- Kapitel 12 -

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Miguel

Wütend schlage ich gegen die Wand und balle danach die Hände zu Fäusten, um mich zu beruhigen.

"Verdammte Scheiße, seit ihr denn zu gar nichts zu gebrauchen?!", brülle ich die drei Kerle an.

"Woher wusstet ihr, wo ihr hin müsst?", zische ich der Frau entgegen, die vor Schreck zittert.

"Señora Ramirez hat uns gesagt, dass die Insel wichtig für Sie ist und es hier irgendwo ein Waffenlager gibt.", erklärt sie mir zitternd.

"Ist euch klar, was das bedeutet?!", frage ich die Männer und versuche mit zu beherrschen. Da sie einfach nur dumm rumstehen, wende ich schnaufend meinen Kopf ab und laufe in der Halle auf und ab.

"Amara weiß, wo unser Lager ist! Versteht ihr das?", kläre ich die Nichtnutze auf.

Ich habe diese Insel gerade so gut wie verloren. Jetzt wo sie weiß, dass hier mein Lager ist, hat sie mich in der Hand. Ich habe so eben die beste Stellung im Land verloren.

Reflexartig richte die Waffe auf die Frau und knalle sie ab. Dann folgt das Kind.

Amara rekrutiert ernsthaft Kinder.
Das habe nicht einmal ich getan.

"Fotografiert das und schickt das an Theo. Er soll es an Jasper Ramirez schicken, ich denke dass er weiß, was hier vor geht.", befehle ich den drei Kerlen und mache selber noch zwei Beweisfotos, bevor ich die Scheune verlasse.

In der Hitze von Mexiko zünde ich mir erstmal eine Zigarette an und laufe vor dem alten Gebäude auf und ab.

Kurz zucke ich zusammen, als mein Handy vibriert.
Erleichtert stelle ich fest, dass Theo mich anruft.

"Ja.", will ich, dass er sofort zur Sache kommt.

"Eduardo ist in Amerika. Amara wird auch dort sein. Zumindest war sie dort vor 3 Tagen noch.", erklärt er mir.

Ich muss lachen.
"Theo, das sagt gar nichts aus. In diesen drei Tagen kann sie überall hingeflogen sein."

"Hör zu.", fahre ich fort.
"Amara weiß, wo unser Waffenlager auf Isla Mujeres ist."

Es bleibt still in der Leitung, dann ertönt ein lautes Klirren.
"Verdammte Scheiße!", brüllt Theo aufgebracht.

"Wir haben die Isla Mujeres so eben verloren.", bestätige ich seine Vermutung und schicke ihm zeitgleich die zwei Bilder.

"Die beiden kommen von Amara. Sie hat Eduardos Kartell übernommen.", erkläre ich ihm den Hintergrund.

"Weiß Xavier schon Bescheid?", fragt mich Theo seufzend.

"Xavier heiratet gleich, ich werde es ihm morgen sagen.", teile ich ihm meinen Plan mit. Wenn ich es ihm jetzt sage, dann versaue ich die ganze Hochzeit.

"Ich melde mich morgen, bevor ich zurück komme.", verabschiede ich mich von Theo und lege auf.
Fassungslos fahre ich mir durchs Gesicht und zünde mir die zweite Zigarette in kurzer Zeit an. Jetzt wäre ein Whiskey genau das richtige.

Während ich zum Hotel laufe, wird mir bewusst, dass ich einen Deal mit Amara eingehen muss, wenn ich nicht bald das ganze Land verlieren will.
Es macht mich sprachlos, wie schnell sich das Blatt gewendet hat. Bis vor kurzem hatte ich immer die Überhand, sowohl in Mexiko als auch über Amara.

Und jetzt?

Jetzt hat mich dieses Miststück so sehr an den Eiern, wie keiner zuvor.

Sie könnte praktisch mit einem Befehl mein Hab und Gut auslöschen und niemand könnte sie aufhalten.
Und zu Allem Übel kann ich niemandem davon erzählen, weil ich sonst die Hochzeit ruinieren würde. Morgen darf ich mir dann Anhören, warum ich nicht früher was gesagt habe.

Amara
13:34 Uhr

"Rebecca und Mila wurden ermordet.", teilt mir Jasper mit und schickt mir gleichzeitig die Bilder der beiden Leichen.

"Ich habe nichts anderes erwartet.", gebe ich teilnahmslos zurück, muss aber gleichzeitig grinsen, weil Miguel jetzt nichts mehr tun kann.
Mir gehört die Isla Mujeres.

Einzig und alleine mir.

"Mila war noch ein Kind.", will Jasper mir ins Gewissen reden.

"Und sie hat damals das Grab unsere Mutter geschändet.", zische ich, weil er sie wirklich verteidigt.

"Wie dem auch sei. Was hast du jetzt vor?", will Jasper wissen.

Während ich meine Haare richte, setze ich mich aufs Bett.
"Ich gehe jetzt gleich zur Trauung und um alles andere kümmere ich mich, wenn ich morgen früh wieder zurück fahre."

"Du kommst also schon Morgen.", stellt er fest.

"Ja. Die Arbeit ruft und bald sind die Wahlen. Vorher muss ich alles andere erledigt haben.", erkläre ich ihm und schaue aus dem Fenster auf das glitzernde Meer.

"Schick morgen zwei Leute in die alte Scheune, sie sollen Rebecca und Mila mitnehmen. Die beide kriegen eine anständige Beerdigung.", befehle ich meinem Bruder und lege auf. Eigentlich haben sie das nicht verdient, aber Miguel soll wissen, dass ich ab jetzt machen kann, was ich will.
Das ich sogar einfach in seine Gebäude eindringen kann und seine Leiche entsorgen kann, wann immer ich es will und er es nicht einmal mitkriegt.

Um viertel vor zwei ziehe ich meine schwarzen Highheels an und richte mein rotes, seidiges Kleid.
Mein Lippenstift ist genauso dunkelrot wie der Seidenfummel an meinem Körper, der so einzigartig um meine Hüften schwingt.

Die Klinge des scharfen Messers ist eisig an meinem Oberschenkel, aber diese eisige Kälte gibt mir Sicherheit.

Sicherheit und Macht.

Mit großen und eleganten Schritten mache ich mich auf den Weg zum Strandpavillion, in dem die Trauung heute stattfindet.

Es sind schon viele Leute da, doch eine Person sticht mir besonders ins Auge.

Miguel Jimenez sitzt vorne neben dem Bräutigam, sein Vater direkt dahinter.

Einige Leute schauen mich an und erkennen mich, andere wiederum nicht. Aber trotzdem traut sich keiner Miguel anzusprechen und ihn auf mich hinzuweisen. Vermutlich weil jeder hier weiß, wie er reagieren wird.

Mit Vergeltung.

Ein Schuss würde reichen, um direkt in mein Herz zu treffen.

Und das will jeder hier vermeiden.

Und auch wenn ich gut mit dem Messer unter meinem Kleid umgehen kann, kann ich niemals gegen eine Waffe gewinnen.

Mit langsamen Schritten gehe ich auf die Menschenmenge zu und halte nach einem geeigneten Platz für mich Ausschau, als sich Xavier umdreht.

Man merkt ihm an, dass er seinen Augen kaum trauen kann. Ich beobachte seine Hand, die fast schon unauffällig Miguels Oberarm berührt.
Während Miguel sich ebenfalls umdreht, breche ich den Blickkontakt zwischen Xavier und mir nicht ab.

Lediglich als Miguel hastig aufsteht und das Handy in seiner Anzughose verschwinden lässt, werde ich so abgelenkt, dass ich mich aus dem Blickduell löse.

Wie angewurzelt steht Miguel neben seinem besten Freund und scheint zum ersten Mal überfordert zu sein.
Mir entgeht nicht, dass er seine Hand an seine Waffe im Hosenbund geführt hat und mir damit zeigt, dass er in jedem Augenblick bereit ist meine Existenz auszulöschen.

Langsam, aber mit provokantem Gesichtsausdruck hebe ich meine Hände, um ihm zu zeigen, dass ich keine Waffe bei mir führe.
Dann setze ich mich auf den freien Platz in der letzten Reihe, jedoch ohne den Blick von ihm zu nehmen.

La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now