- Kapitel 116 -

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Amara

"Hör auf mit diesem Quatsch. Kann es sein, dass dir langweilig ist? Das was wir hier machen, ist ein normales Wochenende. Ist es dir zu langweilig?", frage ich ihn leise und stelle mich neben den Grill, damit er mich anschauen muss.

"Hier hat nunmal niemand Angst vor dir, weil du hier Miguel bist und nicht Miguel Jimenez, der ein Kartell in Mexiko führt. Du wirst hier so behandelt, wie jeder andere auch. Hörst du?", fahre ich fort und schaue in sein beleidigtes Gesicht.

"Ich will trotzdem, dass man Respekt vor mir hat.", brummt er.

"Hat man doch. Man hat nur nicht mehr Respekt vor dir, als vor anderen in diesem Haushalt. Und das scheint dein Problem zu sein, oder?"

Seufzend legt er die Grillzange weg und schaut mich mit verschränkten Armen an.
"Mag sein, vielleicht verwechsel ich das."

Ich lege meine Hände auf seine Schultern und ziehe ihn zu mir herunter, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu hauchen.
"Entspann dich mal."

Amara
19:04 Uhr

Seit 3 Tagen sind wir wieder zu Hause und arbeiten an der Zusammenlegung unserer Kartelle.

"Schmeckt es dir nicht?", reißt mich Miguel aus meinen Gedanken.
Wir sitzen beim Abendessen und lassen den Tag ausklingen.

"Hm? Doch, klar. Ist lecker.", lächle ich nervös und schaue umher.
Noch nie hat Miguel beim Abendessen Kerzen angezündet. Noch nie standen frische Blumen auf dem Esstisch.

"Ist dir das zu viel?", fragt er ein wenig nervös und deutet auf die Kerzen.

"Nein, nein. Nur ungewohnt?", überlege ich laut.
Tatsächlich finde ich es schön, nur kommt mir alles komisch vor.

"Was hast du heute alles gemacht?", frage ich ihn, um das Thema zu wechseln. Schnell hebt er seine Kopf und schaut mich irgendwie panisch an, bevor er einen großen Schluck Wein trinkt.

"Gearbeitet. Ich musste was wegen ein paar Clubs in der Stadt regeln."
Seine Stimme ist irgendwie belegt und nicht so klar wie sonst immer.

Nickend lege ich das Besteck auf meinen leeren Teller und schiebe ihn ein Stück von mir weg.
"Konntest du alles klären?"

"Ja, alles wieder in Ordnung.", bestätigt er mir.
"Warum trinkst du keinen Wein?"

"Ach nur so, mir ist heute nicht danach.", winke ich ab und schaue weg.

"Okay.", geht er nicht weiter drauf ein und bringt unsere Teller in die Küche. Früher hat er sich immer beschwert, wenn ich das gemacht habe.

Die Haushälterinnen sind dafür da, hatte er immer gesagt.

Nervös wischt er sich seine Handflächen an seiner Anzughose ab, als er wieder kommt. Belustigt schaue ich ihn an und stehe vom Stuhl auf.
"Was ist los?"

"Nichts.", murmelt er und legt seine Arme um meine Taille. Er haucht mir einen Kuss auf die Wange, dann bewegen wir uns langsam zum Rhythmus der Musik, die aus dem Radio kommt.

"Ist heute irgendwas besonderes?", frage ich leise, weil er heute irgendwie anders drauf ist.

"Ja, tatsächlich schon.", haucht er mir ins Ohr.
"Heute vor 4 Jahren haben wir uns zum ersten Mal getroffen."

"Wie die Zeit vergeht.", stelle ich fest und lache leise.
Es überrascht mich, dass er sich das gemerkt hat. Nicht einmal ich habe daran gedacht. Und im Leben hätte ich nicht damit gerechnet, dass er diesen Tag als feierlich empfindet.

"Ich habe eine Frage an dich.", murmelt er plötzlich.

"Was denn?", frage ich stirnrunzelnd und kriege Herzrasen, als er sich von mir löst.

"Hast du nächste Woche Samstag schon was vor?"

"Nicht, dass ich wüsste. Warum?"

Zwischen uns ist Abstand eingekehrt. Miguel steht knapp einen Meter von mir entfernt und hat die Hände in beiden Hosentaschen vergraben. Selbstsicher sieht er mich an, während ich nervös mit meinen Händen spiele.

"Dann heirate mich."

"Wie bitte?", flüstere ich und glaube, mich verhört zu haben.

"Ich habe einen Termin beim Standesamt gemacht. Heirate mich.", wiederholt er sich.

"Ich- Um Gottes Willen, Miguel."
Mit Tränen in den Augen beobachte ich, wie er seelenruhig aus seiner Hosentasche ein blaues Schmuckkästchen herausholt und es öffnet.

Ohne zu zögern geht er vor mir auf die Knie.

"Amara, ich kann mir nichts besseres vorstellen, als dich endlich offiziell meine Frau nennen zu dürfen und dir meinen Nachnamen zu geben. Heirate mich."

Der goldene Ring, der glänzend aber schlicht ist, jagt mir eine Gänsehaut über den Rücken.

"Woher-"

"Lass mich nicht zappeln, mi Amor.", bittet er mich.

"Ja, ich heirate dich.", wimmere ich überrascht.
Jahrelang hatte ich gedacht, dass Miguel niemals auf die Knie gehen wird. Auch nicht vor mir und auch nicht für mich.
Ich hatte damit gerechnet, dass wir irgendwann mal heiraten. Aber nicht, dass er mir wirklich so einen Antrag macht. Ich dachte, er würde mir erklären, welche steuerlichen Vorteile es gibt und dann heiraten wir eben so nebenbei.

Aber doch nicht aus Liebe?

"Dann bist du ab nächste Woche offiziell eine Jimenez.", spricht er erleichtert und steckt mir den Ring an meinen Ringfinger, nachdem er aufgestanden ist. Mir entgeht nicht, dass auch seine Hände ein wenig zittern.

"Das hier ist der Grund, weshalb Jasper mir eine reingehauen hat. Ich hatte ihm gesagt, dass ich dich heiraten will und dir einen Antrag machen werde.", erklärt er mir, als er mich umarmt.

"Dein Vater hatte mir am Abend vorher seinen Segen gegeben und natürlich wollte ich Jasper damit nicht überrumpeln-"

"Du hast meinen Vater um Erlaubnis gebeten?", unterbreche ich ihn leise.

Er nickt.
"Natürlich, so macht man das doch."

"Du bist so aufmerksam.", flüstere ich weinend.

"Ich liebe dich.", flüstert er gegen meine Lippen.

"Ich liebe dich auch, Miguel."

- Ende -

La Reina de MexicoKde žijí příběhy. Začni objevovat