauche. Das ist doch das, was er will. Er rechnet nicht mit mir und deshalb fliege ich erst recht hin.

"Bist du dir sicher? Du hast ihm drei seiner wichtigsten Handelsrouten unter dem Nagel weggerissen. Er ist mehr als sauer auf dich.", will Pino mich umstimmen.

"Tank den Range Rover voll, ich fahre morgen früh los.", übergehe ich seine Anspielung und verlasse mein Büro.
Im Moment läuft alles einwandfrei, sodass ich sowieso nichts zu tun hätte.

"Amara, Princesa. Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.", beginnt er erneut und eilt mir hinterher.

"Jasper findet das bestimm-"

"Hör mir auf mit Jasper. Tu einfach das, was ich dir gesagt habe, comprende?", herrsche ich ihn an und verschwinden dann nach oben. Wütend reiße ich die Tür zu meinem Zimmer auf und suche mir ein passendes Outfit für die Trauung aus.
Dass mir die Leute mit 24 Jahren immer noch sagen wollen, was ich wie zu tun habe, geht mir mächtig gegen den Strich.

Ich entscheide mich für einen rotes Satinkleid und schwarze Highheels aus Lack.

"Rot steht dir am Besten, mi amor.", hatte er mir damals immer ins Ohr geflüstert.

Jetzt wird er sehen, wie gut mir die Farbe steht.

Durch die offene Balkontür höre ich zwei Autotüren knallen und versuche die Stimmen einzuordnen.

Ich seufze, als ich die Stimme meines Bruders erkenne.
Pino wird ihm gleich alles erzählen und dann wird Jasper hier hoch kommen und mich versuchen von meinem Vorhaben abzubringen.

Gebannt schaue ich auf die Uhr. Ich gebe ihm zwei Minuten, dann wird er hier o-

"Hast du sie noch alle?", faucht der trainierte Kerl mit den blonden Locken und stößt die Tür so heftig auf, dass die Türklinke mir den Putz aus der weißen Wand schlägt.

"Entschuldigung?", frage ich ihn auffordernd und lege mein Outfit in meine schwarze Louis Vuitton Tasche.

"Du wirst auf keinen Fall zu diesem Bastard fahren!", zischt mein kleiner Bruder. Die Ader an seinem Kopf schlägt so schnell, dass ich Angst kriege, er würde gleich einen Schlaganfall erleiden.

"Ich kann auf mich selber aufpassen und ich kann auch für mich selber Entscheidungen treffen, danke.", spreche ich mit fester Stimme und deute auf die Tür, durch die er gerade gekommen ist. Jasper schaut sich zwar kurz um, denkt jedoch gar nicht daran mein Zimmer zu verlassen.

"Anscheinend nicht, der Kerl wird dich umbringen. Weißt du nicht mehr, wie kaputt du damals warst, als er sich von der Schlampe den Schwanz hat lutschen lassen?!", brüllt er und tritt gegen den Bettpfosten.

"Halt jetzt die Klappe, Jasper! Sofia hat mich zu ihrer Hochzeit eingeladen und nur deshalb fahre ich dahin. Miguel Jimenez kann mich am Arsch lecken und das werde ich ihm auch deutlich machen. Und jetzt verschwinde und hör auf mich ständig zu belehren.", werde auch ich wütend und feuere meine Sachen in die Tasche.

"Ich komme mit.", beschließt er.

"Nein, jemand muss hier bleiben und die Stellung bewahren.", lehne ich ab.

Es geht los❤️‍🔥

La Reina de MexicoOnde histórias criam vida. Descubra agora