- Kapitel 38 -

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Miguel
11.23 Uhr

Ich schaue Amara zu, wie sie seelenruhig in dem hellen Sitz lehnt und schläft. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich regelmäßig und ihr leichter Atem bewegt eine blonde Strähne, die vor ihrem Gesicht hängt.
Es erleichtert mich, dass sie mitkommt. Und es freut mich, dass sie alle wieder sieht.

Ich habe Theo viel von ihr erzählt und er ist gleichzeitig der Einzige, der von unsere Vergangenheit weiß.
Ausgenommen Xavier, Sofia und Papa.

Langsam greife ich nach meinem Handy und teile Xavier mit, dass wir in 2 Stunden zu Hause sind.
Wie sehr freue ich mich auf mein Bett?
Und es freut mich noch mehr, dass ich es mit Amara teilen werden.

Ich lasse meinen Blick durch das Flugzeug streifen. Die helle Sonne knallt auf die weiße Lackierung der Tragfläche und ich will gar nicht wissen, wie stark sie das Metall erhitzt. Die Eiskristalle am Fenster passen gar nicht zu dem Bild, dass sich mir draußen bietet.

"Wie lange fliegen wir noch?", reißt mich Amara aus meinen Gedanken.

Ich schaue auf die Uhr.
"90 Minuten."

"Okay.", nickt sie und schaut aus dem kleinen, vereisten Fenster.

"Was willst du essen? Sushi? Oder Nudeln? Ich bestelle dir was.", biete ich ihr an und stelle meinen Laptop an die Seite, sodass ich sie besser sehen kann.

"Ein Wasser und etwas Obst wäre gut.", teilt sie mir mit, woraufhin ich die Stewardess zu uns rufe und ihr Amara's Wunsch durchgebe.

"Wir könnten heute Abend was kochen. Wenn du möchtest.", schlage ich vor, weil mir die Idee grandios vorkommt.
Ich will ihr zeigen, dass wir auch normale Dinge machen können. Kochen, Filme gucken, spazieren gehen. Was man halt so macht, wenn man nicht gerade in einem Kartell ist.

"Ich kann nicht kochen."
Ein Schmunzeln ziert ihre roten Lippen.

"Spricht etwas dagegen, wenn ich es dir zeige?"

"Ich bin kein Fan davon, wenn Leute in meiner Gegenwart mit Messern hantieren."

"Meine Küchenmesser sind alle stumpf.", erwidere ich selbstsicher.

Sie schnaubt belustigt und wendet ihren Blick ab, um auf die Stadt unter uns zu schauen.
"Wohl kaum."

"Unterstellst du mir, dass ich dir was antun würde?", frage ich sie ehrlich, weshalb sie mit den Schultern zuckt.

Sie bleibt still, als die Stewardess ihr den Obstsalat auf den Tisch stellt.

"Ich kann dich nicht einschätzen und stelle mich deshalb auf alles ein.", erklärt sie mir und bietet mir eine Erdbeere an.
Stumm schiebe ich mir die rote, süße Frucht in den Mund und bemerke, dass mich ihre Aussage enttäuscht.

"Du musst dir keine Sorgen machen, ich werde dir nichts tun.", versichere ich ihr.

"Warte ab, bis du dir meinen neuen Deal anhörst. Dann wirst du dir wünschen, mich heute Abend beim Kochen kalt gemacht zu haben.", spotte sie und schiebt sich eine grüne Weintraube zwischen die weißen Zähne.

"Solange du meine Familie nicht auslöscht, musst du dir keine Sorgen machen."
Ich lehne mich mit verschränkten Armen zurück in den Sitz und betrachte sie.

Gebräunte Haut, leichte Sommersprossen, rote Lippen, blonde Haare. Und dann das freche Grinsen, dass sich langsam auf ihrem Gesicht ausbreitet. Sie weiß genau, woran ich gerade denke.
Ich schlage die Beine übereinander und verdecke mit meinem Jacket meinen Schritt.

"Bevor wir kochen, müsste ich aber noch einmal duschen.", wechselt Amara das Thema.

Ich öffne kurz meinen Mund, wende dann aber meinen Blick ab und schaue demonstrativ den Gang entlang. Es ist Absicht, dass sie das erwähnt. Sie weiß, dass ich jetzt ununterbrochen an ihren nackten Körper denken muss. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es mir gefällt. Im Gegenteil.

Es ist fatal, dass sie weiß, wie ich auf sie reagiere. Denn sie wird das ausnutzen, wenn sie mir ein Gegenangebot darlegt. Und ich weiß, dass ich letztendlich aufgrund dessen nicht stärker bin, als sie.

Liebe und Verlangen machen schwach, Frauen machen schwächer und Amara macht mich am schwächsten.

Und das weiß sie.

Und ich weiß das auch, deshalb hätte ich viel härter mit ihr verhandeln müssen. Ich habe mich zurück gehalten, weil sie unerfahren ist.

Und ich wollte nicht, dass sie weint. Das hätte ich nicht ertragen. Mein Vater hat mir immer gesagt, dass ich Privates nicht mit Beruflichem vermischen sollte. Aber ich schätze, dafür ist es schon zu spät.

"Ich bin auf der Toilette.", teile ich ihr nuschelnd mit. Während ich aufstehe, höre ich ihr leises Lachen, das wie Musik in meinen Ohren ist.

La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now