Kapitel 72 - Millionen Liebeslieder

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Erst einmal entschuldige ich mich von ganzen Herzem, dass ihr so lange auf dieses Kapitel warten musstet🙈
Ich hoffe, es gefällt euch❤

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Festivals. Ich war bisher, nur auf einem einzigen gewesen und war damals fasziniert von der Masse an feiernden Menschen und der Vielfalt ihrer Kulturen. Von überall her kamen sie, um gemeinsam mit anderen zu feiern. Musik verbinde - das wurde auf solchen Veranstaltungen immer ganz deutlich.
Der Bus hielt am frühen Morgen auf einer großen Fläche, auf der bereits schon andere Busse ihren Platz gefunden hatten. Sobald die Räder hielten, fingen die Mitarbeiter an die Sachen zu entladen.
Unsere kleine Gruppe verließ erst gegen Mittag den Bus, nachdem alle ausgeschlafen hatten. Jeder von uns legte sich noch einen Pass um, damit die Mitarbeiter wussten, wozu wir gehörten. Dann folgten wir Stefan zu unserem Zelt, wo die Band ihre Sachen ablegen konnte.
Dag nahm einen tiefen Atemzug und stieß ihn mit einem lauten Jubelschrei wieder aus.
"Endlich wieder Festivalluft schnuppern!", lachte er und warf sich seine Tasche über die Schulter.
"Wann genau habt ihr denn euren Auftritt?", fragte ich, die neben Dag her ging.
"Hier haben wir den Auftritt um 19Uhr. Den anderen haben wir morgen um 21Uhr.", lächelte er.
"Verstehe, also seid ihr so gut, dass ihr die abendlichen Auftritte abgesahnt habt.", kicherte ich.
"Selbstverständlich, was dachtest du denn?"
"Ich habe nichts anderes erwartet."
Im Zelt angekommen, legten die Jungs ihre Sachen ab und ließen sich auf den Sitzmöglichkeiten nieder.
Die Band beschloss eine kleine Runde übers Festivalgelände zu drehen, während Vincent, Dag und ich im Zelt zurück blieben.
"Gehen wir auch ne Runde?", fragte Dag und sah uns beide abwechselnd an.
"Ich hab noch zu tun, geht ruhig.", meinte Vincent und verließ kurze Zeit später das Zelt.
Nachdenklich blickte ich ihm hinter her und fragte mich, ob er wirklich etwas zu tun hatte oder einfach nur nicht in meiner Nähe sein wollte.

Dag zeigte mir das Festivalgelände und stellte mich einigen befreundeten Künstlern von ihm vor. Die Stimmung von allen Anwesenden war unbeschreiblich heiter und fröhlich, was vielleicht auch damit zusammen hing, dass einige bereits einen gewissen Alkoholpegel intus hatten.
Eine Stunde vor Auftrittsbeginn, machten sich alle fertig. Dag zog sich etwas frisches an und ging noch einmal den kompletten Auftritt im Kopf durch.
"Fiona? Magst du noch einmal zum Bus gehen und mir meine Drumsticks bringen. Ich hab die vollkommen vergessen." Thilo sah mich mit einem flehenden Blick an, dem ich unmöglich widerstehen konnte. Mit einem Nicken lief ich den gefühlt weiten Weg zum Bus zurück und suchte im Inneren nach den gewünschten Drumsticks.
Als ich sie endlich gefunden hatte und den Bus wieder verlassen wollte, öffnete sich hinter mir eine Tür und plötzlich stand Vincent vor mir - oberkörper frei.
Sein Blick spiegelte vermutlich genau dieselbe Überraschung wieder, die ich in meinen Augen trug.
Und ohne es irgendwie kontrollieren zu können, wanderte mein Blick über seine Brust, hinüber zu seinen Schultern und seinen Armen, die muskulöser wirkten, bis hin zu seinen Tattoos. In mir machte sich mit einem Mal ein gewisses Bedürfnis breit, sie zu berühren.
"Ich ... dachte, ich wäre alleine hier.", durchbrach er die Stille, die sich zwischen uns aufgebaut hatte.
"Äh, ich ... ich wollte nur Thilos Drumsticks holen. Er hätte sie vergessen.", erklärte ich mich schnell und wandte den Blick von ihm ab.
Aus dem Augenwinkel heraus, erkannte ich ein kleines Schmunzeln auf seinen Lippen, ehe er sich dann sein Shirt schnappte und es sich überzog.
"Gehen wir zusammen zurück?", fragte er mich und stand mit einem mal dicht vor mir.
"Gerne."

Der erste Auftritt der Beiden, den ich nach so langer Zeit wieder einmal live mit erleben durfte, war einfach nur großartig. Die Musik, die Stimmung und die lustigen Dialoge, welche sie miteinander führten, passten einfach perfekt zusammen und machten diesen Abend zu etwas ganz besonderem für mich.
Und sobald das letzte Lied aus ihren Kehlen erklang, saßen wir auch fast schon wieder im Bus und fuhren zum nächsten Festival, welches nur ein paar Stunden entfernt von uns lag.
"Und wie fandest du es?", fragte mich der Lockenkopf, der sich nun gegenüber von mir setzte.
"Es war der Wahnsinn. Nur schade, dass ich euren Auftritt nur von der Seite aus sehen konnte. Morgen versuche ich es in die erste Reihe zu schaffen.", grinste ich.
"Viel Glück dabei, unsere Hardcore Fans werden dort den ganzen Tag schon vor der Bühne stehen. Zumindest ein paar Künstler vorher schon.", sagte Vincent und nahm neben seinem Freund platz.
"Hm, daran habe ich nicht gedacht. Aber mir wird schon etwas einfallen!", lächelte ich ihn an.
Vincent erwiderte mein Lächeln und für einen kurzen Moment, beschlich mich ein ganz vertrautes Gefühl, welches ich lange nicht mehr gefühlt hatte...

Ich war natürlich nicht auf den Kopf gefallen und hatte schon so eine Idee, wie ich in die erste Reihe käme. Hilfe bekam ich von meinem schicken Pass, der mir förmlich alle Türen öffnete. Ich erzählte den wartenden Fans eine lebhafte Story und hielt dabei eine Kamera in den Händen, so als wär ich eine Art Fotografin in Ausbildung. Der Plan hatte funktioniert und so stand ich kurz vor Konzertbeginn in der ersten Reihe.
Die Lichter verdunkelten sich und die Schatten der Jungs waren hinter einem großen Vorhang zu erkennen. Wenige Augenblicke später fiel der Vorhang und SDP gaben ihr Bestes.
Jedes Lied von ihnen sang ich voller Begeisterung und Leidenschaft mit und machte zwischendurch immer mal wieder ein paar Fotos, um meine Tarnung aufrecht zu erhalten. Nicht das ich nachher noch von den anderen Fans weggeschubst werde, aufgrund einer Lüge meinerseits.
"Ihr Lieben, ihr seid ein wundervolles Publikum heute Abend. Seid ihr denn noch alle gut drauf?", rief Vincent und die Menge antwortete ihm mit einem tosendem Applaus und einem lauten Jubel.
Zwischenzeitlich wurde ein Klavier auf die Bühne geschoben, welches direkt vor meiner Nase platziert wurde.
"Wir lassen es nun ein wenig romantischer werden.", grinste er und nahm am Klavier platz, während vor allem die weiblichen Fans in Jubelschreie ausbrachen.
Der junge Berliner legte seine Finger auf die Tasten und es erklang die Melodie von 'Millonen Liebesliedern'. "Dieses Lied ist jetzt schon einige Jahre in unserem musikalischen Repertoire und seit einiger Zeit begleitet es mich immer mehr durch mein Leben..."
Es war das erste Mal, dass Vincent etwas privates aus seinem Leben seinen Fans erzählte. Normalerweise hielt er sich stets bedeckt. Ich fragte mich, woher dieser Sinneswandel kam, doch als er anfing zu singen, wurde mir bewusst, was ihn dazu bewegte: ich war es.
Er sang gefühlvoll dieses Lied und steckte so viel Leidenschaft mit hinein, das ich eine Gänsehaut am ganzen Körper bekam. Und nicht nur das, als seine Stimme an einer bestimmten Textzeile ins Zittern geriet, traf es mich mitten in mein Herz. Vincent sang dieses Lied für mich, für uns. Er verarbeitete seine Gefühle mit diesem Lied und ließ sie nun vollkommen heraus. Er zeigte gerade seine verletzliche Seite und machte sie für jeden sichtbar. Ob die Fans das nun verstanden, war eine andere Frage, aber ich tat es. Und es brach mir das Herz, ihn so zu sehen. Ich zitterte am ganzen Körper und musste mich zusammen reißen, dass ich nicht sofort anfing zu weinen.
Diese millionen Liebeslieder waren überall, und alle konnte ich mit ihm verbinden. Auch ich wünschte mir manchmal, er wäre mir einfach egal. Auf der einen Seite will ich ihm den Hals umdrehen und auf der anderen Seite will ich ihn küssen. Ich möchte ihn von mir stoßen und gleichzeitig fest in meinen Armen halten.
Als Dag seine Strophe began, spielte Vincent weiter am Klavier, doch seine Augen hatten mich dabei für einen Moment lang fixiert, so als wollte er noch einmal deutlich machen, dass er dieses Lied nur für mich sang. Und ich konnte ihn so gut verstehen. Ich legte meine Hand an meine Brust, dort wo mein Herz lag und sah ihn tief gerührt und mit Tränen in den Augen an.
Alle Menschen um uns herum schienen zu verschwinden und es war so, als gäbe es hier und jetzt nur uns beide...

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