- Kapitel 115 -

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Miguel

"Jasper, entschuldige dich bei ihm.", ruft Amara über mich hinweg. 

"Einen Scheißdreck werde ich tun!", faucht Jasper. 

"Wie im Kindergarten, sag ich ja.", brumme ich vor mich hin und ziehe meinen Kopf weg, weil Amara viel zu fest drückt. 

"Und du hältst jetzt einmal im Leben deine Klappe!", meckert sie mich an und drückt mir ihren Zeigefinger auf die Brust. Stumm erwidere ich ihren strengen Blick, verkneife mir jedoch einen Kommentar. Ihr Idiot von Bruder kann ja nicht mal alleine mit mir reden. 

Amara holt aus der Küchen ein weißes Tuch und ein Pflaster, dann greift sie nach dem Desinfektionsmittel und stellt sich zwischen meine Beine. Sie greift unsanft unter mein Kinn und drückt meinen Kopf in den Nacken, sodass sie sich meine Wunde besser ansehen kann. 

"Nimm deine Hände da weg.", warnt sie mich, nachdem ich meine Hände unter ihren Hintern gelegt habe. 

"Sei nicht so. Ich habe nicht getan.", murmel ich und lasse meine Hände dort liegen, um mit dem Daumen kleine Kreise auf ihrem Oberschenkel zu malen. 

"Und was ist dein 'ich habe nichts getan'?", zitiert sie meine Worte und drückt das feuchte Tuch auf die offene Wunde über meinem Augen. Ich presse den Kiefer aufeinander, weil der Schmerz kaum auszuhalten ist. 

"Er hat mich provoziert. Da habe ich ihm eben gesagt, dass wir-"
Ich unterbreche mich selber. Wenn ich ihr das jetzt sage, dann fange ich mir eine zweite Faust, definitiv. 

"Dass wir...?", fragt sie auffordernd und legt das rote Tuch auf den Tisch, um nach dem Pflaster zu greifen. 

"Man, dein Bruder hasst es, dass ich derjenige bin, der mit dir ins Bett steigt. Das musste ich ihm eben unter die Nase reiben!", verteidige ich mich. 

Sie zieht ihre Augenbrauen abwartend hoch und fordert mich stumm auf, ihr endlich zu sagen, was genau ich gesagt habe. 

"Ich habe ihm gesagt, dass ich dich gestern auf der Küchentheke weggemacht habe.", murmel ich und merke zeitgleich wie idiotisch das ist. Ich hätte vielleicht einfach meine Klappe halten sollen, außerdem geht es auch niemanden etwas an. 

"Bitt was?!", zischt sie und schlägt meine Hand von ihrem Hintern. 
"Hast du sie noch alle?!"

"Er hat es drauf angelegt, mi Amor.", rechtfertige ich mich, bevor ich mir eine Backpfeife fange. 

"Au.", brumme ich und lege meine linke Hand an die zwirbelnde Stelle in meinem Gesicht. 

"Dass du dich immer provozieren lassen musst! Wie ein Kind!", zischt sie. 
Sie ist nicht wirklich sauer. Sie behandelt mich nur wie eine Mutter, die ihr Kind erziehen muss. Und so fühle ich mich auch gerade. 

Wie ein Kind, dass von seiner Mutter beigebracht kriegt, wie es sich zu benehmen hat. 

"Und jetzt schmoll nicht rum.", beendet sie unser Gespräch und klebt das Pflaster auf meine Schläfe. 

"Meine Wange tut auch weh, kannst du dir das auch noch mal ansehen?", frage ich und schiebe meine Unterlippe nach vorne um einen Schmollmund zu machen. 

"Miguel, ich warne dich.", kneift sie die Augen zusammen und räumt anschließend den Müll weg.

"Das tut wirklich weh!", beschwere ich mich. 
Bestimmt ist meine Wange ganz rot, so wie meine Haut brennt. 

Sie knallt den Mülleimer zu und dreht sich um, um mich kurz darauf mit einem vielsagenden Blick anzustarren.

"Aber ich hatte es auch verdient.", knicke ich nickend ein und reibe über meine Wange. Ihre Mundwinkel zucken, nachdem ich meinen Satz ausgesprochen habe, doch sie versucht sich ihre Belustigung nicht anmerken zu lassen. 
Ihre Fassade bröckelt, aber das will sie auf keinen Fall zugeben. 

"Du hast das ganze Essen versaut.", verdreht sie die Augen. 

"Ich? Nein. Es war alles gut, bis dein Bruder hier aufgetaucht ist."

Ein Blick nach draußen zeigt mir, dass auch Jasper sich wieder beruhigt hat. Vielleicht musste das ja mal sein, damit er seine Wut mir gegenüber rauslassen kann. 

"Geh hin und entschuldige dich bei ihm.", fordert sie mich auf und stellt sich mit verschränkten Armen vor mich. 
Brummend stehe ich vom Stuhl auf und schaue genervt umher. 

"Los geh schon.", hetzt sie mich und schiebt mich zur Terassentür. 

Jasper und Richard sitzen mittlerweile um den gedeckten Tisch herum, während ich wie ein Idiot die Terassentür öffne und den Blickkontakt zu Jasper suche. 

"Ey Jasper. Tut mir Leid, ich wollte dich nicht so provozieren.", bringe ich schwerfällig über meine Lippen. Amara verlangt Dinge von mir, in denen ich überhaupt keine Übung habe. Das erste Mal entschuldigt habe ich mich bei ihr und jetzt muss ich es bei ihrem Bruder tun. 

Jasper verschränkt die Arme und wendet seinen Blick beleidigt ab.

"Jasper, stell dich nicht so an. Schau dir sein Gesicht an.", knurrt Amara. 

Auch Richard sieht seinen Sohn mit hochgezogenen Augenbrauen an und warte auf eine Antwort. 

"In Ordnung.", nuschelt er letztendlich.
"Mir tut es auch Leid."

Nickend mache ich ihm klar, dass ich seine Entschuldigung annehme, auch wenn ich es eigentlich nicht will. Dieser kleine Pisser kann mich mal kreuzweise am Ar-

"Hilf mal Dad beim Grillen.", schubst Amara mich an und setzt sich dann neben seinen Bruder. 

Diese Familie schafft es wirklich, dass ich mich klein fühle. Sie schaffen es wirklich, dass ich meine komplette Autorität verliere. 
"Hilf du doch deinem Dad beim Grillen."

Überrascht schaut sie mich an, dann erkenne ich Mitleid in ihrem Gesicht. 
"Was ist los?"

Ohne zu antworten gehe ich auf den Grill zu und ignoriere Amaras Schritte hinter mir. Richard ist irgendwo im Haus und sucht vermutlich irgendwas zusammen.

"Hey."
Ihre Hand hat sich auf meine Schulter gelegt, doch ich schüttel sie ab. 

"Ihr behandelt mich wie einen Trottel. Du verlangst von mir, dass ich mich bei deinem Bruder entschuldige, obwohl du weißt wie schwer mir das fällt. Und obwohl ich überhaupt nichts gemacht habe. Er hat mir eine reingehauen.", flüstere ich, damit Jasper am Tisch nichts mitkriegt. 

"Miguel, niemand behandelt dich wie einen Trottel. Ich kann nichts dafür, dass dir noch niemand die Grenzen aufgewiesen hat."

"Grenzen? Dios, mir gehört Mexiko und Amerika, von welchen Grenzen redest du? Ihr demütigt mich seitdem ich hier bin.", zische ich und drehe wütend die Würstchen um. 



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