- Kapitel 55 -

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Miguel
14:37 Uhr

"Ich muss nochmal los, Richard lügt mich an und ich muss das heute klären, sorry.", gebe ich Amara Bescheid, die in der Sonne auf einer Liege liegt. 

"Warum? Ich komme mit.", beschließt sie und will sich hochdrücken, doch ich halte sie an der Schulter auf. 

"Nein. Du kommst nicht mit.", lehne ich ab und setze mich an ihre Beine. 

"Warum sollte ich nicht mitkommen?", runzelt sie die Stirn und setzt sich auf, um mich besser zu sehen. 

"Weil es zu gefährlich ist. Du bist noch nicht so weit und machst viele Fehler.", erkläre ich ihr. 

"Bullshit, du willst nur-"

"Rede nicht so mit mir. Es geht um deine Sicherheit, die ist das wichtigste für mich. Und ich sage, dass du hier bleibst.", unterbreche ich sie. 

"Und was willst du so Gefährliches machen?", lässt sie nicht locker. 

Versteht sie nicht, dass das hier eine ganz andere Liga ist? Hier geht es nicht um lächerliche Verhandlungen mit Partnern in ihren eigenen vier Wänden. Hier geht es um Treffen außerhalb unsere Komfortzone, wo wir alleine sind. Wo niemand da ist und ihr helfen kann und wo sich vor allem die Leute auch trauen gewalttätig zu werden. 

Bei ihren Meetings in Acapulco ist das anders. Niemand würde sie in ihren eigenen vier Wänden angreifen. Erstens, weil es ihr Anwesen ist und zweitens, weil dann niemand das Grundstück lebend verlassen würde. 

Aber an einem neutralen Ort ist das etwas anderes. 

"Ich muss den Club beobachten, weil Richard mir etwas verschweigt.", erkläre ich. 

"Und du glaubst, das ist zu gefährlich für mich?", zischt sie fassungslos und beugt sich zu mir vor, sodass ich kurz in ihr Dekolletee schauen muss.

"Hier oben ist mein Gesicht.", wird sie frech. 

Überrascht schaue ich sie an. 

"Ich ziehe mich eben an, dann können wir los.", bestimmt sie und lässt mich auf der Liege zurück. 
Unzufrieden schaue ich ihr nach. Ihre vorlaute Klappe wird sie noch einmal in Bedrängnis bringen, da bin ich mir sicher. 

Es ist fatal, dass sie auf ihre Sicherheit scheißt. Sie ist sich viel zu selbstsicher und hört nicht auf meine Einschätzung. 
Natürlich ist sie gut, sonst wäre sie nicht so weit gekommen. Aber trotzdem gibt es Dinge, die man erst durch Erfahrung lernt. Und sie hat diese Erfahrung noch nicht. Und das ist ganz normal. Aber genau deshalb sollte sie auf mich hören. 

Ich will sie nicht demütigen oder sie unterdrücken. 

Ich will sie schützen. 

Nochmal möchte ich nicht im Krankenhaus um ihr Leben bangen.

Gerade als ich mir eine Zigarette anzünden will, tritt Amara auf die Terrasse. 
"Ich bin fertig, wir können."

"Setz dich mal hin.", bitte ich sie und klopfe neben mich, bevor ich die Zigarette zwischen meine Lippen stecke und sie anzünde. 

"Hör mal.", beginne ich, nachdem sie sich gesetzt hat. 
"Ich würde mir niemals verzeihen, wenn dir etwas passiert, weil ich nicht für deine Sicherheit gesorgt habe."

Sie hört mir zu, ohne mich zu unterbrechen.

"Verhandlungen bei dir zu Hause zu führen und Verhandlungen oder Geschäftstreffen auf normalen oder feindlichem Boden sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Zu Hause bist du ganz anders geschützt und die Hemmschwelle dich anzugreifen, ist verdammt niedrig.", erkläre ich ihr, nachdem ich den Rauch ausgepustet habe.

"Und auch wenn wir jetzt nur beobachten, muss ich eingreifen, wenn ich etwas verdächtiges sehe. Ich will dich in so einer Situation nicht alleine im Auto lassen. Das habe ich selbst früher nicht getan und ich werde es jetzt erst recht nicht tun."

"Ich komme einfach mit.", zuckt sie mit den Schultern. 

Ich schnaube.
"Amara, du willst mich nicht verstehen oder?", werde ich langsam wütend. 
"Wenn du auf eine Sicherheit scheißt, dann muss ich mich eben darum kümmern."

"Ich habe meine Waffe dabei und die hast auch eine. Außerdem war ich schon in viel gefährlicheren Situationen als das hier. Der Mann ist ein Kleinkrimineller, oder nicht? Was soll der schon machen?", versteht sie die Situation nicht. 

"Gut, okay. Aber jammer nicht, wenn du dir eine Kugel fängst.", brumme ich und stehe beleidigt auf. Dann soll sie eben mitkommen. Sie soll nur nicht hinterher sagen, dass ich sie nicht gewarnt hätte. 
Weil ich noch meine Zigarette rauche, gehe ich durch das Gartentor zu meinem Auto und rauche auf dem Weg die Zigarette auf. Mein Puls ist bei 180, sodass ich eigentlich noch eine rauchen müsste. 

"Miguel.", spricht Amara mich an. 

Ich drehe mich zu ihr um und lehne mich mit dem Rücken ans Auto. Meine linke Hand vergrabe ich in meiner Hosentasche und schaue sie unbeeindruckt an. Sie soll ruhig wissen, dass ich sauer bin und das es mir nicht gefällt. 

"Ich bin schon groß."

Was soll mir diese Aussage sagen?
"Achso, ganz vergessen, dass man dann automatisch unsterblich ist."

Sie verdreht die Augen und lässt ihre Zunge schnalzen.
"Sei nicht so."

"Wie bin ich denn?"

"Zickig.", meckert sie. 

Ich werfe die Zigarette auf den Boden und trete sie aus, dann öffne ich die Autotür und steige ohne noch etwas zu erwidern in den Wagen ein. Ich bin also zickig, weil mir ihre Sicherheit wichtig ist. 

Interessant. 

"Wir sollten uns nicht streiten, wenn wir jetzt da hin fahren.", ergreift sie wieder das Wort, während sie sich ins Auto setzt. 

"Ich streite nicht. Ich habe nur eine andere Meinung als du und es fällt mir schwer das zu akzeptieren. Weil mir deine Sicherheit nicht egal ist.", erkläre ich ihr. 

Streit ist etwas anderes. 
Mit meinem Vater streite ich. 
Und das will sie besser nicht erleben. 


La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now