Mr. Wilson

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Es dauerte nicht lange, bis sie einen kleinen Kiosk fanden. Er sah schon etwas runtergekommen aus, aber Henry kannte den Besitzer gut. Seine Mutter und er haben damals immer in diesem Kiosk eingekauft. Der Ladenbesitzer war einer der wenigen, die Henry und seine Mutter akzeptierten. Und nicht nur das. Er verteidigte sie gelegentlich gegen die üblen Gerüchte, die sich verbreiteten. Bei ihm gab es immer den neusten Klatsch und Tratsch und wenn er mitbekam, dass über Henry und seine Mutter etwas schlechtes verbreitet wurde, rückte er es wieder gerade. Auch wenn es nicht immer klappte, er versuchte es dennoch. Mit Butch Bowers kam er jedoch nicht klar. Im Gegenteil. Er riet Henry und seiner Mutter immer zu fliehen, so lange es noch möglich war. Er wusste, zu was Butch im Stande war und wollte keineswegs, dass den beiden etwas zustößt. Henry und seine Mutter waren bei ihm immer willkommen.

„Hier kriegen wir bestimmt was", sagte Henry und stieß die Tür auf.

Ein kleines Glöckchen klingelte, als die Tür aufging und die beiden eintraten.

Als Henry den Laden betrat, kamen die ganzen alten Erinnerungen wieder hoch. Er fing an zu lächeln, da es nur gute Erinnerungen waren. Er schaute zum Tresen. Das Glas, mit den kleinen Bonbons stand immer noch dort. Immer wenn Henry mit seiner Mutter in diesem Laden war, bekam er von Mr. Wilson immer einen Bonbon geschenkt.

Ava schaute sich um und ihr Magen fing an zu knurren, als sie das ganze Essen sah.

„Bist du hier öfter?", fragte sie und lief langsam von Regal zu Regal.

„Nein... ich war schon eine Ewigkeit nicht mehr hier... aber früher immer. Ich kenne den Ladenbesitzer gut", antwortete er und überlegte, was sie sich zum Essen machen konnten.

Ava lächelte, schaute immer noch die Regale an.

„Kann ich etwas für euch tun?", fragte eine ältere, männliche Stimme, die hinter den beiden erklang.

Sie drehten sich um und sahen einen älteren Mann in einem karierten Hemd und weiter Jeans der hinter dem Tresen stand. Er hatte weißes Haar. In der einen Hand hielt er ein leeres Glas, in der anderen Hand den wohl dazugehörigen Deckel.

Henry erkannte den Mann sofort und es bildete sich ein breites Lächeln in seinem Gesicht.

Der Mann überlegte kurz, erkannte ihn dann aber auch und fing an vor Freude zu lachen.

„Das gibts doch gar nicht! Henry?", fragte er mit einem Grinsen, stellte das Glas und den Deckel ab und ging langsam um den Tresen.

Als Henry nickte, umarmte Mr. Wilson ihn und wollte ihr erst gar nicht mehr loslassen. Er strich ihm über das Gesicht und lächelte.

„Sie dich nur an, wie groß du geworden bist! Ich habe dich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen", sagte er, während ihm ein paar Tränen in die Augen stiegen.

„Wie geht es dir, mein Junge?", fragte Mr. Wilson und nahm Henrys Hände.

„Ganz gut eigentlich... und Ihnen?"

Mr. Wilson nickte zufrieden und sein Blick wanderte kurz darauf an Henry vorbei auf Ava.

„Wer ist denn dieses hübsche Mädchen?"

Ava wurde ein wenig rot und lächelte. Langsam näherte sie sich Henry und Mr. Wilson.

„Das ist Ava. Sie ist erst vor Kurzem hier her gezogen", antwortete Henry und legte seine Hand auf Avas Rücken.

„Da hast du aber eine hübsche Freundin", sagte Mr. Wilson und nahm Avas Hand.

„Was? Ähm... also sie ist...", druckst Henry und wurde leicht rot.

Mr. Wilson lachte laut und schlug leicht gegen Henrys Arm.

Ava fühlte sich in der Gegenwart des Mannes sofort wohl. Er hatte etwas vertrauliches, etwas beruhigendes, etwas herzliches.

„Was kann ich für euch beide tun?", fragte Mr. Wilson.

„Wir brauchen nur etwas zum Essen", sagte Ava.

„Wie wäre es mit Hamburgern?", fragte Henry sie.

Hamburger hatte er seit einer Ewigkeit schon nicht mehr gegessen. Bei seinem Vater kam er generell nicht wirklich viel, musste sich die meiste Zeit auch selbst versorgen.

„Das wäre super", sagte Ava.

Ihr lief das Wasser schon bei der Vorstellung im Munde zusammen.

„Das ist doch eine gute Idee. Ich mache euch das Hackfleisch zurecht", sagte Mr. Wilson und ging an die Theke.

„Ihr beiden seht ja völlig fertig aus", stellte Mr. Wilson fest.

„Ja... mein Vater...", sagte Henry und griff nach den Brötchen.

„Ohje... was ist passiert?", fragte Mr. Wilson und hörte für einen kurzen Moment auf, das Hackfleisch abzuwiegen.

„Er hat uns gesehen und..."

Henry blieb kurz still, es fiel ihm immer schwer, über seinen Vater zu reden. Damit er sich damit nicht noch mehr quälen musste, übernahm Mr. Wilson.

„Schon gut, mein Junge. Ich weiß, wie dein Vater drauf ist. Wenn es ging würde ich dir ja anbieten hierzubleiben", sagte er.

Er hatte wirklich Mitleid mit Henry und wollte nicht, dass er bei diesem Vater aufwächst.

„Alles okay, aber danke", antwortete Henry lächelnd.

Mr. Wilson war wie ein Großvater für ihn, der viel mehr die Vaterrolle übernahm, als sein eigener.

„So... hier habt ihr euer Essen", sagte er und wanderte zurück zum Tresen, wieder mit einem breiten, freundlichen Lächeln.

Henry legte die Brötchen auf den Tresen und wollte gerade bezahlen.

Er hielt Mr. Wilson das Geld in der offenen Hand hin, doch dieser drückte mit seiner Hand die von Henry wieder zu.

„Schon gut. Du musst das nicht bezahlen."

„Aber... aber..."

„Das ist das mindeste, was ich tun kann... ich wünschte ich könnte mehr für dich tun..."

Henry war ein wenig gerührt und bedankte sich. Auch Ava bedankte sich bei Mr. Wilson und umarmte ihn.

„Passt auf euch auf", sagte Mr. Wilson und nahm die beiden nochmal in den Arm.

„Wenn dein Vater euch nochmal in die Quere kommt, kommt zu mir! Ihr könnt immer zu mir kommen!"

Die beiden waren gerührt, über die Fürsorge des alten Mannes.

Sie verabschiedeten sich und gingen aus dem Laden. Als sie vor der Scheibe standen, winkten sie zum Abschied und machten sich weiter auf den Weg.

The Story of Henry Bowers Where stories live. Discover now