- Kapitel 19 -

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Amara
07:49 Uhr

Miguel schläft noch, als ich morgens aufwache und meine Sachen zusammensuche. Bei dem Anblick seines braunen Körpers in den weißen Laken zieht sich mein Unterleib erneut zusammen, aber das braucht er nicht zu wissen.

Er soll nicht einmal wissen, dass ich gehe und ihn hier zurücklasse, ohne etwas zu sagen. Wir sind keine 16 mehr. Wir müssen nicht über den Sex sprechen, den wir zusammen gehabt haben. Sex ist belanglos, vor allem der Sex mit einem Ex-Partner. Es passiert und das ist auch gut so. Das ist in Ordnung.

Aber mehr auch nicht.

Er soll bloß nicht denken, dass er mich jetzt wieder um den Finger wickeln kann oder sogar eine bessere Position bei mir genießt, als andere Leute aus dem Drogenmilieu.
Mit ihm werde ich genauso hart verhandeln, wie mit den anderen Bastarden.

Ich schließe meine Reisetasche, schlüpfe in die hohen schwarzen Lackschuhe und werfe mir den beigefarbenen Blazer über. Bevor ich das Zimmer verlasse, werfe ich einen letzten Blick auf Miguel, der immer noch seelenruhig schläft.

"Bis in einer Woche.", flüstere ich schadenfroh und verschwinde dann durch die Tür. Nächste Woche steht die Wahl in Kolumbien an und ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass er keine 3 Stunden nach dem Wahlergebnis bei mir vor der Tür stehen wird.

Unten in der Lobby schiebe ich dem Hotelier den Zimmerschlüssel über den Tresen zu und verlasse das Hotel. Draußen ist es warm, aber noch nicht zu warm.
Mit der Sonnenbrille auf der Nase gehe ich siegessicher zum kleinen Hafen, der nur 3 Straßen entfernt ist.

Die Isla Mujeres ist wirklich nicht groß, aber sie ist dadurch nicht weniger wichtig.

Sie wird mir im Drogenkrieg von Mexiko den Sieg bringen, das weiß ich mit Sicherheit.

Während ich zum Hafen laufe, rufe ich meinen Bruder an.

"Es ist erst sieben Uhr, warum rufst du mich jetzt schon an?", meckert er verschlafen. Während ich noch einmal auf die Uhr schaue um festzustellen, dass die Halbinsel Yucatan eine Stunde voraus ist, muss ich grinsen.

"Entschuldige, hab die Zeitverschiebung vergessen. Ich bin auf dem Weg nach Hause. Bin in knapp 5 Stunden da.", teile ich ihm den Grund meines Anrufs mit.

"Alles klar, dann sage ich Emilio Bescheid, wegen den Wahlen nächste Woche?", hakt er vorsichtshalber nach.

Ich nicke.
"Ja, wir müssen alles fertig machen. Bis Mittwoch muss das erledigt sein. Ich will Mittwochabend noch einmal nach Kolumbien, wahrscheinlich bis Freitag.", erkläre ich ihm meinen Plan.

"Warum nicht bis Sonntag? Dann bist du bei dem Wahlerfolg dabei.", will Jasper skeptisch wissen.

"Miguel Jimenez wird am Sonntag in Acapulco aufkreuzen, das will ich mir nicht entgehen lassen.", schmunzel ich.
Jasper versteht sofort, was ich meine, und lacht laut los.

"Alles klar, wir sehen uns dann. Bis später.", verabschiedet er sich.

"Jasper!", unterbreche ich ihn schnell.
"Rebecca und Mila, ist das geklärt?"

"Ja, wurde gestern Abend noch abgeholt und sind gestern nacht hier angekommen. Wir bewahren sie im Keller auf.", erklärt er mir.

"Gut. Bestell Pater Sebastian zu uns. Er soll die Leichen segnen, danach setzen wir sie bei.", fordere ich ihn auf und beende das Telefonat.
Obwohl sie die Totenruhe meiner Mutter gestört haben, haben sie eine Beerdigung verdient. Schließlich wurden die beiden auch gezwungen und haben das mit Sicherheit nicht freiwillig getan.

Miguel
11:03 Uhr

Die linke Betthälfte ist leer und kalt, als ich von den warmen Sonnenstrahlen geweckt werde. Blind greife ich nach meinem Handy und versuche die Uhrzeit zu entziffern.

"Fuck.", murmel ich vor mich hin und richte mich dann auf.
Ich habe bereits 5 verpasste Anrufe von meiner Schwester und Xavier, vermutlich weil ich nicht zum Frühstück gekommen bin.

Als mein Handy zum 6. Mal klingelt, nehme ich ab.

"Morgen.", brumme ich und steige aus dem Bett.
Amara kann ich nirgendwo finden und auch ihre Tasche fehlt.

"Miguel, wo bist du? Wir machen uns Sorgen.", beschwert sich meine Schwester.

"Beruhig dich, ich bin unterwegs. Bin gleich wieder da.", lüge ich sie an.
Es geht sie nun wirklich nichts an, dass ich die Nacht mit und bei Amara verbracht habe.

Ohne auf ihre Antwort zu warten, lege ich auf und ziehe meinen Anzug an. Es passt mir gar nicht, dass Amara so einfach abgehauen ist. Normalweise bin ich derjenige, der Morgens ohne Abschied verschwindet.
Es ist nicht nur so, dass sie einfach gegangen ist, sondern dass ich gleichzeitig mein Vorhaben nicht erfüllt habe. Ich hätte sie gestern abknallen sollen, doch stattdessen lasse ich mich von ihr vögeln.

"Idiot.", flüstere ich meinem Spiegelbild zu, während ich meine Hose schließe. Im Badezimmer schöpfe ich mir kühles Wasser ins Gesicht, bevor ich meine Waffe zusammenbaue und das Zimmer verlasse. Vermutlich hat Amara schon längst ausgecheckt und ist bereits über alle Berge.

Ich schicke Theo eine Nachricht, dass er für nächste Woche einen Termin in Acapulco ausmachen soll.
Ich muss unbedingt mit ihr über das Geschäft reden, auch wenn ich das nur sehr ungern tue. In dem Moment, wo ich in Acapulco auftauche, zeige ich ihr, dass ich ihr und ihrem Kartell unterlegen bin.

Nur bleibt mir leider nichts anderes übrig, wenn ich weiterhin alle ernähren will. Meine Männer können nirgendwo anders einen Job bekommen, jeder weiß bei wem sie gearbeitet haben. Außerdem kommt man niemals aus der Mafia heraus.

Sie verfolgt einen bis man in ihren langen Armen stirbt.

La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now