- Kapitel 52 -

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Amara

Er führt mich zu der Frau, die unsere Beziehung zerstört hat. Er hat sie eingestellt in einem seiner Clubs. Und dann erzählt er mir, er hätte sich geändert. Und ich glaube das auch noch. 

Er spielt ein falsches Spiel mit mir. 

Demütigt mich wieder, wie damals. 

Vor allen anderen. 

Lässt mich das Gespräch absichtlich führen, um mich bloß zustellen und mich zu testen. 

"Wenn dein Ziel war mich vorzuführen, dann herzlichen Glückwunsch. Das ist dir gelungen und ich schäme mich.", knurre ich und blinzel eine Träne weg. Ich hatte mir geschworen, nie wieder eine Träne wegen ihm zu verlieren, aber heute ist es wieder so weit. 

Obwohl alles so vielversprechend aussah. 

"Princesa, du verstehst das völlig falsch. Ich wollte dich testen, ja. Aber ich wollte dich nicht bloß stellen.", erklärt er mir. 
Seine Stimme ist nicht mehr so laut wie gerade noch.

"Hast du aber. Du hast mich bloß gestellt und du wusstest, dass ich diese Schlampe erkennen würde. Und du wusstest, dass sie mich erkennen würde. Du hast mich auflaufen lassen, mit voller Absicht.", flüstere ich. 

"Hör mir bitte gleich erstmal zu, bevor du sauer bist. Ich habe eine plausible Erklärung dafür. Lass uns nicht mehr streiten, weil wir nicht richtig kommunizieren.", bittet er mich. 

"Hättest du mit mir kommuniziert-"

"Amara!", unterbricht er mich laut. 
"Princesa, pro favor. Hör bitte einmal auf mich."

Diesmal fühle ich mich schlecht. Er klingt erschöpft und genervt, weil ich ihm seine letzte Kraft koste, so scheint es mir. Vielleicht tue ich ihm unrecht, wenn ich Dinge behaupte, die mir einfach gut in den Kram passen. 

Es passt mir nun mal gut, wenn er mich verarscht. Weil er das früher getan hat. Und vielleicht blendet mich das. Vielleicht steckt hinter jeder seiner Tat gar keine Falle. Vielleicht macht er gewisse Dinge einfach, ohne einen Hintergedanken zu haben. 

Aber wegen unsere Vergangenheit ist es schwer, das einzusehen. 

Er hat mich gezeichnet. Miguel hat mich zu der Frau gemacht, die ich heute bin. 

Selbstbewusst, durchsetzungsfähig und reich. 

Aber er hat mich auch gebrochen. Mir gezeigt, das Liebe einen schwach machen kann. 

Ich spüre seine Hand auf meinem Oberschenkel.
"Nicht weinen, ich kann das nicht mit ansehen.", flüstert er. 

Erst jetzt merke ich, dass mir eine Träne aus dem Augenwinkel läuft. Schnell wische ich sie weg und greife nach seiner Hand.
"Ich habe Angst."

"Wovor?", fragt er. 
Es ist ruhig, nur der leise Motor des teuren Wagens ist zu hören. 

"Vor der Liebe.", antworte ich und schaue aus dem Fenster. In wenigen Minuten sind wir zurück auf seinem Anwesen und ich bekomme Angst, dass wir uns aus dem Weg gehen werden. Das er mir aus dem Weg geht, weil er genervt und erschöpft ist, von mir. 

"Ich auch, mi Amor."
"Aber du wärst nicht hier, wenn ich nicht dran glauben würde."

Seine Worte sorgen für ein angenehmes Kribbeln in meinem Bauch. Früher hätte er mir niemals sowas gesagt. Er hat das Wort Liebe nicht einmal gekannt, geschweige denn an Liebe geglaubt. 

"Warum hast du sie verteidigt?", hauche ich, als er den Wagen hinter den großen Toren parkt. 

Er schaut zu mir. Stumm fährt er sich über das Gesicht und reibt sich kurz die Augen. 
"Ich wollte sie nicht verteidigen. Ich wollte dich nur schützen."

Ich schnaube belustigt über seine billige Ausrede. 

Man sieht Miguels Männer an, dass sie nicht wissen, wie sie reagieren sollen. Soll mir jemand die Tür aufhalten? Oder sollen sie einfach nur dort stehen und nichts tun?

"Mi Amor, du hast keine Ahnung, wer Aleksandra ist. Du hast keine Ahnung mit welchen Leuten ich verkehre. Wenn du den falschen Leuten etwas antust, findest du dich morgen im Hafenbecken wieder, nachdem sie dich 10 Stunden gefoltert haben.", rückt er mit der Sprache raus. 

Ich kann ihm nicht ganz folgen. 

"Wer sind die, von denen du redest?", hake ich nach. 

Er seufzt. 
"Die Russen."

"Sie stand einen Abend bei mir vor der Tür. Hat um Hilfe gefleht. Ihr Vater, ein Oligarch in Chicago. Man hatte sie verprügelt, sie sah schrecklich aus. Du hattest mir damals immer wieder vorgeworfen, dass ich kein Herz hätte. Deshalb habe ich ihr geholfen. Wenn ich ihr etwas tue, wenn irgendjemand ihr etwas tut, dann sind wir dran, Amara. Dann bewahre uns Gott vor den Waffen der Russen.", erklärt er mir, warum Aleksandra so besonders ist. 

"Und sie darf einfach so als Nutte arbeiten?"

"Sie hat früher als Nutte in diesem Club gearbeitet, ja. Aber bei mir kümmert sie sich mit Richard um die Finanzen.", klärt er mich auf. 

"Das ist mir egal. Ich lege sie um.", schüttel ich den Kopf und steige aus dem Auto. Wenn Miguel keine Eier dazu hat, dann hab ich sie eben. 

"Amara!", ruft er mir hinterher. Ich höre seine großen Schritten hinter mir und weiß, dass er mich gleich eingeholt hat. 

"Princesa, bitte. Du hast keine Ahnung, mit wem du dich da anlegst.", will er mich von meiner Entscheidung abbringen. 

"Das passiert, wenn man sich Nutten anlacht, Miguel.", rufe ich zurück und laufe durch die offene Haustür direkt in die Küche. Ich muss jetzt dringend etwas essen, sonst kippe ich vor lauter Aufregung noch um. 

"Ich weiß. Und das darfst du mir auch vorhalten. Aber misch dich nicht in meine Geschäfte ein."

"Miguel. Ich oder Aleksandra?", stelle ich ihm ein Ultimatum.

Er runzelt die Stirn.
"Du natürlich. Aber-"

"Kein aber. Dann sorg dafür, dass diese Frau aus unserem Leben verschwindet. Sie hat schon einmal alles zerstört, ein zweites Mal werde ich dabei nicht zu sehen.", mache ich ihm klar, dass es kein Aber in dieser Diskussion gibt. 

Entweder sie oder ich. 

Kein Kompromiss. 

"In Ordnung. Ich kümmere mich, sobald Xavier wieder da ist.", stimmt er mir zu. Dann winkt er mich zu sich herüber. 
"Komm her."

"Ich hasse diese Frau, Miguel.", flüstere ich und komme seinem Wunsch diesmal nicht nach. 

"Ich weiß. Ich habe das falsch eingeschätzt, verzeih mir bitte."
Er hat sich gegen den Kühlschrank gelehnt.

"Ich hatte nicht die Absicht, dich bloß zu stellen, mi Amor. Ich hatte gehofft, du lässt dich von ihr nicht aus der Bahn werfen, weil es schon länger her ist."

"Ich werde diese Frau nie vergessen, Miguel. Und ich werde auch die Bilder nie vergessen. Niemals, hörst du? Sie hat mir alles genommen, was ich zu dem Zeitpunkt hatte.", offenbare ich ihm. 

Ja, Miguel war das einzige, was ich noch hatte. Und das soll er ruhig wissen. 


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La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now