- Kapitel 72 -

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Miguel

"Du siehst hübsch aus. Mit den roten Wangen und den geschwollenen Lippen.", ärgere ich sie, als sie aus dem Bad kommt.
Augenverdrehend läuft sie an mir vorbei um sich wieder an den Tisch zu setzen.

Stirnrunzelnd sehe ich sie an.
"Wo ist dein Slip?"

Sie gluckst.
"Wo soll er sein? In der Wäsche natürlich."

Sie ist mutig, wenn sie glaubt, dass sie sich hier einfach ohne Slip hinsetzen und ihre Eier weiter essen kann.

"Passt dir das nicht?", provoziert sie mich mit vollem Mund.

"Nein.", erkläre ich ihr.
"Es sei denn, du willst gleich hier über der Tischkante beugen."

Bei meinen direkten Worten verschluckt sie sich, sodass sie mit hochrotem Kopf nach dem Wasserglas greift und drei große Schlücke trinkt.

"Mach dich fertig, ich zeige dir die Stadt.", teile ich ihr mit und stelle meinen Teller in die Spüle.

"Bitte, Amara.", ruft sie mir auffordernd hinterher.

"Jetzt, Amara.", erwidere ich absichtlich und verschwinde im Badezimmer.

"Verstehe schon. Wer ficken will, muss freundlich sein.", höre ich sie rufen.

Sofort halte ich in meiner Bewegung inne und stecke meinen Kopf aus dem Badezimmer.
"Bitte?"

"Du hast mich schon verstanden.", brummt sie.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen, laufe ich hinter ihr her.
"Du weißt, dass ich das nicht nur zu dir gesagt habe, weil ich Sex wollte."

Sie zuckt mit den Schultern, während sie ihren Teller zu meinem Teller in die Spüle stellt.

"Schau mich an.", fordere ich sie auf und greife nach ihrem Arm.
"Das was ich gesagt habe, ist die Wahrheit und ich wollte nicht nur mit dir schlafen. Das ist gerade einfach so passiert, das hatte ich nicht geplant. Und versteh mich bitte nicht falsch, es war wunderschön."

Schnell küsse ich ihre Wange, als sie nicht aufpasst.

"Ich gebe einfach nur klare Anweisungen. Wenn du etwas nicht möchtest, dann darfst du mir das sagen und wir finden einen Kompromiss, si?"
Wenn ich eins gelernt habe, dann ist es, dass Kommunikation das A und O ist.

Ja, ich sage direkt was ich möchte.
Und ja, das mag sich manchmal nicht ganz freundlich anhören.

Aber wenn es eins gibt, was ich bei Amara niemals tun würde, dann ist es sie für Sex auszunutzen.

"Und jetzt mach dich bitte fertig.", ändere ich meine Wortwahl und schaue sie schmunzelnd an, woraufhin sie ebenfalls lächeln muss. Zufrieden schaue ich ihr hinterher, wie sie ins Schlafzimmer läuft und sich vermutlich umzieht. Dass ich schon wieder hart bin, weil sie unter meinem Hemd nichts trägt, versuche ich auszublenden.

12:56 Uhr

"Das hier ist die Kathedrale. Meine Mutter, meine Geschwister und ich wurden hier getauft.", erkläre ich Amara, als wir auf dem großen Vorplatz stehen. Wir beide haben die Köpfe in den Nacken gelegt und schauen den hohen Glockenturm hinauf.

"Wow, sie sieht schön aus.", schwärmt meine Freundin.

"Wollen wir reingehen?", frage ich sie und lege meine Hand um ihre Taille.

Hier draußen ist es heiß und die Sonne knallt direkt auf unsere Köpfe. Meine schwarze Anzughose ist so erhitzt, dass ich Angst habe, sie könnte sich in meine Haut brennen. Und auch wenn ich die oberen Knöpfe vom Hemd geöffnet habe und die Armel bis zu meinen Ellenbogen hochgeschoben habe, fühlt es sich nicht luftiger an.

Nachdem Amara genickt hat, schiebe ich sie durch die große Holztür der grauen Kathedrale.

"Hast du Sonnencreme benutzt?", gehe ich sicher, dass sie keinen Sonnenbrand bekommt.

"Nein, wieso?", schüttelt sie den Kopf und schaut sich direkt in der großen Halle um.

"Weil du die Sonne nicht gewöhnt bist.", erkläre ich ihr leise und grüße Hugo, einen alten Mann, der Tagsüber auf die Kirche aufpasst. Hugo kennt mich und meine Familie, seit ich klein bin. Wir haben oft mit ihm vor der Kirche gespielt.

"Miguel, mein Junge.", erkennt er mich sofort und kommt langsam auf mich zu. Er sieht gebrechlich aus und sein Haar ist mittlerweile weiß.

"Hugo.", begrüße ich ihn nochmal und ziehe Amara mit.

"Miguel, zeigst du mir deine Freundin?", erkennt er sofort, dass Amara und ich ein engeres Verhältnis haben. Niemand kann ihm etwas vormachen, dafür sind seine Menschenkenntnisse zu gut.

"Das ist meine Frau, Amara.", stelle ich das blonde Mädchen vor.

"Eine echte Schönheit.", schwärmt er, während er sie leicht anlächelt und ihren Handrücken küsst.

"Hallo Hugo.", begrüßt sie ihn anschließend.

"Es hat sich nicht viel verändert. Der Altar ist neu, den haben wir uns endlich durch die Spenden kaufen können. Die Bänke sind noch immer so klapprig wie vor 20 Jahren schon.", seufzt er und lässt seinen Blick durch das beeindruckende Gebäude wandern. Die goldene Deckenmalerei glänzt, die bunten Fenster brechen das Sonnenlicht.

"Ich schaue, was wir machen können.", nicke ich verständnisvoll.

Er zwingt sich ein Lächeln auf und reicht uns dann zwei Kerzen.
"Hier, zündet die an für Eure Liebsten. Ich setze mich wieder hin."

Amara nimmt ihm das weiße Wachs aus der Hand, dann drehen wir uns um.

"Ach Miguel. Werde ich es noch einmal erleben, dass du ohne Waffen diese Kathedrale betrittst?", fügt Hugo an, nachdem er sich gesetzt hat.

Ich schüttel den Kopf.
"Wenn andere auch so viel Respekt vor einem Ort Gottes haben, wie wir, dann vielleicht. Aber solange sie nichtmal vor Kirchen und Gotteshäusern zurückschrecken, muss ich uns beschützen."

Hugo winkt enttäuscht ab und greift nach der Zeitung, die vor ihm auf dem kleinen Holztisch liegt.

"Ich bin nicht deine Frau, Miguel.", meckert Amara, als wir weit genug weg sind.

Augenverdrehend ignoriere ich ihre Aussage und reiche ihr mein Feuerzeug, damit sie die Kerze anzünden kann.

"Man soll nicht lügen. Steht doch in der Bibel.", lässt sie nicht locker und stellt die Kerze zwischen die vielen anderen.

"Lass Gott aus dem Spiel, Princesa.", warne ich sie und schiebe meine Hand unter ihre Bluse, um sie auf ihren Rücken zu legen.

Ein ermahnendes Räuspern ertönt von Hugo, der zwar 100 Meter von uns entfernt sitzt, aber anscheinend mit seinen Adleraugen alles beobachtet. Schnell ziehe ich meine Hand von ihrem Rücken und stecke sie zurück in meine Hosentasche.

Hugo findet Intimität ekelhaft. Früher habe ich mich oft gefragt, ob er jemals mit einer Frau intim geworden ist.
Ob er weiß, wie es sich anfühlt, nicht die Finger von einer Frau lassen zu können.

Wenn Hugo wüsste, was wir heute morgen getrieben haben, hätte er mir und Amara definitiv nicht die Hand geschüttelt.

La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now