Kapitel 53 - Irgendetwas ist hier faul

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"Du kannst nicht bei einem Streit die: Ich küsse dich jetzt ganz wild und danach wird es wilder - Karte ausspielen.", sagte ich, nachdem ich langsam aus der Kabine austrat, um sicherzugehen, das auch kein anderer da war.
"Warum nicht?", fragte er mich grinsend und gab mir einen leichten Schubs, sodass ich schließlich in der Mitte des Raumes stand.
"Weil das so nicht funktioniert. Es wirkt dann eher so, als nimmst du meine Sorgen nicht Ernst.", protestierte ich und warf einen Blick in den Spiegel, um mich wieder ein wenig her richten zu können.
Augenrollend stellte Vincent sich hinter mich und legte die Arme um meinen Oberkörper.
"Ich nehme all deine Sorgen und Ängste ernst, glaub mir.", flüsterte er an mein Ohr.
Ich lehnte meinen Kopf ein wenig nach hinten, sodass er an seiner Brust lag.
"Das nächste Mal reden wir in Ruhe darüber, ich verspreche es dir. Mit mir ging wohl die Leidenschaft zu sehr durch."
"Ist schon gut. Letztendlich hast du mich damit ja auch wieder rum gekriegt.", murmelte ich und ärgerte mich ein wenig über mich selbst. Außerdem war ich gar nicht der Typ für schnelle Nummern auf der Toilette. Was ist nur in mich gefahren?
Ich sah zurück in den Spiegel und musterte uns als Pärchen einen kleinen Moment. Die Antwort lag direkt vor mir: Vincent ist in mich gefahren. Und wenn ich ehrlich war, war es das Beste, was mir in meinem bisherigen langweiligen Leben passiert ist. Er gab mir nicht nur das Gefühl von Sicherheit, sondern auch von Freiheit und Lebensfreude. Ich konnte endlich einen Sinn in meinem Leben erkennen und wusste nach und nach mehr, was ich vom Leben eigentlich wollte. Dafür war ich ihm sehr dankbar.
"Du träumst schon wieder." Vincent verteilte kleine Küsse auf meinem Hals, während ich langsam aber sicher zurück im Hier und Jetzt landete.
"Wir sollten zurück zu den Anderen gehen.", meinte ich und wandte mich zu ihm um.

Nach und nach schlichen wir aus dem Bad und gingen anschließend Hand in Hand zu den anderen Jungs zurück. Die Gruppe hatte sich verkleinert und einzig Dag, Thilo, Stefan und Maja saßen noch in der Runde. Warum letztere nicht einfach endlich gegangen war, wusste ich nicht, aber nachdem was ich gerade erlebt hatte, war mir ihre Anwesenheit sowas von egal.
"Na endlich, ihr lebt ja doch noch. Dachte schon, ihr hättet euch die Köpfe eingeschlagen.", lachte Dag und klopfte auf den Platz neben sich. Gerade als ich mich zu ihm setzen wollte, hielt Vincent mich an meinem Handgelenk zurück.
"Wir wollen jetzt fahren, sollen wir dich mitnehmen?", fragte er seinen Kumpel.
"Ihr wollt gehen? Ich dachte wir trinken noch einen zusammen."
"Dicker, ich glaube für heute hattest du genug. Morgen musst du fit sein."
Dag zog einen Schmollmund, sah vermutlich jedoch ein, dass sein bester Freund recht hatte und er wirklich für heute genug hatte.
"Na schön, ich komme mit."
Als Dag sich erhob, stand auch Maja auf und blickte Vincent mit leuchtenden Augen an.
"Kannst du mich auch heimfahren? Ich glaube, ich schaffe es nicht alleine, mir ist ganz komisch."
Mit einer hochgezogenen Augenbraue wechselte ich einen Blick zwischen ihr und Vincent und warf dann Dag einen genervten Blick zu.
"Du wohnst in einer ganz anderen Richtung als wir. Es wäre sinniger, wenn Stefan oder Thilo dich mitnehmen.", meinte er.
"Die haben aber auch etwas getrunken."
"Ich auch. Also so gesehen, bin ich nicht mal der Fahrer und kann das so gesehen auch nicht entscheiden." Vincent lächelte sie an und blickte dann auf mich herab.
"Du hattest doch bloß zwei Bier.", sagte sie und versuchte mit einem Hundeblick ihren Willen bei ihm zu bekommen.
"Diskutier nicht mit ihm! Fiona ist unsere Fahrerin und wir fahren in die entgegen gesetzte Richtung. Also bis morgen.", sprach Dag das Machtwort und drängte uns beide nach draußen
"Maaan ist die Alte nervig. Ein Nein kennt sie auch nicht.", schnaubte er und schob uns weiter Richtung Auto.
"Dag, wir können alleine gehen.", meinte ich und griff nach seiner Hand. "So hab ich dich ja noch nie erlebt."
"Dag konnte sie noch nie leiden. Schon damals nicht, als ich mit ihr noch zusammen war.", erklärte Vincent.
"Ich habe mich nie über deinen Frauengeschmack beschwert, aber Maja ist einfach grauenvoll. Ich habe nie verstanden was du in ihr gesehen hast."
"Musstest du auch nicht. Ich war ja mit ihr zusammen und nicht du."
"Warum war eigentlich Schluss mit ihr?", fragte ich plötzlich und erinnerte mich an das Gespräch mit Arne zurück. Da gab es noch etwas, was ich wissen wollte.
Mir entging nicht, dass Dag und Vincent einen merkwürdigen Blick miteinander austauschten, bevor letzterer mir eine Antwort gab.
"Lange Geschichte. Kurz gesagt, es hat einfach nicht mehr gepasst zwischen uns. Es gab Dinge, die sich verändert hatten."
"Was für welche?", fragte ich weiter.
"Gefühle zum Beispiel. Aber sag mal, warum interessiert dich das so?", fragte er mich skeptisch.
"Ihr habt doch von dem Thema angefangen. Ich wollte nur mal so nachfragen.", versuchte ich zu erklären.

Da es schon relativ spät war und ich sowieso ungerne durch Großstädte fuhr, dann auch noch mit einem fremden Auto, beschlossen wir, Dag mit zu uns zu nehmen.
Vollkommen problemlos stimmte dieser zu und machte es sich sogleich gemütlich, nachdem wir Vincent's Wohnung betreten hatten.
"Ist das schön hier.", grinste er und machte sich auf der Couch lang.
"Ich hol dir noch ein Extra Kissen und eine Decke.", sagte ich lächelnd und verschwand ins Schlafzimmer.
Vollbepackt kam ich nach nur wenigen Augenblicken später wieder zurück ins Wohnzimmer. Ich merkte jedoch sofort, dass eine angespannte Stimmung zwischen den beiden Berlinern herrschte.
"Nanu, ist alles in Ordnung bei euch? Ihr wirkt so verkrampft.", fragte ich und sah beide abwechselnd an.
"Dag hat entschieden, doch zu sich zu gehen.", meinte Vincent, ohne den Blick von ihm abzuwenden.
"Was? Quatsch, das kommt gar nicht in Frage. Es ist schon spät und wir müssen morgen doch sowieso alle wieder zur selben Location.", sagte ich und legte die Schlafsachen auf dem Hocker ab.
"Nein, ist schon gut. Ich ruf mir ein Taxi und fahre.", sagte er und lächelte mich an.
Verwirrt sah ich erneut zwischen beiden hin und her und schüttelte dann den Kopf.
"Ihr seid manchmal solche Kindsköpfe. Keine Ahnung über was ihr euch gerade gestritten habt, aber das ist kein Grund, nachts noch mit dem Taxi nach Hause zu fahren. Reißt euch mal zusammen Jungs, ihr seid keine zwölf mehr."
Ich breitete die Decke auf der Couch aus und legte das Kissen zurecht. Als nächstes nahm ich den Haustürschlüssel von Vincent und schloss die Tür ab.
"So, hier geht heute niemand mehr raus. Wir gehen jetzt schlafen!"
"Fiona, gib die Schlüssel her. Ich möchte bitte nach Hause.", sagte Dag und stellte sich vor mich.
"Möchtest du nicht. Du denkst nur, du musst wegen Vincent. Aber mach dir um ihn keine Sorgen. Ich pass schon auf, dass er dir nicht den Kopf abreißt.", sagte ich und zwinkerte ihm zu. "Nu leg dich schlafen, wir sehen uns morgen." Mit einem Kuss auf die Wange, verabschiedete ich mich von ihm und zog dann sanft Vincent mit mir ins Schlafzimmer.
Ich wusste nicht genau, was zwischen beiden vorgefallen war, aber mir war klar, dass hier etwas verheimlicht wurde. Das fing an mit dem Grund der Trennung der Beiden und nun war auch irgendetwas zwischen Dag und Vincent vorgefallen, was mir niemand erklären wollte. Es schien, als stimmte hier etwas überhaupt nicht, aber keiner der Betroffenen wollte seinen Mund aufmachen.

Sobald Vincent eingeschlafen war, schlich ich mich ins Wohnzimmer, wo ich mit Erleichterung feststellte, dass Dag friedlich auf der Couch eingeschlafen war. Ich tapste auf leisen Sohlen durch das Zimmer und holte mir aus der Küche noch etwas zu trinken, ehe ich dann leise wieder zurück ins Bett ging.
"Danke.", hörte ich nur leise sagen und wandte mich Dag zu, der mit geschlossenen Augen da lag.
"Nicht dafür. Ich hab dich lieb Dag, schlaf gut.", flüsterte ich und ein glückliches Lächeln erschien auf seinen Lippen.

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