- Kapitel 64 -

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Amara

"Ich wollte damit nur sagen, dass-"

"Es ist mir egal, Zata. Sieh zu, dass das Kokain heute noch rausgeht. Sollte etwas nicht pünktlich beim Kunden ankommen, ersetzt du mir die Einnahmen, comprende?"
Miguel hat keine Lust weiter zu diskutieren und seine letzte Kraft für einen Typen wie Zata zu vergeuden. 

"Ich versuch bloß nicht mich zu bescheissen. In Zukunft hältst du dich an den Zeitplan, sonst kannst du wieder Bananen ernten gehen.", beendet Miguel die Diskussion und dreht sich um. Im Augenwinkel erkenne ich noch, wie Zata seine Waffe zieht. 

Trotzdem ich blitzschnell nach meiner Waffe greife, Miguel an die Seite ziehe und Zata einen tödlichen Schuss verpasse, kann er seine Kugel noch abfeuern und trifft Miguel am Oberarm. 

Miguel presst seine Lippen zusammen und verzieht schmerzvoll das Gesicht, während er seine linke Hand zu seinem Oberarm führt und sie auf die blutende Wunde drückt. 

"Alles in Ordnung?", frage ich überfordert, obwohl ich mit eigenen Augen sehe, dass nicht alles in Ordnung ist. 

"Verfluchter Mistkerl, ist er tot?", presst Miguel hervor und begutachtet seinen Oberarm. 

Ich nicke.
"Ja, ich konnte nicht anders. Er hätte dich sonst-"

Meine Stimme bricht ab und erst jetzt merke ich, was gerade passiert ist. Zata wollte Miguel erschießen. 

Miguel lehnt seinen Kopf leicht nach links und schaut mich stirnrunzelnd an.
"Geht es dir gut, Princesa?"

"Er wollte dich umbringen.", flüstere ich atemlos und schaue zu der Leiche. 

"Mich kann man gar nicht umbringen.", witzelt Miguel, weshalb ich wütend werde. Ich stoße die Luft aus meinen Lungen und drehe mich um, damit ich ihm eine schallende Backpfeife geben kann. Mit dem Auftreffen meiner Hand auf seiner Wange, verschwindet das arrogante Grinsen von seinem Gesicht, bevor er kurz die Augen schließt. 

"Mistkerl.", fauche ich und lasse ihn in diesem Container stehen, um zum Auto zurückzukehren. Miguel wäre fast draufgegangen und anstatt sich bei mir zu bedanken, macht er Witze. 

"Wenn das Kokain heute nicht mehr an den Kunden geliefert wird, seid ihr alle tot!", drohe ich den Frauen unfreundlich und schlage die schwere Stahltür hinter mir zu. Die Hitze hier draußen ist kaum auszuhalten und jeder Schritt wirbelt Steinstaub vom Boden hoch, sodass meine glänzenden Schuhe nur noch matt-schwarz sind.  

Ich stelle mich unter ein Abdach und vergrabe meine zitternden Hände in meinen Hosentaschen. Zata ist erst der 3. Mensch, den ich umbringe. Und der erste, den ich umbringe, obwohl er mich nicht direkt bedroht hat. 

Es dauert nicht lange, bis Miguel aus der Lagerhalle kommt. Seine langsamen, schweren Schritte sind nicht zu überhören und auch wenn ich mit dem Rücken zu ihm stehe, erkenne ich, dass er näher kommt. 

"Theo kümmert sich um Zata.", teilt er mir mit rauer Stimme mit, weshalb er sich kurz darauf räuspert. 

"Schön.", brumme ich und ich ziehe meinen Kopf zur Seite, weil er seine Hand zu meiner Wange führen will.

Er seufzst.
"Du musst weiterfahren.", wechselt er das Thema und hält mir die Autoschlüssel vor mein Gesicht. 

"Wir müssen das erstmal verbinden, bevor ich weiterfahre.", zicke ich ihn an und laufe an ihm vorbei. Wütend öffne ich die Beifahrertür und warte, bis Miguel vor mir steht. Meine Hände zittern immer noch, während ich ihm sein Hemd aufknöpfe. Unsanft drücke ich ihn ins Auto und wickel sein Hemd um seinen rechten Oberarm. 

"Amara! Dios.", flucht er vor Schmerzen, weil ich zugegebenermaßen viel zu grob mit ihm umgehe. 

"Stell dich nicht so an.", brumme ich unbekümmert und ziehe das Hemd absichtlich noch etwas fester. 
Er stößt schweratmend die Luft aus, sagt jedoch nichts mehr. Vermutlich will er nicht wie eine Memme rüberkommen, wobei mich bereits schon überrascht hat, dass er nicht anders als bei einer harmlosen Schnittwunde reagiert hat. 

Nachdem ich fertig bin, schlage ich die Beifahrertür zu und laufe ums Auto herum. Stumm starte ich den Wagen und fahre mit quietschenden Reifen von dem Gelände. Bis nach Guaymas sind es noch circa zwei Stunden. Solange muss er jetzt eben noch durchhalten, bis ich die Wunde richtig versorgen kann.

"Man soll seinem Feind niemals den Rücken zukehren.", erinnere ich ihn an seine Worte.

Miguel befeuchtet seine Unterlippe und scheint sich ein Lächeln zu verkneifen. 
"Touche."

"Ich will ja nicht viel sagen, aber du scheinst dir die falschen Leute auszusuchen. Richard dealt mit der Konkurrenz, Zata will dich erschießen. Vielleicht solltest du bei der Rekrutierung doch noch mal besser hinsehen.", ärgere ich ihn. 

"Halt die Klappe.", brummt er unzufrieden und drückt das Hemd fester auf die Wunde. Er blutet stark, aber ich glaube nicht, dass er daran sterben wird. 

"Verzeih mir, aber es ist schon lustig, dass du mir vor 5 Stunden noch erklärt hast, dass man seinem Feind niemals den Rücken zu kehren soll, und du genau deshalb angeschossen wurdest.", verkneife ich mir ein Lachen und reihe mich auf der Landstraße in den dichten Verkehr ein. 

"Ich find es gar nicht witzig, weil es nämlich weh tut.", meckert er und rutscht tiefer in den Sitz. Er schließt seine Augen, sodass ich mir tatsächlich kurz sorgen mache. 

"Und meine Wange tut auch weh.", fügt er an. 

"Das hattest du verdient, Miguel."
Ich entschuldige mich nicht bei ihm. Er hat sich ja noch nicht mal bei mir bedankt. 


La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now