- Kapitel 34 -

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Amara

"Ich bin vielleicht schon weg, wenn du morgen aufwachst.", erklärt er mir ruhig, während er vor der Badezimmertür steht und mich beäugt. 

"Okay.", hauche ich, obwohl es mich irgendwie verletzt. Ich weiß nicht, wann ich ihn wiedersehen und das ist vermutlich das größte Problem. 

"Du könntest mitkommen. Nach Culiacan. Ich müsste auch noch mal rüber nach Amerika, da könnten wir nach Los Angeles und nach Miami, zu deinem Vater."

"Woher weißt du, dass mein Vater noch in Amerika ist?", kneife ich die Augen zusammen. 

"Beruhig dich, Princesa. Ich weiß das nicht, weil ich vor habe deinem Vater etwas anzutun, -"

"Schaffst du auch gar nicht.", unterbreche ich ihn, woraufhin er irritiert die Augenbrauen zusammenzieht. 

"Wie dem auch sei. Glaubst du, ich habe dich in den zwei Jahren aus den Augen gelassen?", erklärt er mir, warum er das mit meinem Vater weiß. 

"Mein Vater geht dich gar nichts an.", schüttel ich den Kopf. 

Er hebt die Hände.
"Princesa, entspann dich. Ich will dir und deiner Familie nichts. Ich will nicht mal Jasper was, obwohl er es verdient hätte. Ich hätte dich nur einfach gerne bei mir, weil wir uns sonst erst in zwei Wochen wiedersehen.", begründet er seine Aussage. 

"Dann ist das eben so. Ich muss schließlich auch arbeiten und kann nicht einfach nur mit dir herum reisen."
Ich bin plötzlich so unglaublich wütend und weiß gar nicht wirklich warum. 

"Du weißt, dass ich das nicht gedacht habe. Hör auf zu denken, als würde ich dir ständig einen Stein in den Weg legen wollen oder dich nicht für voll nehmen. Das tue ich sehr wohl. Sieh dich an, wie kann man vor dir keinen Respekt haben?"
Früher wäre er mir gegenüber laut geworden, heute ist er erstaunlich ruhig. Er hat nicht einmal seine Tonlage angehoben. 

Als ich nicht antworte, streift er sich das Jackett von den Schultern, wirft es auf das große Bett und knöpft sich sein Hemd auf. 

"Ich vertraue dir nicht, das ist alles.", rede ich mich raus. 
Es stimmt ja auch, ich vertraue ihm tatsächlich nicht. 

"Falsch. Du vertraust mir geschäftlich nicht. Noch nicht. Privat schon, sonst hättest du nicht mit mir geschlafen."
Mittlerweile hat er sein weißes Hemd ganz aufgeknöpft. 

"Du musst immer das letzte Wort haben, oder?", verdrehe ich die Augen und laufe zur Tür. 

"Wenn ich doch Recht habe?", ruft er mir lachend hinterher, während ich die Tür öffne. 

"Bis dann.", verabschiede ich mich und schaue noch einmal auf seinen trainierten Oberkörper, bevor ich das Gästezimmer verlasse. Kopfschüttelnd laufe ich den Flur entlang und nehme mir aus dem Abstellraum noch eine Flasche Wasser, bevor ich die Treppen nach oben laufe. 

Sollte ich vielleicht doch mitgehen nach Culiacan? 
Ich muss einigen meiner Leute sowieso noch einen Besuch abstatten und kann mich gleich beim Amt umhören, wie es mit den abgelegenen Lagerhallen aussieht. Ich brauche dringend einen großen und gleichzeitig sicheren Lagerplatz für die Kokain-Lieferungen in die USA. 

"Amara?"

Ich erschrecke mich und nehme meine Hand von der Türklinke meines Zimmers. 

"Ich bins nur.", gibt sich mein Bruder zu erkennen. 

Erleichtert atme ich aus. 

"Ist Miguel noch da?", fragt er, während er sich mit der Hand durch den Nacken fährt. Er sieht unsicher aus und eigentlich kenne ich ihn so gar nicht. 

"Ja, er ist unten im Gästezimmer, wieso?", frage ich leise und gehe auf ihn zu. 

"Ich möchte nur, dass du auf dich und uns aufpasst. Miguel hat uns, aber vor allem dir, viel Leid zugefügt, ich will nicht, dass sich das wiederholt.", beginnt er. 

"Ich will dir eigentlich nur sagen, dass du machen kannst, was du willst. Ich will dir da nicht mehr reinreden und ich vertraue dir. Wenn du mit Miguel ins Bett gehst, dann ist das in Ordnung. Wenn nicht, dann ist das natürlich auch in Ordnung. Ich vertraue dir und ich weiß, dass du Pino und mich niemals im Stich lässt."

Seine ehrlichen Worte überraschen mich. 

"Und wenn du dir mit Miguel mehr vorstellen kannst, dann will ich dir da nicht im Weg stehen. Von mir aus ist das okay, aber verlier dich nicht wieder selbst. Das will ich nicht noch einmal mit ansehen müssen.", beendet er seinen Monolog. 

"Jasper.", flüstere ich und nehme ihn in den Arm. 

"Ich werde dich und Pino niemals alleine lassen. Ich werde immer für euch da sein, das verspreche ich dir. Und da wird Miguel auch nichts dran ändern können, dafür gebe ich dir mein Wort.", spreche ich, während er seine Arme um mich schlingt. 

"Dann werde ich mich mit Miguel nicht mehr anlegen, für dich.", verspricht er mir ebenfalls. 

Ich beginne leise zu lachen.
"Ich habe nichts dagegen, wenn du ihm die Stirn bietest. Nur solltest du nicht mehr deine Waffe ziehen, ich will nicht, dass euch beiden etwas passiert, hörst du?"

"In Ordnung. Ich werde es ihm also nicht leicht machen.", versteht er meine Worte und grinst danach zufrieden. 

"Si.", nicke ich, nachdem ich mich von ihm gelöst habe. 

"Dann schlaf gut, Amara.", will er sich verabschieden, doch ich halte ihn auf. 

"Jasper. Ich gehe vermutlich morgen mit Miguel mit, wir müssen in Culiacan etwas geschäftlich klären. Danach sind wir in Amerika, ich will mir die Routen genauer ansehen. Wollen wir uns in Miami bei Vater treffen?"

Er lächelt.
"Ja, gerne. Sag mir, wann ich da sein soll."

"In Ordnung, buenas noches.", winke ich ihm zu und gehe ein Stückweit erleichtert in mein Zimmer. Jasper scheint also mit sich im Reinen zu sein. Wie lange das der Fall sein wird, kann ich nicht sagen, aber immerhin hat er sich Gedanken gemacht.

Erschöpft schließe ich die Tür hinter mir und fahre mir durch das Gesicht, bevor ich ins Bad laufe und mich abschminke. 

La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now