- Kapitel 88 -

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Amara

"Darum wird sich Mr. Gomez während seiner Amtszeit kümmern, nicht wahr?"
Ich schaue Rio abwartend an.

Er nickt.
"Si, Senor. Darum werde ich mich schnellstmöglich kümmern. Wir sind mit Sicherheit nicht die einzigen, die über diese Route nach Brasilien liefern, und es wäre schade, wenn diese Route nicht mehr befahrbar ist, weil die Sicherheit der Fahrer nicht sichergestellt werden kann.", bestätigt er mich, während er zu Senor Diaz spricht.

Zufrieden händigt er uns die Papiere aus.
"Ich würde es begrüßen, wenn die Papiere morgen Mittag wieder auf meinem Tisch liegen. Dann kann ich morgen die Sicherheitskräfte informieren, sodass sie in zwei Tagen mit der ersten Lieferung starten können. Ich gehe davon aus, dass Sie Liefertermine einzuhalten haben?", fragt er uns weiter aus.

"Um ehrlich zu sein, würde mein Mandant bereits morgen Abend mit der ersten Lieferung starten. Kriegen Sie das hin, wenn Sie die Papiere heute Abend wieder auf ihrem Tisch haben?", mische ich mich ein.

Senor Diaz lehnt sich zurück und scheint einen Augenblick nachzudenken.
"Theoretisch, wenn alles ordentlich und korrekt ausgefüllt ist."

"Das werden wir hinkriegen.", nicke ich und stecke die Papiere ein.

"Warum kommen Sie so spät, wenn die Lieferung doch so eilig ist?", runzelt er die Stirn.

"Senor, ich bin eine vielbeschäftigte Frau und arbeite eigentlich in Mexiko. Termine mit Mandanten kann ich selten verlegen, weil sie alle eine gewisse Dringlichkeit haben.", rechtfertige ich mich.

"Zu ihren Mandanten gehört auch Senor Jimenez, richtig?"

Rio's Blick schnellt zu mir, doch ich lasse mir nichts anmerken.
"Tatsächlich, ja. Ich habe seine Clubs in Mexiko verwaltet und dafür gesorgt, dass alles seine Richtigkeit hat."

"Sie haben also Kontakte zur Mafia.", stellt er fest.

"Senor, ich habe nicht nur Kontakt zu Mafia, ich bin auch die Mafia. Allerdings bin ich heute mit meinem Mandanten hier, der zum Ziel hat dieses ärmliche Land aus der Krise zu holen. Dabei unterstütze ich ihn als Anwältin. Die Kontakte zu anderen Mandanten und meine Verbindung zur Mafia geht Sie rein gar nichts an.", weise ich in zu Recht.

"Wir wollen hier mit der Mafia nichts zutun haben.", brummt Senor Diaz.

Ich lächle freundlich.
"Niemand will etwas mit der Mafia zu tun haben. Aber Sie können nichts machen. Ziehe ich mich zurück aus Kolumbien, wird die Armut dieses Land komplett einnehmen. Die Gewalt steigt, die Arbeitslosigkeit steigt, die Kindersterblichkeit wird sich dramatisch erhöhen. Die Firmen, die noch in diesem Land sind, werden abziehen. Nach Mexiko, nach Amerika, nach Brasilien. Und dann können Sie nichts mehr tun. Ich verspreche Ihnen, dass mit meiner Hilfe die Wirtschaft läuft, die Drogentoten abnehmen, die Krankenhäuser nicht mehr überfordert sind. Ich verspreche Ihnen, dass ihre Tochter eine angemessene Bildung genießen darf, genauso wie alle anderen 8 Millionen Kinder in diesem Land."

Rio hat sich mittlerweile erhoben und sieht hilflos zwischen mir und dem Polizeichef hin und her.

"Sie möchten nicht Schuld sein, wenn das Land den Bach herunter geht und dann auch noch rauskommt, dass alles hätte anders laufen können, wenn Sie diese Revolution nicht blockiert hätten?", setze ich ihn unter Druck.

"Ich brauche die Papiere bis heute Abend 19 Uhr auf meinem Schreibtisch. Dann können Sie morgen ihre erste Lieferung losschicken.", übergeht er brummend meine Worte.

Zufrieden schleicht sich ein breites Grinsen auf meine Lippen.
"Keine Sorge, Senor Diaz."

Ich öffne die Tür und lasse Rio austreten, dann folge ich ihm durch den engen Flur des alten Gebäudes.

"Hat er das jetzt gecheckt, dass wir gar kein Obst liefern?", fragt Rio aufgebracht und bleibt vor dem Gebäude stehen.

Ich runzle die Stirn.
"Natürlich weiß er, dass wir kein Obst liefern. Trotzdem muss der erste LKW mit Obst gefüllt sein, fürs Protokoll."

"Das heißt er weiß jetzt, dass ich mit der Mafia Geschäfte mache?", hakt er fassungslos nach.

"Rio.", beginne ich belustigt.
"Ich bin auf deinen Wahlkampfbildern drauf. Glaubst du, die Leute wissen nicht, wer ich bin? Jeder weiß, dass du Geschäfte mit der Mafia machst, also scheiß dich nicht ein."

"Aber man muss es ja nicht gleich so offen sagen!", beschwert er sich.

"Hinterfragst du gerade meine Handlungen?"
Ich lege die Stirn in Falten und hoffe inständig, dass er jetzt nicht den Schwanz einzieht.

"Nein, nur-"

"Gut.", unterbreche ich ihn.
Entweder ganz oder gar nicht. Ich bin froh, dass er sich immer wieder dran erinnert, dass er ersetzbar ist.
Gestresst laufe ich zum Auto, an dem Xavier bereits steht und mir die Tür aufhält.

Ich habe keine Lust mehr auf diesen Kram und will so schnell wie möglich nach Mexiko zurück. Während ich im Wagen Platz nehme und darauf warte, dass Rio auch einsteigt, überlege ich hin und her, ob ich nicht heute Abend schon wieder fahre.
Außerdem wäre Xavier dann auch schneller wieder bei Sophia.

"Wenn wir die Lieferung für morgen Abend fertig machen, kriegst du das dann alleine hin?", frage ich Rio, nachdem wir losgefahren sind.

"Warum? Willst du heute schon fahren?", runzelt er die Stirn.

"Ja. Es ist alles wichtige geklärt. Wenn die Lieferung raus ist, kann ich auch nichts machen außer abwarten. Da kann ich lieber schon wieder zurück fliegen und andere Dinge erledigen.", erkläre ich ihm und ziehe währenddessen mein Handy aus der Tasche.

Zwei Nachrichten von Miguel lassen mich schmunzeln.

Wie läuft es?
Ich vermisse dich.

Als Rio auf mein Handy schaut, stecke ich es schnell weg.

"Was denn erledigen? Etwas mit Miguel Jimenez?", spottet er und verschränkt beleidigt die Arme.

"Ja, wir müssen verhandeln. Aber das geht dich nichts an.", rechtfertige ich mich tatsächlich.

"Wenn du ihm die Verträge mit mir ausquatscht und er mich tötet, dann-"

"Beruhig dich, ich werde dich da nicht mit reinziehen.", beruhige ich ihn und binde meine Haare zu einem Dutt. Die Hitze draußen ist unerträglich, vor allem in den langen Sachen, und ich habe das Gefühl, als würden meine Haare überall auf meiner feuchten Haut kleben.

"Danke.", räuspert er sich.

Dann schweigen wir den Rest der Fahrt über.

Ob Miguel sich freut, wenn ich früher komme?

La Reina de Mexicoحيث تعيش القصص. اكتشف الآن