- Kapitel 48 -

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Miguel
09:24 Uhr

Amara liegt nicht mehr im Bett, als ich aufwache. Stirnrunzelnd schaue ich mich Zimmer um und schaue anschließend im Bad nach.

Keine Spur von ihr.

"Amara?", rufe ich laut nach ihr und gehe auf den Flur.

Es ist ruhig im Haus, fast so ruhig, als wäre ich alleine. Amara's Tasche steht noch in der Ecke, sie kann also nicht weg sein. Ich ziehe mir eine Jogginghose und einen Pullover über und gehe nach unten.

"Amara?", rufe ich erneut, um dann festzustellen, dass sie draußen auf der Terrasse in der Morgensonne sitzt und einen Tee trinkt.

"Dios, ich dachte du bist gefahren.", gestehe ich ihr erleichtert und fahre mir durchs Gesicht, bevor ich ihr einen Kuss in den Nacken hauche.

"Ich trinke nur Tee.", erwidert sie kurz und lässt mich über ihre schlechte Laune rätseln. Sie klingt abwesend und scheint von meiner Anwesenheit nicht gerade begeistert zu sein.

"Hast du nicht gut geschlafen?", frage ich und setze mich neben sie. Einen Blick in ihr hübsches Gesicht kann ich nicht erhaschen, weil sie mir aus dem Weg zu gehen scheint.

"Möchtest du jetzt schon was essen? Ich kann dir eben etwas machen? Croissants mit Marmelade? Oder Obst?", frage ich sie, obwohl sie auf meine erste Frage nicht geantwortet hat.

Vielleicht ist sie einfach schlecht gelaunt, weil sie Hunger hat.

Sie schüttelt den Kopf.
"Nein, danke. Es reicht, wenn wir nach dem Geschäftstermin frühstücken."

Ich stehe auf und hole mir aus der Küche meine Zigaretten, um mich zu beruhigen. Warum behandelt sie mich so? Und warum sagt sie mir nicht, was ihr Problem ist? Habe ich ihr nicht erst vor kurzem gesagt, dass sie alles mit mir besprechen soll?

Ich will mich nicht wie früher mit ihr streiten, weil wir zu wenig kommuniziert haben. Missverständnisse sollen nicht mehr der Grund sein.

Mit der Kippe zwischen den Lippen, stelle ich mich in den Türrahmen, bevor ich sie anzünde und den giftigen Rauch auspuste.

"Rede mit mir, wenn du ein Problem hast, mi Amor.", fordere ich sie auf.

"Ich habe mir Sorgen gemacht, als du einfach weg warst. Das hat mich an Los Angeles erinnert, damals.", fahre ich fort.

"Wenn ich mich recht erinnere, lag das daran, dass du dir in diesem Puff den Schwanz hat lutschen lassen.", runzelt sie die Stirn, schaut mich jedoch nicht an.

"Du weißt, dass das nicht stimmt.", erkläre ich ihr erneut. Das weiß sie doch, oder? Ich habe ihr das vor ein paar Tagen doch noch erklärt? Ich habe ihr doch gesagt, wie es wirklich war. Glaubt sie mir das etwas nicht?

"Was ist los? Hast du schlechte Nachrichten bekommen? Ist etwas mit Jasper oder deinem Vater?", versuche ich erneut etwas aus ihr heraus zubekommen.

"Nein, es ist alles in Ordnung. Musst du dich nicht anziehen? Wir müssen in 15 Minuten los."
Sie wirft einen kurzen Blick auf ihre goldene Uhr.

"Verstehe.", brumme ich, weil sie mich los werden will. Ich schaue sie noch einen Augenblick an und gebe ihr die Möglichkeit ihre Worte zurückzunehmen. Amara starrt in die Ferne und nimmt einen Schluck von ihrem Tee.

Mich ignoriert sie.

Genervt haue ich leicht gegen den Türrahmen und verschwinde nach oben, um mir einen frischen Anzug herauszulegen und mich zu waschen. Habe ich heute Nacht irgendwas gemacht, weshalb sie so abweisend zu mir ist?
Ist sie sauer wegen Ricarda?

Ich habe ihr gesagt, dass wir über alles reden müssen. Warum hält sie sich nicht dran? Wenn ich einen Fehler gemacht habe, soll sie mir das sagen. Vielleicht habe ich etwas gesagt, was sie in den falschen Hals bekommen hat? 

Früher wäre mir das egal gewesen, aber heute nicht mehr. Davon abgesehen war sie mir noch nie egal, aber trotzdem habe ich mir über mein Verhalten keine Gedanken gemacht. Und heute stehe ich hier und grübel darüber, was ich falsch gemacht haben könnte.

"Weichei.", flüstere ich genervt und trockne mein Gesicht ab.

Ich habe dir doch gestern noch gesagt, dass ich sie nicht ausnutze, nur weil sie mich liebt. Hat sie das nicht verstanden?
Oder hat ihr dämlicher Bruder ihr etwas eingeredet?

So langsam werde ich wütend, aber Sofia hat mir beigebracht tief durchzuatmen und die Wut auszupusten.

Ihre Worte, nicht meine.

Wenn mir gleich jemand quer kommt, dann will ich für nichts garantieren. Da hilft auch Sofia's Atemtechnik nicht.

Genervt ziehe ich mir meinen schwarzen Anzug über und lege meine silberne Uhr an. Das Parfum brennt an meinem Hals und holt mich kurz in die Realität zurück, dann ziehe ich meine Lackschuhe an und gehe nach unten zu Amara.

Früher hätte ich sie genauso ignoriert, wie sie mich ignoriert. Aber heute ist nicht mehr früher und heute werde ich nicht nach geben und locker lassen. Ich werde sie nicht ignorieren, sondern ihr weiterhin Aufmerksamkeit schenken.

"Ich bin fertig, wir können.", teile ich ihr mit und halte ihr meine Hand hin, um ihr auf zu helfen.

Sie schaut kurz zu mir hoch, dann fällt ihr Blick auf meine Hand. Unbeeindruckt steht sie auf, ohne nach meiner Hand zu greifen und geht an mir vorbei in die Küche.

Schnaufend nehme ich meinen ausgestreckten Arm wieder herunter und laufe ihr nach.

"Wir müssen uns einen Club ansehen, da geht es nicht mit rechten Dingen zu, meine ich. Einige Nutten arbeiten wohl mit einem kleinen Drogendealer zusammen, das will ich mal aufklären.", erkläre ich ihr, während sie die Tasse in die Spülmaschine stellt.

"Wie lange geht das schon?", fragt sie.

"Drei oder vier Wochen, Xavier hat es durch Zufall gehört.", zucke ich mit den Schultern und führe sie mit einer Hand am Rücken in den Flur, wo sie ihre High Heels anzieht und danach mit mir zum Auto läuft.

Heute fahre ich selber, weil ich mit ihr alleine sein will. Beim Frühstück soll uns keiner belauschen und beim Autofahren auch nicht.

La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now