- Kapitel 114 -

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Miguel

"Von diesen Mädchen habe ich noch nie etwas gehört.", schmunzelt sie.

"Nicht?"
Ich lehne mich vor und stütze meine Ellenbogen auf dem Tisch ab.
"Ich denke, du kennst sie sogar ganz gut."

"Ich kann mich nicht dran erinnern, sie jemals gesehen oder gekannt zu haben."

"Hier, die Margaritas.", unterbricht uns die junge Frau.

"Gracias.", bedankt sich Amara und schiebt mir einen Cocktail herüber.
"Probier, los."

"Nicht ablenken.", ermahne ich sie, bevor ich ihr den Gefallen tue.

"Und?", hakt sie nach.

"Gut.", nicke ich.
Es schmeckt tatsächlich gut. Und es erfrischt mich. Es ist so herb, wie ich es kenne, aber das ist gar nicht mal schlecht.

"Wie dem auch sei. Amerika wird es nicht werden, wenn es das ist, was du wissen willst.", werde ich ernst.

"Ein anderes Land?"

Ich schüttel den Kopf.
"Vielleicht Yucatan. Cancun oder so. Vielleicht auch eine der Inseln."

"Meine Isla Mujeres vielleicht?", ärgert sie mich, in dem sie die Isla Mujeres 'ihre' Inseln nennt. Dabei ist es meine und das weiß sie.

"Mei-ne Isla Mujeres.", betone ich.

"Hier, lasst es euch schmecken."
Die Frau stellt uns das Essen auf den Tisch und es riecht fantastisch. Es ist ein riesiger Berg Fisch mit Pommes und drei große Stücke Zitronenfisch.

"Habe ich zu viel versprochen?", neckt mich Amara und nimmt eine Pommes zwischen Daumen und Zeigefinger.

17:34 Uhr

"Da seit ihr ja, kommt rein. Jasper ist schon da.", ruft Amaras Vater uns zu.

Jasper.
Das kann heiter werden, wenn ich ihm gleich offenbare, dass ich seiner Schwester einen Antrag machen werde.

"Hey Kleiner.", begrüßt Amara den blonden Lockenkopf und umarmt ihn fest.

"Hat er dir was getan?", brummt Jasper und schaut mir währenddessen in die Augen. Wenn er könnte, würde er mich mit seinen Blicken töten. Er durchbohrt mich und scannt jeden Zentimeter meines Körper ab.

"Hör auf.", ermahnt sie ihn und haut ihm gegen die Schulter.

Seufzend halte ich ihm die Hand hin und warte darauf, dass er einschlägt und endlich seine Klappe hält.
"Hast du gleich mal ne Minute?"

Arrogant zieht er seine Augenbrauen hoch und lässt meine Hand los.
"Wofür?"

"Ich muss mit dir reden.", erwidere ich leise. Es soll nicht jeder mitbekommen, dass ich mich mit ihm alleine unterhalten will.
Es geht niemanden was an und Amara darf es erst recht nicht wissen, denn sonst stellt sie Fragen.

"Ich wüsste nicht worüber wir reden sollten.", brummt er.

Wir stehen dicht voreinander und ich muss meinen Kopf leicht senken, um ihm ins Gesicht schauen zu können. Erst klein für einen Mann, fast kleiner als Amara.

"Ich aber. Ich weiß aber, worüber wir reden müssen."

Zuerst legt er seine Stirn in Falten, dann erkennt man an seinem Gesichtsausdruck, dass ihm dämmert worum es gehen könnte.
"Nein."

Jasper schüttelt vehement den Kopf, sodass seine Locken umherfliegen.

Ich bleibe stumm.
Was soll ich ihm auch bitte sagen?

"Das tust du nicht.", flüstert er wütend, bevor er seine Augen zusammenkneift.

"Jasper, ich werde dich nicht um deine Erlaubnis bitten. Ich wollte es dir lediglich erzählen, damit du nicht ins kalte Wasser geworfen wirst.", erkläre ich ihm.

Seine Augen spucken Feuer, während er mich ansieht und meine Worte aufnimmt.

"Ich warne dich, Miguel. Wenn du das tust, dann-"

"Dann was?", unterbreche ich ihn und schaue über seine Schulter zu Amara und Richard, die in der Küche das Essen vorbereiten und immer wieder lachen.

"Dann erzähle ich Dad, dass du unsere Mutter getötet hast."

Belustigt schnaube ich, nachdem ich meinen Blick gesenkt habe und meine Lackschuhe betrachte.
"Ich habe sie nicht getötet. Außerdem wird er dir das nicht glauben."

"Ach und dir glaubt er, wenn ein dahergelaufener Krimineller ihm sagt, dass sein Sohn lügt?", zischt er.

"Komm, lass gut sein. Du willst anscheinend nicht mit mir reden, also lassen wir das. Ich habe keinen Bock auf deinen Kindergarten.", beende ich das Gespräch und wende mich von ihm ab.

"Meinen Kindergarten?", fragt er überrascht.

"Ja. Den Kindergarten, den du hier seit Wochen veranstaltest. Du denkst, du hast deiner Schwester was zu sagen. Was willst du? Wovor hast du Angst? Dass mir mehr vertraut als euch? Oder ist dein Problem einfach nur, dass du nicht willst, dass das zwischen uns beiden intimer ist?"

"Halt die Klappe, Miguel!", zischt er.

Er mag die Vorstellung nicht, dass ich sie anfasse. Er hasst es.

"Du kannst nichts mehr tun, Jasper. Ich ficke deine Schwester, wann und wo ich will. Ich küsse sie, wann und wo ich will. Erst heute Nacht, hat sie sich von mir auf der Küchentheke ficken lassen. Also was willst du tun? Was willst du noch verhindern?", provoziere ich ihn.

Als ich mich umdrehen will, sehe ich ihm Augenwinkel wie er ausholt, dann spüre ich nur noch einen stechenden Schmerz an meiner Schläfe.

"Du Bastard!", brüllt er mich an, während ich schmerzerfüllt nach meinem Augen fasse.

"Jasper!", kreischt Amara.
"Verdammt bist du völlig irre geworden?!", schreit sie ihn an.

"Dieser Wichser hat mich provoziert!", brüllt Jasper und tritt gegen den Stuhl im Esszimmer.

"Du musst mich nicht gleich boxen, Bruder.", brumme ich und versuche das tropfende Blut aufzuhalten.

"Miguel, was soll das? Kannst du nicht einmal deine Klappe halten?!", schimpft sie jetzt auch mich aus.

"Ich habe doch gar nichts gemacht!", verteidige ich mich lautstark, während sie mich auf den Stuhl drückt und Richard einen Eisbeutel aus der Hand nimmt.

"Jasper, seit wann hast du so einen guten Schlag?", staunt er nicht schlecht.

Witzig. Wirklich sehr witzig.
Er wird schon sehen, was er davon hat. Denkt, er kann mich einfach boxen. Kleines Weichei.

"Dieser Wichser hat mir gerade gesagt, dass er-"

"Jasper!", mischt sich jetzt auch Richard lautstark ein und unterbricht ihn.
"Wag es nicht!"

Zum ersten Mal bin ich dankbar, dass Richard spricht und seinen Sohn unterbricht. Hätte er Amara gesagt, dass ich vor habe ihr einen Antrag zu machen, dann hätte er mir alles ruiniert.

"Ich könnt mich mal!", faucht Jasper und läuft in den Garten.

"Das tut weh!", meckere ich, weil Amara den Eisbeutel zu fest auf meine Schläfe drückt. Kann ich doch nicht wissen, dass er mir im Haus seines Vaters eine reinhaut.

"Selber Schuld! Was provozierst du ihn auch?"

Mittlerweile sind wir alleine, weil Richard seinem Sohn gefolgt ist. Sie stehen beide im Garten, wobei Jasper eher unruhig auf und ab rennt.

"Ich habe nicht-"

"Red dich nicht heraus, ich kenne dich. Ich weiß, wie du sein kannst.", unterbricht sie mich und drückt den Eisbeutel absichtlich stärker auf die Wunde.

La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now