- Kapitel 53 -

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Miguel

"Du hast mich bloß gestellt.", wiederholt sie sich. 

Ich schließe die Augen.
"Amara, das war nicht mein Plan. Du musst über sowas drüber stehen, das wollte ich dir zeigen. Du bist doch viel mehr, als so eine kleine Nutte, oder? Du darfst das nicht vergessen und du darfst auch nicht so aus der Haut fahren.", erkläre ich ihr.

"Ich verstehe dich und es tut mir Leid, dass du dich so vor den Kopf gestoßen gefühlt hast. Aber auch das musst du lernen. Und du musst da drüber stehen.", füge ich hinzu. 

"Also habe ich deinen Test nicht bestanden.", kombiniert sie schnell. 

"Es ist auf jeden Fall noch zu gefährlich, dich mit zu einem meiner Treffen mitzunehmen.", verpacke ich das ganze etwas freundlicher. 

"Aber ich habe meine Verhandlungen auch selber geführt.", runzelt sie die Stirn und scheint meine Entscheidung nicht ganz zu verstehen. 

Ich nehme ich die Wasserflasche aus der Hand und lege ihre Haare hinter ihre Schulter.
"Verhandlungen sind etwas anderes. Bei Geschäftstreffen ist man ungeschützt. Man ist auf fremdem Gebiet. Hättest du dich heute so mit einem meiner Partner getroffen, hätte man dich schon zwei Mal erschossen, so oft, wie du Richard heute den Rücken zu gekehrt hast.", nenne ich ihr einen von vielen Gründen. 

"Ich darf meinen Feind also nicht aus den Augen lassen."

Ich nicke.
"Niemals und unter keinen Umständen. Und du darfst auch niemals in einen Raum reingehen. Zum Beispiel Kühlkammern, oder Lagerräume. Generell solltest du als Frau niemals alleine unterwegs sein. Und auch, wenn du das vielleicht diskriminieren findest, aber es ist nur zu deiner Sicherheit. Du bist nun mal eine Frau und nicht viele Männer, behandeln Frauen so, wie sie es eigentlich verdient haben."

"Wie haben sie es denn verdient?", neckt sie mich, woraufhin ich lächeln muss. 

"Nicht viele Männer werden dich so behandeln, wie du es eigentlich verdient hast.", korrigiere ich mich. 

Sie lächelt.
"Und wie habe ich es verdient?"

"Respektvoll. Liebevoll."

"Du kennst diese Wörter?", ärgert sie mich, woraufhin ich ihr in die Taille kneife. Kichernd windet sie sich unter meinen Griffen und versucht meine Hände von ihrem Hüften zu schieben. 

"Nicht so frech.", warne ich sie lachend und küsse kurz ihre Wange. 

"Gehen wir schwimmen?", wechselt sie das Thema und deutet auf den Pool, der in der Sonne glänzt. 

Schwimmen? 
Wie soll ich mit ihr schwimmen, ohne eine Latte zu kriegen? 

"Okay. Aber erst frühstücken wir.", mache ich einen Kompromiss, den sie annimmt. Vielleicht vergeht ihr ja dann die Lust auf den Pool, weil sie schlafen will. 

Oder so. 

Während sie nach oben geht und ihren Bikini holt, decke ich den Tisch und teile einer Haushälterin mit, dass sie Obst schneiden und Croissants backen soll. Wenn Xavier wieder hier ist, muss ich mit ihm besprechen, wie wir das mit Aleksandra regeln. 

Vielleicht bringe ich sie einfach wieder zurück zu ihrem Vater. Er wird verstehen, dass ich sie los werden muss, wenn sie meine Geschäfte in Gefahr bringt. 

Ich gehe nach draußen und will mir gerade eine Zigarette anzünde, als Amara nur im Bikini an mir vorbei läuft. 
"Es ist so tolles Wetter, obwohl Regen angesagt war."

"Ist das so.", räuspere ich mich und stecke die Zigarette erneut zwischen meine Lippen, ohne sie anzuzünden.

Sie setzt sich auf den Stuhl gegenüber von mir und hält ihr Gesicht in die Sonne, während die Haushälterin Kaffee und Obst auf den Tisch stellt. 

"Du wolltest mir noch erzählen, was ich alles falsch gemacht habe.", beginnt sie. 

"Nicht jetzt. Jetzt sind wir privat.", will ich das Thema nicht ansprechen. Außerdem lenkt mich ihr Körper viel zu sehr ab, als das ich jetzt über ihre Verhandlungskünste sprechen könnte. Ich rauche die Zigarette zu ende und bitte Mira darum, uns zwei Handtücher und mir meine Badeshorts zu holen. 
Dann gieße ich Amara etwas Kaffee ein und schiebe die volle Tasse zu ihr herüber. 

"Ich wollte dich wirklich nicht bloß stellen oder dich in irgendeiner Weise verletzen.", bringe ich schwerfällig über die Lippen.
Nicht, dass ich meinen Fehler nicht einsehe oder ich mich nicht bei ihr entschuldigen will, sondern dass ich es einfach nicht kann. Ich finde nicht die richtigen Worte, weil ich es nicht gewohnt bin. 

"Ich werde mir Mühe geben und darauf achten, dich in Zukunft nicht mehr bloß zustellen, versprochen.", füge ich hinzu. 

Ihre Lippen verziehen sich zu einem leichten Lächeln. Es ist ehrlich und überhaupt nicht belustigt oder schadenfroh, nein. Es macht mir Mut und bestätigt mich, dass sie mir glaubt und sie meine Entschuldigung ernst nimmt. 

"In Ordnung. Aber Aleksandra muss trotzdem weg. Nicht aus dieser Welt, aber aus deinem Leben.", teilt sie mir noch einmal ihre Bedingung mit. 

"Ja. Versprochen.", nicke ich und nehme Mira die Handtücher und meine Badeshorts ab. 

"Hier, iss ein wenig Obst. Die Croissants sind noch im Ofen.", wechsel ich das Thema und nehme mir ein Stück Mango. Ich bin überrascht, dass wir unsere Konflikte so schnell klären können. Vermutlich sind wir beide reifer geworden und wissen uns mehr zu schätzen, als früher. Ich will nicht noch einmal so lange von ihre getrennt sein und am liebsten hätte ich sie für den Rest meines Lebens bei mir.

Aber sieht sie das auch so? 

Sie hat zwar gesagt, dass sie mich liebt, aber das muss nichts heißen. Man kann sich lieben aber trotzdem nicht gut füreinander sein. 


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La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now