Henrys Vater

1.5K 49 9
                                    


„Henry! Komm sofort zurück!", schrie Officer Bowers. 

Henry rannte so schnell er konnte aus dem Haus. Sein Vater schoss drei Mal auf ihn. Ein Schuss verfehlte knapp Henrys linke Schulter. 

Geduckt und taumelnd rannte Henry durch die Straße. An einer Hecke angekommen, versteckte er sich hinter dieser. 

„ICH HASSE IHN! ICH HASSE, HASSE, HASSE IHN!", schrie Henry wütend und schlug mit Tränen in den Augen und zittrigen Fäusten gegen einen Pfahl links von der Hecke. 

Mit Wut in den Augen und den Zähnen zusammen gebissen schlich er humpelnd in Richtung der Barrens. 

Sein Knöchel tat weh. 

Er bemerkte nicht, dass er sich bei der Flucht vor seinem gewalttätigen Vater den Fuß verdreht hatte. Durch die Angst hatte er dies total ausgeblendet. An den Barrens angekommen setzte er sich auf den Boden und warf in seiner Wut einen Stein nach dem anderen in den Fluss. „Kein Wunder, dass Mom ihn verlassen hat!!"

„Henry? Henry, wo bist du?", hörte er eine Stimme rufen. Aus Angst, dass sein Vater ihn gefunden haben könnte, nahm Henry sich einen der Steine in die Hand und holte zum Wurf aus. 

„Da bist du!" Zum Glück, es war Patrick. „Was ist denn mit dir passiert?!", fragte Patrick. Niemand hatte zuvor den starken Henry Bowers den Tränen so nah gesehen. Auch nur daran zu denken, war unmöglich. Und wenn du es als Gerücht verbreiten würdest, was sich eh niemand auch nur ansatzweise gewagt hätte, konntest du, falls es Henry zu Ohren kam, dein Testament ablegen. 

Henry rappelte sich auf. „Gar nichts..." Er sah Patrick nicht ins Gesicht, schaute nur nachdenklich unter sich, den Unterkiefer hin und her bewegend und die Augen auf einen Punkt am Boden fokussiert. Mit seinen Händen rieb er nervös an seinen Hosenbeinen herum. 

„Aber du-" „Es ist nichts!", unterbrach Henry Patrick und warf ihm einen durchdringenden Blick zu. „Okay... is ja schon gut." Patrick gab sich geschlagen und nahm die Hände nach oben, als wollte Henry ihn erschießen, oder hatte Gott weiß was mit ihm vor. 

„Also... hast du's jetzt?!", fragte Henry mit einem gewissen Unterton, um seine Angst und den Vorfall mit seinem Vater mit Wut zu überspielen. Schwach zu wirken war das größte Vergehen in der Bowers-Gang. „Ja... ich frag schon nicht mehr", entgegnete Patrick. 

„Gut so. Na los verschwinden wir", sagte Henry. Er ging voraus, während Patrick noch ein paar Sekunden hinter ihm stand und sich fragte, was wohl mit ihm los sei. Kopfschüttelnd und den Gedanken ausblendend eilte er ihm hinterher. Die beiden liefen durch ein Stück Wald zurück. 

Nach ein paar Minuten trafen sie auf Belch. „Na ihr... was ist denn mit dir passiert, Alter?", fragte Belch und sah Henry unglaubwürdig und zugleich schmunzelnd an. 

„Wenn mir auch nur einer diese Frage heute nochmal stellt..." Henrys Stimme wurde zittrig, seine Hände ballten sich zu einer Faust zusammen und wenn Blicke töten könnten, wären Belch und Patrick jetzt beide eines grausamen Todes gestorben. 

Patrick aber missachtete seine Drohung und fing wieder an, sich über den niedergeschlagenen und mittlerweile auch gereizten Henry lustig zu machen.

„Henry warum bist du-" Den Satz noch nicht richtig ausgesprochen zückte Henry sein Messer und setzte es Patrick an den Hals. Der Spieß hatte sich umgedreht. Nun war Patrick der Schwache in der Situation. 

„Du machst dich lustig über mich?", fragte Henry Patrick mit einem irren Grinsen in Gesicht und einem starren Blick. 

„Wenn ich will, könnte ich dich jetzt ganz leicht töten. Nur ein kleiner Stich und das war's!" 

„Wow wow Henry!" Belch ging zwischen die beiden, aus Angst, dass Henry in seiner Wut etwas tat, was er später bereuen könnte. Belch riss die beiden auseinander. Zur Vorsicht hielt er Henry an dessen Handgelenk fest. 

„Ist es wegen deinem Vater?", fragte Belch und schaute Henry direkt in die Augen. Henry antwortete zuerst nicht, atmete immer schneller und schaute auf den Boden. Er ließ das Messer fallen. 

„Du hast keine Ahnung, Belch." 

„Doch, ich kann dich verstehen." 

„Nein, kannst du nicht. Du weißt nicht wie es ist, mit so einem Vater zu leben. Er hat meine Mutter und mich damals zusammengeschlagen, bis es ihr reichte und sie meinen Vater verlassen hat. Aber sie nahm mich nicht mit. Ich wurde von meinem Vater zu dem erzogen, was ich heute bin", entgegnete Henry keuchend und ging ein paar Schritte rückwärts. 

„Henry..." Belch streckte seine Hand Richtung Henrys aus, doch dieser zog seine Hand zurück. „Vergiss es." Henry rannte die Richtung, aus der er und Patrick kamen, wieder zurück. 

„Henry! Musste das sein?", fragte Belch Patrick. 

„Konnte ich das wissen?" 

„Du weißt genau, wie empfindlich Henry ist, was sein Vater angeht!" 

„Er ist doch genau so wie sein Vater!" 

„Trotzdem. Du kannst froh sein, dass er dir nicht wirklich den Hals durchgestochen hat. Komm schon, folgen wir ihm."

The Story of Henry Bowers Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt