Kapitel 80 - Leichte Sommerbriese

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"Wieso fahren wir nochmal mit einem VW Bus, statt mit deinem Auto?"
Unter kritischen Blicken musterte Franzi das Fahrzeug, welches sich vor uns auf der Straße präsentierte.
"Mein Auto ist kaputt und wir hätten dort auch niemals mit fünf Mann reingepasst.", sagte ich schulterzuckend und hievte meinen Rucksack über die Schulter.
"Ich finde das total cool. Hat so etwas von Roadtrip Vibes.", grinste Jana und eilte mit ihrer Tasche zum hinteren Teil des Fahrzeugs.
"Warum bist du denn so skeptisch? Es ist doch egal mit was wir fahren."
Genervt murmelte Franzi etwas vor sich her und packte ihre Tasche ebenfalls in den Kofferraum.
"Vielleicht findet sie es ja doof, dass Whynee mitkommt." Dag tauchte neben mir auf und zuckte grübelnd mit den Schultern.
"Vielleicht hat sie auch einfach ihre Tage.", sagte ich ebenfalls schulterzuckend.
Vincent hatte sich extra den Bus von einem Bekannten geliehen, damit wir alle problemlos zum See fahren konnten. Ich hatte mir gar keine Gedanken gemacht, was die anderen davon halten würden, wenn Vincent uns Gesellschaft leisten würden, sondern hatte sie einfach vor vollendeten Tatsachen gestellt. Vielleicht war es tatsächlich das, was meiner Freundin gegen den Strich ging.
"Alles einsteigen bitte." Vincent nahm hinter dem Steuer Platz, während Dag sich neben ihm auf dem Beifahrersitz niederließ. Wir Mädels nahmen hinten auf der Rückbank Platz.
Das Wetter war angenehm warm und die Sonne schien in vollen Zügen. Eine leichte Briese kam durch das offene Fenster hinein und erfüllte den Bus mit einem Geruch nach Blumen und Sonne. Entspannt schloss ich die Augen, um dieses Gefühl der Sommerbriese noch intensiver spüren zu können.
"Es war eine gute Idee, heute schwimmen zu fahren. Hoffentlich wird es nicht so voll sein.", meinte Jana und warf dabei einen Blick aus dem Fenster.
"Nah, wir kennen da ein paar 'geheime' Plätze. Dort ist meistens nicht viel los. Aber wir müssen dafür ein paar Meter mehr in Kauf nehmen die wir zu Fuß bewältigen müssen.", erklärte Dag, mit einem Blick in den Rückspiegel.
"Kein Problem, das nimmt man doch gerne in Kauf."
Ich musste zugeben, dass mir diese Konstellation an geliebten Menschen meinerseits, gefehlt hatte. Sie alle gaben mir ein Gefühl von Sicherheit und Unbekümmertheit, was selten der Fall war, wenn ich mich mit anderen Menschen umgab.
Es schien, als könnte ich alle negativen Gedanken beiseite schieben und mich ganz entspannt fallen lassen. Das habe ich vermisst...

Der Wagen hielt auf einem sandigen Parkplatz, der bereits von einigen Besuchern schon genutzt wurde.
Nach und nach holten wir unsere Taschen aus dem Kofferraum und machten uns dann unter der Führung von Dag auf den Weg zu unserem Plätzchen am See.
Tatsächlich hatten wir eine ganze Strecke mehr zu laufen, aber am Ende waren wir alle froh, diesen Weg gegangen zu sein. Vor uns erstreckte sich eine kleine Bucht, an dessen einem Ende sich ein hölzerner Steg befand, der weit über das Wasser hinaus ging.
"Wow, unglaublich. Und hier ist einfach keine Menschenseele.", staunte Jana nicht schlecht.
"Dann können wir uns hier ja gut breit machen." Dag schnappte sich die mitgebrachte Decke und breitete sie auf dem Sand aus. Gleich daneben legten wir noch eine Decke hin und verteilten anschließend unsere Handtücher drum herum.
Nachdem wir alles soweit abgelegt hatten, schlüpfte einer nach dem anderen aus seinen Klamotten.
"Was haltet ihr davon, wenn wir alle gemeinsam reinspringen?", fragte Dag mit einem breiten Grinsen und war schon dabei Richtung Steg zu gehen.
"Das ist doch viel zu kalt.", protestierte ich und warf die Arme um meinen Körper.
"Mimimi, hast du Angst das deine Haare nass werden oder was?"
Bevor ich darauf etwas erwidern konnte, wurde ich von Dag zum Steg gezerrt, gefolgt von den anderen drein, deren Lachen ich hinter mir hören konnte.
Wir fünf stellte uns startklar auf dem Steg auf und Jana fing an von drei herunter zu zählen.
Beim Startsignal liefen sie alle los und sprangen in den See hinein - ich jedoch hatte mich extra hinten platziert, sodass ich schön oben stehen bleiben konnte.
"Du Feigling!", rief Dag mir zu und zeigte dabei mit dem Finger auf mich.
"Lass mich, ich will nicht!"
"Haha, du hast gar keine andere Wahl.", lachte Jana und zeigte ebenfalls mit dem Finger auf mich. Zumindest hatte ich das geglaubt, doch beim genaueren Hinsehen aufs Wasser, erkannte ich nur drei Personen, es hätten aber vier sein sollen.
"Dag, Jana, Franzi... wo ist Whynee?", fragte ich mich selbst und riss ungläubig meine Augen auf.
"Buh.", hauchte mir jemand in mein Ohr.
Dieser gerissene Kerl hatte sich noch weiter hinten platziert, sodass ich ihn gar nicht auf dem Schirm hatte.

Gerade als ich etwas sagen wollte, hob er mich schwungvoll auf seine Arme und rannte mit mir über den restlichen Steg, bis wir mit einem Schrei und einem lauten Platscher im Wasser landeten.
Unter Wasser löste ich mich von ihm und tauchte so schnell es ging wieder auf.
"Das war so gemein!", meckerte ich und fing an jeden um mich herum nass zu spritzen.
Dies ging dann in eine große Wasserschlacht über, wo jeder auf jeden los ging. Das Geräusch von schlagenden Wasser und lautem Gekreische erfüllte die Umgebung.
Franzi holte von unserem Platz einen Gummiball, mit dem wir anschließend im Wasser spielten.
Zuerst warfen wir ihn uns nur gegenseitig hin und her, dann spielten wir abwerfen und zum Schluss wurde derjenige, der den Ball hatte, von den anderen vieren gejagt.
Gegen Mittag holten wir uns etwas zu Essen an einer Essensbude gleich in der Nähe.
Auf der Decke platzierten wir Getränke, sowie das mitgebrachte und gekaufte Essen.
"Auf diesen wundervollen Tag und auf die wundervollen Menschen, die heute hier anwesend sind.", sprach Dag einen Toast aus und wir alle stießen mit unseren Pappbechern in der Mitte zusammen.
Nach dem Essen räumten wir Mädels alles auf, während die Jungs schon wieder im Wasser zugange waren.
"Seht sie euch an, wie die kleinen Kinder.", bemerkte Jana mit einem Schmunzeln.
"Genau so wie früher.", murmelte ich leise vor mich her und mit einem Lächeln auf den Lippen.
"Sag mal Fio, wieso hast du Vincent eigentlich gebeten mitzukommen?" Jetzt sprach Franzi endlich die Frage aus, auf die ich schon den ganzen Tag über gewartet hatte.
"Es ... es fühlte sich einfach richtig an. Ich wollte ihn gerne dabei haben. Seit... seit dem letzten Festival hat sich irgendetwas geändert. Ich habe mich ihm plötzlich wieder so nahe gefühlt und all die Tage danach, an denen wir uns gesehen haben, trugen ihren Teil dazu bei, dass ich in mir dieses ... Verlangen habe. Dieses verlangen Zeit mit ihm zu verbringen.
Ich hätte euch jedoch vielleicht erst fragen sollen. Immerhin seid ihr extra nach Berlin gekommen, damit wir Zeit zusammen verbringen können."
Jana und Franzi tauschten einige Blicke miteinander aus, ehe sie dann beide mit dem Kopf schüttelten.
"Es ist schön, dass du und Vincent euch wieder näher kommt. Normalerweise würde ich sagen, schieß diesen Kerl zum Mond, er hat dir weh getan. Aber irgendetwas sagt auch mir, dass Vincent eine zweite Chance verdient hat. Und vielleicht fängt diese gerade an." Franzi lächelte mich an und umarmte mich liebevoll. Auch Jana legte ihre Arme um mich, sodass wir in einer innigen Gruppenumarmung standen.

Ich glaube, sie hatte Recht mit ihrer Aussage. Vielleicht war diese zweite Chance für uns jetzt gekommen...

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