- Kapitel 83 -

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Amara
10:28 Uhr

"Xavier.", begrüße ich den großen, breiten Kerl, der vor meinem Flugzeug an der Gangway wartet. 

"Senora Jimenez.", grüßt er mich nickend zurück.

"Ich hoffe es stört Sofia nicht all zu sehr, dass Miguel dich hiermit beauftragt hat?", gehe ich sicher, dass es jetzt keinen Streit zwischen den beiden gibt. 

"Nein. Sie versteht, dass deine Sicherheit für Miguel das Wichtigste ist.", erklärt er mir, während er mir seine Hand hinhält und mich die letzten Stufen herunter führt. Der Asphalt des Flughafens verschwimmt am Horizont und obwohl es erst halb elf ist, brennt die Sonne auf meinem Kopf. 

Ich will nicht wissen, wie sehr Xavier unter seinem Anzug schwitzen muss. 

"Wo ist sie gerade?", erkundige ich mich nach meiner besten Freundin. 

"Meine Frau?", hakt er nach. 
"Sie ist auf Kuba, wir verbringen dort einige Tage, bevor es nach Jamaika und auf die Bahamas geht."

"Bahamas, toll. Da wollte ich auch immer mal hin.", erzähle ich ihm und lasse mich von ihm zu der schwarzen S-Klasse führen. 

"Es soll dort Schweine geben.", freut er sich und hält mir die Tür auf.

"Schweine?"
"Um Schweine zu sehen, muss ich nicht extra auf die Bahamas. Von Schweinen bin ich fast täglich umgeben.", erlaube ich mir einen Spruch und setze mich ins Auto.

Im Augenwinkel erkenne ich, wie er sich ein Schmunzeln verkneift, bevor er die Tür zuschlägt und sich im Anschluss auf den Beifahrersitz setzt. 

"Wir müssen zum Sitz des Bürgermeisters. Bitte den schnellsten Weg.", erkläre ich dem Fahrer und ziehe mein Handy aus meiner Tasche. 

Rio sollte wissen, dass ich gleich da bin und auch Miguel sollte wissen, dass ich sicher gelandet bin. 

"Xavier, muss ich Miguel noch schreiben, dass ich sicher gelandet bin, oder weiß er das bereits?", hake ich provokant nach. 

Xavier grinst ertappt und schaut anschließend aus dem Fenster.
"Er würde sich bestimmt freuen, wenn du ihm noch einmal persönlich Bescheid gibst."

"Verstehe.", lache ich leise und wähle Miguels Nummer. 

Es dauert nicht lange, bis er meinen Anruf entgegen nimmt.
"Mi Amor."

"Miguel, ich muss dir nicht mehr sagen, dass ich sicher gelandet bin?", ärgere ich ihn direkt und lehne meinen Kopf an die Kopfstütze. 
Die Sonne knallt auf die trockenen Felder und Staubwolken ziehen über das Land, weil die Ernte auf dem trockenen Boden in vollem Gange ist. 

"Das kann ich mir denken, weil du mich anrufst.", spricht er skeptisch. 

"Oder weil Xavier dir bereits Bescheid gegeben hat?", setze ich belustigt einen drauf. 

"Wie dem auch sei. Was hast du heute vor?", wechselt er schnell das Thema, weshalb ich auflache. 

"Wir fahren jetzt zu Rio und ich will heute die Rede mit ihm vorbereiten und mit der Polizei sprechen. Er soll die Rede heute Abend vor den Nachrichten halten. Morgen plane ich die Wege mit ihm und lasse mir alles zeigen, sodass ich hier morgen Abend wieder weg bin.", erkläre ich ihm und betrachte meine Fingernägel. 

"Okay. Das klingt nach viel Arbeit. Meldest du dich heute Abend, wenn du fertig bist?"

"Natürlich. Ich rufe dich an.", nicke ich, auch wenn er es nicht sieht. 

"Gut. Ich vermisse dich jetzt schon.", offenbart er mir. 

Ich versuche das Kribbeln in meinem Bauch zu ignorieren, doch seine rauchige Stimmfarbe helfen mir nicht gerade dabei.

"Ich dich auch.", flüstere ich und schaue wieder aus dem Fenster. 

"Hasta Luego.", verabschiedet er sich. 

Ein wenig enttäuscht lasse ich mein Handy in die Tasche fallen. Ich hätte ihn gerne hier. Es wäre gleich viel lustiger mit ihm und er würde mich ohne zu zögern unterstützen. Zugebenermaßen hat er mir Leid getan, als er mir gesagt hat, dass er sich extra Urlaub genommen hat. 

Ich meine, seit ich ihn kenne, hatte er kein einziges Mal einen richtigen Urlaub. Höchsten einen Tag, an dem er weniger gearbeitet hat. Ich glaube nicht einmal an Sofias Hochzeit, hat er sich richtig freigenommen. 
Immerhin war er morgens noch unterwegs und hat meine Handlanger umgebracht. 

Mittlerweile kann ich nachvollziehen, dass er darauf besteht über alles Bescheid zu wissen und alles selber zu regeln. Er kann sich nicht erlauben, dass irgendetwas aus dem Ruder läuft und wenn er sich nicht sicher ist, erledigt er es eben selber. In diesem Business muss man 24/7 erreichbar sein, weil der Feind niemals schläft. 

"Du tust ihm gut, Amara.", unterbricht Xavier meine Gedanken. 

Überrascht schaue ich ihn an. 

"Seitdem ihr wieder Kontakt habt, schläft er endlich wieder richtig. Er sitzt nicht mehr bis morgens im Büro, schläft dann eine Stunde und arbeitet weiter. Er trinkt weniger und isst besser. Du tust ihm gut, glaub's mir.", wiederholt er sich. 

"Ich wusste nicht, dass er nicht gut schläft.", räuspere ich mich. 

Xavier lächelt.
"Nein, wie auch? Immer wenn du bei ihm bist, schläft er wie ein Stein. Das war schon damals so. Als du damals weg warst, ist eine Welt für ihn zusammengebrochen. Er hat 24/7 gearbeitet und ich konnte nichtmal mehr mitzählen, so viele Leute hat er umbringen lassen oder selber ermordet."

"Ich war mir so sicher, dass er mich betrogen hatte.", öffne ich mich ihm. 

Er nickt.
"Wärst du eine x-beliebige Frau, dann hätte ich dir das geglaubt und es auch für möglich gehalten. Aber für ihn bist du nicht irgendwer. Du bist seine Frau."

"Ich habe erst später gemerkt, dass er mich wirklich geliebt hat."

"liebt.", unterbricht mich Xavier. 

Ich runzle die Stirn. 

"Dass er dich liebt. Er hat dich nicht geliebt, er liebt dich noch immer. Er hat nie damit aufgehört."

Bei seinen Worten bildet sich ein Kloß in meinem Hals. Natürlich habe ich Miguel geglaubt, als er über seine Gefühle gesprochen hat, aber eine Bestätigung von seinem besten Freund und Kollegen zu bekommen, gibt mir noch mehr Sicherheit. 

Ich erwidere nichts, schaue stattdessen nur auf meine Hände, die in meinem Schoß liegen. 


La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now