- Kapitel 50 -

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Miguel

"Aber Señora.", will er sie beschwichtigen und ihr die Idee ausreden, doch sie bringt ihn mit einem einfachen Blick zum Schweigen.

"Claro.", flüstert er schnell und öffnet lässt ihr den Fortritt aus dem Getränkeraum heraus.

Als sie an ihm vorbei geht, legt er seine Hand leicht auf Amara's Rücken.
"Pfoten weg, Richard.", flüstere ich, sodass nur er mich hören kann.

Er schaut überrascht zu mir hoch und nimmt dann auf der Stelle seine Hand von Amara's Rücken. Zufrieden gehe ich durch die Tür und zünde mir im Gehen eine Zigarette an.

"Setzen Sie sich, Señora. Ich hole die Frauen.", teilt er Amara mit und verschwindet hinter der goldenen Theke. Während Amara sich auf einen Barhocker setzt, schaue ich mich in dem Club um. Allerdings nur so, dass ich Amara immer im Augenwinkel sehe.

"Wenn man sich setzt, ist man kleiner, als die anderen.", räuspere ich mich und puste den Rauch aus. Ich lasse meine Bemerkung im Raum stehen. Entweder Amara versteht, was ich damit meine oder sie versteht es nicht.

"Was soll mir das sagen? Ich darf mich nicht setzen? Und erst recht nicht, weil ich eine Frau bin?", erwidert sie mit einem zickigen Unterton, woraufhin ich nur mit den Schultern zucke und etwas Dreck von meinen Lackschuhen wische.

"Das hast du jetzt gesagt.", antworte ich nuschelnd und drehe mich zu ihr um, weil Richard gerade mit drei Frauen um die Ecke kommt.

"Das sind Aleksandra, Irina und Kira.", stellt er Amara meine Angestellten vor. Sie schauen unsicher zwischen Richard und Amara her, bis ihr Blick auf mich fällt. Unbeeindruckt betrachte ich die drei Frauen und ziehe an meiner Zigarette.

Amara soll das regeln, ich habe heute Pause.

"Bring mir mal einen Whiskey.", rufe ich Richard zu, der noch immer nervös neben Kira steht und sich Amara's Körpersprache anschaut.

"Claro.", nickt er und läuft hinter die Theke.

"Und ihr arbeitet hier?", ergreift Amara nach langer Zeit das Wort. Die drei Frauen nicken schüchtern und schauen überall hin, nur nicht in Amara's hübsches Gesicht.

"Warum könnt ihr mir nicht in die Augen schauen? Verheimlicht ihr etwas?", provoziert Amara und hüpft vom Stuhl. Ihre hohen Schuhe hallen durch den leeren Club, während sie wie ein Tiger auf die drei zugeht.

Sie betrachtet Irina genauer.

"Du bist hübsch, warum arbeitest du für diesen Kerl.", fragt Amara ehrlich.

Diesen Kerl?
Meint sie mich?

Stirnrunzelnd beobachte ich alles.

"Mr. Jimenez.", spricht Irina mit gebrochenem Akzent.

Ihre Familie lebt in Jekaterinburg, eine relativ große Stadt, aber trotzdem überwiegend arm.
Sie war die Frau von Oleg Petrow, einem Geschäftspartner von mir. Er wollte mich über den Tisch ziehen, verarschen wollte er mich. Hat mir Kokslieferungen versprochen, aber nie etwas geliefert. Seine Frau war das einzige, was er noch hatte.

"Was ist mit Mr. Jimenez?", fragt Amara nach.
Ich werde nervös. Ich kann mir später etwas anhören, wenn sie herausfindet, dass ich diese Frau aus Russland verschleppt habe.

"Was wird das hier, Miguel?", stört mich Richard und hält mir mein Whiskey vor die Nase.

Ich zucke mit den Schultern und nehme einen großen Schluck. Ich weiß selber nicht mal, was Amara vor hat. Aber solange es nicht eskaliert, ist mir das egal. Ich will am Ende nur wissen, wann dieser Kerl wiederkommt und seine Drogen an die Frauen vertickt.

"Mr. Jimenez, mitgenommen mich aus Russland. Weil mein Mann gelogen.", flüstert Irina und schaut panisch zu mir herüber.

Ich bin überrascht, als Amara nicht weiter darauf eingeht. Früher hätte sie mich angeschrien, fertig gemacht hätte sie mich.

"Was hast du wieder mit ihr zu tun? Sie will dich ruinieren!", zischt Richard, woraufhin ich kurz die Hand hebe und ihm signalisiere, dass er die Klappe halten soll.
Ich kann sonst nicht verstehen, was Amara sagt.

"Wie viel Geld bekommt ihr hier?"
Amara betrachtet Aleksandra.

"600§ plus Trinkgeld.", antwortet Aleksandra.
Aleksandra kann Amara nicht ausstehen, das sehe ich ihr an.

"Trinkgeld? Wie hoch ist euer Trinkgeld im Durchschnitt?"
Amara's Stimme ist dominant und sorgt dafür, dass keiner ihr etwas verschweigt.

"Unterschiedlich.", beginnt Kira.
"Aber durchschnittlich zwischen 300$ und 500§, pro Abend."

Amara umkreist die Frauen wie eine Löwin ihre Beute umkreisen würde. Nur, dass Amara diese Beute vor ihr schon längst erlegt hat.
"Mit oder ohne Drogengeld?"

Ich muss schmunzeln, als ich die Gesichtsausdrücke der Frauen sehe. Zuerst überrascht, dann panisch, dann unwissend. Als ich dann auch noch die Zigarette in meiner Handfläche ausdrücke, kriegen sie Angst.
Sie merken, dass wir nicht zum Spaß hier sind.

Und das ich, ohne mit der Wimper zu zucken, ihr elendiges Leben beenden kann.

Es bleibt ruhig in dem düsteren Raum. Der Rauch meiner Zigarette wird durch die schwachen Lampen in Szene gesetzt und steigt an die Decke.

Aleksandra atmet schwer, Irina stehen die Schweißperlen auf der Stirn. Als sich Amara dann auch noch wieder in das Sichtfeld der Frauen begibt, werden ihre Augen groß.

"Señora.", flüstert die blonde, kurzhaarige Russin.

"Señora Ramirez.", korrigiert Amara sie.

"Miguel, was soll denn das hier?", fleht Aleksandra.

Amara schaut irritiert zu mir herüber. Fehler, meine Kleine. Großer Fehler.

"Sie hat euch was gefragt.", erinnere ich die Frauen an Amara's Worte.

"Ohne das Drogengeld!", presst Irina hervor, während sie die Augen zusammen kneift. Gleich weint sie, das sehe ich an ihrem Gesichtsausdruck.

3,2,1...

"Bitte töte uns nicht!", heult sie los.

Grinsend nehme ich noch einen Schluck von meinem Whiskey. Ich bin einfach ein guter Menschenkenner.

"Vielleicht mache ich eine Ausnahme, wenn ihr mir die ganze Wahrheit erzählt!", zucke ich mit den Schultern und stelle mich neben Amara. Als Kira und Irina zustimmen, übergebe ich Amara wieder das Wort.
An ihrem Blick erkenne ich, dass wütend ist. Wütend auf mich. Sie überlegt, ob sie mich noch unterstützen soll.

Mit einer einfachen Handbewegung fordert sie die drei Frauen auf, die Wahrheit zu erzählen.

"Er ist hier hergekommen, vor vier Wochen. An einem Sonntag nachmittag. Wir saßen draußen im Innenhof und haben geraucht. Er sagte, er hätte gutes Zeug und wir sollten Mal probieren.", beginnt Kira mit Tränen in den Augen.

"Und? Habt ihr?", fragt Amara mit hochgezogenen Augenbrauen.

Irina nickt weinend.

Heulsuse.

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La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now